Bundeshaushalt 2024

Reaktionen auf die geplanten Haushaltskürzungen

Die Fachwelt der Kinder- und Jugendhilfe schlägt Alarm angesichts des Entwurfs des Bundeskabinetts zu den geplanten Haushaltskürzungen. Besonders betroffen ist das BMFSFJ, dem eine Kürzung in Höhe von 218 Millionen Euro droht. Doch auch andere Ministerien müssen Einschnitte hinnehmen. In unserem Artikel sammeln wir die Reaktionen und halten Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden.

31.08.2023

Der Entwurf für den Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sieht für 2024 Ausgaben in Höhe von 13,35 Mrd. Euro vor. Im Vergleich zu 2023 sinkt der Ansatz um 218 Mio. Euro. Bundesministerin Lisa Paus sieht trotz Kürzungen die Finanzierung wichtiger Zukunftsaufgaben als gesichert an:

„Wir stehen in der Verantwortung, für das kommende Jahr einen Haushaltsentwurf vorzulegen, der den besonderen Herausforderungen dieser Zeit Rechnung trägt. Das Bundesfamilienministerium leistet dazu seinen Beitrag. Auch für uns gelten strikte Sparvorgaben, beim Elterngeld, aber auch bei unseren Förderprogrammen. Die Spielräume verengen sich, allerdings können wir auch im kommenden Jahr wichtige Zukunftsaufgaben finanzieren. Das ist mir besonders wichtig, denn wir wollen die Menschen unterstützen, die sich für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und eine lebendige Demokratie einsetzen.“

Im Folgenden werden die Reaktionen auf die geplanten Kürzungen unterschiedlicher Akteur*innen der Kinder- und Jugendhilfe gebündelt:

Kürzungen des Kinder- und Jugendplans

Die über den Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) geförderten Träger – darunter die AGJ – haben schon länger mit der nicht-auskömmlichen Förderung bei gleichzeitig stetig steigenden Kosten zu kämpfen. Vor diesem Hintergrund ist die im Koalitionsvertrag formulierte bedarfsgerechte Ausstattung ein wichtiges Ziel, dessen Umsetzung dringend angegangen werden müsste. Dass der Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 statt des dringend notwendigen Aufwuchses drastische Kürzungen am KJP vorsieht, stellt daher eine gravierende politische Fehlentscheidung dar.

  • Der Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit kritisiert die geplanten Haushaltskürzungen in der Position „Die massiven Kürzungen im Kinder- und Jugendplan zurücknehmen!“ deutlich. Mit der Position wird eine Stärkung der Jugendsozialarbeit und der Jugendmigrationsdienste gefordert. Zugleich kritisiert der Vorstand deutlich das kurzfristige Ende des Programms Respekt Coaches und der Bildungsberatung Garantiefonds Hochschule zum Jahresende 2023.
  • Anlässlich des Internationalen Tags der Jugend, der jedes Jahr am 12. August begangen wird, schildert Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Karin Böllert im Gespräch mit Kathrin Nolte, was die Kürzungen für Kinder und Jugendliche in einer alternden Gesellschaft bedeuten und was geschehen muss, um die junge Generation besser zu fördern.
  • Die AGJ hat mit dem DBJR, dem AdB und GEMINI, der BKJ, der BAG OKJE und der dsj einen Aufruf an die Jugendpolitiker*innen und Haushaltspolitiker*innen im Bundestag für den Erhalt und die Stärkung der bundeszentralen Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe initiiert, dem sich innerhalb kürzester Zeit die überwiegende Mehrheit der KJP-Träger angeschlossen hat.
  • Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) übt scharfe Kritik an den Sparplänen im Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2024. AWO-Präsident Michael Groß bezeichnet den Haushalt in der Pressemitteilung als "soziale Kälte" und wirft dem Finanzminister Christian Lindner vor, eine klientelpolitische Agenda auf Kosten des sozialen Friedens durchzusetzen.
  • Der Bundesjugendring warnt: „Die geplanten Kürzungen im Kinder- und Jugendplan werden die Substanz angreifen.“
  • Die Stiftung Lesen sieht die Gefahr einer Verschärfung der „Bildungskrise“ durch die anstehenden Kürzungen des KJP.
  • Der Deutsche Musikrat warnt vor „gravierenden Auswirkungen auf die Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen.“

Weitere Posten im Haushalt 2024 des BMFSFJ

Kindergrundsicherung

Monatelang rang die Koalition um eine Einigung bei der Kindergrundsicherung. Am 28. August 2023 stellten Bundesfamilienministerin, Bundesfinanzminister und Bundesarbeitsminister nun die neue Kindergrundsicherung vor. In unserem gebündelten Artikel, der laufend aktualisiert wird, finden Sie neben den Informationen der Bundesregierung zum Eckpunktepapier wichtige Reaktionen mehreren Organisationen.

  • Arbeiterwohlfahrt: „Eckpunkte werden den Bedarfen nicht gerecht.“ Der Verband erklärt, es sei bezeichnend, dass in ersten Verlautbarungen der beteiligten Ministerien kaum konkrete Zahlen zu tatsächlichen Erhöhungen genannt würden. Zudem kritisiert er die Fokussierung auf Erwerbsanreize für Eltern armutsbetroffener Kinder.
  • Diakonie Deutschland: „Wer bei den Kindern spart, zahlt später drauf.“ Die Diakonie Deutschland begrüßt, dass mit der Auflösung der Blockade erste Schritte zur Kindergrundsicherung möglich werden. Mit dem vorgestellten Kompromiss sollen Leistungsansprüche leichter anerkannt werden. Allerdings erfolge entgegen der Ankündigungen im Koalitionsvertrag keine systematische Überprüfung des Existenzminimums. Es sei weiterhin zu niedrig bemessen.
  • Caritas: „Wir schauen genau hin, ob die Bedarfe der Familien mit wenig Geld priorisiert werden.“ Der Caritasverband werde im parlamentarischen Verfahren darauf achten, dass bei der Umsetzung der Eckpunkte die Bedarfe der Familien mit kleinen Einkommen priorisiert werden. Zugänge der Leistungen sollen nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis erleichtert werden, so Eva Maria Welskop-Deffaa. Aus Sicht der Caritas spielt Zeit eine wichtige Rolle.

Meldungen, welche vor der Einigung am 28.08.2023 über die Eckpunkte der neuen Kindergrundsicherung veröffentlicht worden sind, lesen sie im folgenden Abschnitt:

  • Als „völlig falsches Signal“ hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bewertet, dass die Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung im Haushalt von Finanzminister Christian Lindner (FDP) offenbar nicht geklärt sei. Laut Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sind jährlich zwölf Milliarden Euro nötig, um die Kindergrundsicherung gut auszufinanzieren.
  • Weitere aktuelle Meldungen zum Thema „Kinderarmut“

Freiwilligendienste

Der im Sommer/Herbst 2023 startende Jahrgang bei Bundesfreiwilligendienst, Freiwilligem Sozialen und Freiwilligem Ökologischen Jahr und Internationalem Jugendfreiwilligendienst könne aber im vollen Umfang bis zum regulären Ablauf im Sommer 2024 finanziert werden. Für einen Ausbau der Freiwilligendienste stehen allerdings keine Mittel zur Verfügung. Der Großteil der jetzigen Etatabsenkungen in den Freiwilligendiensten gehe auf die Finanzplanung der vorherigen Regierung zurück. Mit den Sparvorgaben komme nun eine weitere Absenkung auf die Finanzplanung 2025 hinzu. Das BMFSFJ werde deshalb mit den zentralen Akteuren Gespräche führen, wie der Übergang bestmöglich gestaltet werden kann.

  • Diakonie Deutschland und aej kritisieren Haushaltsentwurf der Bundesregierung: Die Förderung des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) und des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) soll um insgesamt 78 Millionen Euro in 2024 und um weitere 35 Millionen Euro in 2025 gekürzt werden.
  • Weitere aktuelle Meldungen zum Thema „Freiwilligendienst“

Weitere Stellungnahmen zum Haushalt

  • Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege übt scharfe Kritik an den Kürzungsplänen der Bundesregierung und weist mit Sorge darauf hin, dass die Leistungen der Freien Wohlfahrtspflege um etwa 15 % gekürzt werden sollen.
  • Die Caritas führt aus, dass die politische Prioritätensetzung zu überproportionalen Einsparungen für die soziale Infrastruktur führe. Eine resiliente Daseinsvorsorge brauche finanzielle Sicherheit, gerade in Krisenzeiten.

Kürzungen auch in anderen Ministerien des Bundes

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

  • NGOs kritisieren die geplanten Kürzungen scharf. Trotz Selbstverpflichtung im Koalitionsvertrag plant die Bundesregierung in ihrem Kabinettsbeschluss, dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ) im kommenden Jahr rund 5,3 Prozent weniger und dem Auswärtigen Amt (AA) rund 17,7 Prozent weniger zur Verfügung zu stellen als noch im Vorjahr.

Bundesministerium für Gesundheit

  • Die Einsparungen werden dramatische Folgen haben, warnt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen. Auch die Suchtprävention ist von den Kürzungen im Etat des Bundesgesundheitsministeriums massiv betroffen. Die Kürzungen von rund 13,2 Mio. Euro im Jahr 2023 auf 9,2 Mio. Euro in 2024 betreffen die Aufklärungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs.

Hintergrund und Quellen

In diesem Artikel präsentieren wir Ihnen die Reaktionen auf die geplanten Haushaltskürzungen auf Bundesebene (BMFSFJ, BMG, BMZ). Wir halten Sie auf dem Laufenden über die neuesten Entwicklungen und geben Ihnen einen Einblick in die Meinungen und Standpunkte der verschiedenen Akteurinnen und Akteure:

  • Arbeitsgemeinschaft deutscher Bildungsstätten e. V. vom 19.07.2023
  • Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) vom 11.07.2023
  • Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ (Vorstand der AGJ e. V.) vom 19.07.2023
  • Arbeiterwohlfahrt Bundesverband (AWO) vom 05.07.2023, 28.08.2023
  • Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege vom 19.07.2023
  • Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen e. V. vom 19.07.2023
  • Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung e. V. vom 19.07.2023
  • Caritas vom 19.07.2023, 28.08.2023
  • Deutscher Bundesjugendring e. V. mit seinen Mitgliedsorganisationen vom 05.07.2023
  • Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen vom 12.07.2023
  • Deutsche Sportjugend im Deutschen Olympischen Sportbund e. V. vom 19.07.2023
  • Diakonie Deutschland vom 11.07.2023, 28.08.2023
  • GEMINI — Gemeinsame Initiave der Träger Politischer Jugendbildung vom 19.07.2023
  • Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom 04.07.2023
  • Save the Children und weitere Akteur*innen vom 05.07.2023
  • Stiftung Lesen vom 13.07.2023

Redaktion: David Bienias

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