Jugendforschung

Welchen Gefahren setzen sich Jugendliche in sozialen Netzwerken aus? Medienpädagogen entwickeln und fordern Konzepte

Über 300 Medienpädagogen diskutierten in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen in Berlin über die Potenziale und Risiken der Selbstdarstellung von Menschen im Internet. Renommierte Wissenschaftler und Medienpraktiker verhandelten mit den Teilnehmer/-innen darüber, inwieweit es insbesondere für Kinder und Jugendliche problematisch sein kann, ihre persönlichen Daten und eigene als auch fremde Bilddokumente auf sozialen Online-Netzwerken hoch zu laden und öffentlich zu machen.

26.11.2009

Schätzungsweise zwei Drittel aller in Deutschland lebenden Schüler und Schülerinnen ab 12 Jahren haben auf einem Portal wie zum Beispiel SchülerVZ ein Profil von sich angelegt. In diesem Profil geben sie ihren Namen, die besuchte Schule, mitunter ihr Geburtsdatum und viele andere persönliche Informationen wie Hobbys und Medienpräferenzen preis. Sie vernetzen sich mit Freunden ihrer Schule und auch anderer Schulen. In ihrem Profil können sie Fotoalben anlegen, wovon die meisten Schüler Gebrauch machen. Sie gründen Diskussionsgruppen, in denen sie vielfältige jugendtypische, aber auch politische oder intime Themen verhandeln. Nur die Hälfte aller Nutzer macht sein Profil nur für Freunde zugänglich.

Die Veröffentlichung persönlicher Daten und Nachrichten erfolgt oft ungeschützt und unbedarft. Nicht immer wissen junge Menschen um die Nachteile, die ihnen entstehen können, wenn Fremde diese Daten einsehen können. Auch wissen nicht alle, was mit ihren Daten dauerhaft passiert und wie diese zu Werbe- und Marketingzwecken benutzt werden. Viele von ihnen nehmen die Datenweiterverwertung gern in Kauf. Die transparente Gesellschaft ist für junge Menschen weder Gespenst noch Utopie, sie ist gewollt und aus den sozialstrukturellen Gegebenheiten heraus offenbar beabsichtigt. Möglicherweise dient die virtuelle Selbstdarstellung dazu, inmitten der Optionsvielfalt und biografischen Unsicherheit sich des eigenen Selbst zu vergewissern. Überspitzt formuliert: Wer medial präsent ist, existiert.

Soziale Netzwerke sind fester Bestandteil der Kommunikationskultur der Jugendlichen. Ein wichtiges Ergebnis der Tagung war, dass in den Schulen bislang nur unzureichend über Selbstdarstellungsmöglichkeiten in sozialen Online-Netzwerken gesprochen wird. Es ist ein Dilemma, dass nach wie vor Medienbildung in den Lehr- und Ausbildungsplänen pädagogischer Fachkräfte nicht selbstverständlich vorgesehen ist und Medienkompetenzförderung im Unterricht keinen festen Platz hat. In den vielen Vorträgen und Workshops der Tagung ging es deshalb darum, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wie junge Menschen künftig umfassend über Persönlichkeitsrechte und Datenschutz aufgeklärt und sensibilisiert werden können. Einig war man sich, dass Bildungseinrichtungen prinzipiell hier eine große Verantwortung zukommt und man sich von der neuen Regierung konkrete Unterstützung und überfällige bildungspolitische Maßnahmen wie zum Beispiel die Verankerung der Medienpädagogik im Lehramtsstudium erwartet.

Quelle: PM GMK vom 22.11.2009

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