Reaktion zur Kindergrundsicherung

Wer bei den Kindern spart, zahlt später drauf

Die Diakonie Deutschland begrüßt, dass mit der Auflösung der Blockade erste Schritte zur Kindergrundsicherung möglich werden. Mit dem heute vorgestellten Kompromiss sollen Leistungsansprüche leichter anerkannt werden. Allerdings erfolgt entgegen der Ankündigungen im Koalitionsvertrag keine systematische Überprüfung des Existenzminimums. Es ist weiterhin zu niedrig bemessen.

23.08.2023

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie:

„Die gute Nachricht ist: Das bürokratische Hin und Her zwischen verschiedenen existenzsichernden Leistungen wird endlich angegangen. Die schlechte Nachricht: Mit 2,4 Milliarden Euro lässt sich keine armutsfeste Kindergrundsicherung schaffen. Die grundsätzlichen Fehler bei der Ermittlung des Existenzminimums werden nicht behoben. Es gibt kein Entweder-Oder bei Ausgaben für Bildung und Existenzsicherung. Beides bleibt notwendig, um Kinderarmut gezielt und wirkungsvoll zu bekämpfen.“

Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus begrüßte ebenfalls, dass die Ampel-Koalition sich auf erste Schritte für eine Kindergrundsicherung verständigt hat.  „Kinder, die in Armut groß werden, sind in vielen Bereichen völlig ausgeschlossen von der Teilhabe am Leben“, erklärte die EKD-Ratsvorsitzende. Wer als Kind keine Chance habe, habe leider allzu oft auch später als Erwachsener keine mehr. „Man kann gar nicht genug für die Kindergrundsicherung tun“, sagte Kurschus: „Entscheidend wird sein, was am Ende bei den von Armut betroffenen Familien ankommt.“

Ein am 18. August vorgestelltes Gutachten von DIW Econ und Diakonie hat gezeigt, dass eine deutliche Leistungsanhebung nötig wäre, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen. Insofern leistet das geplante Gesetz nur die Hälfte dessen, was im Koalitionsvertrag versprochen wurde. Die Situation von Alleinerziehenden wird sich kaum verbessern, wenn ausschließlich verminderte Unterhaltsanrechnungen für Erwerbstätige vorgesehen sind.

Hintergründe zum Gutachten

Datengrundlage der Analyse sind Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Eine empirische Simulation für drei Szenarien untersucht das Ausmaß der Wirksamkeit gezielter politischer Maßnahmen gegen Kinderarmut

  1. eine Entbürokratisierung, die zu einer vollständigen Ausschöpfung des Kinderzuschlags führt,
  2. ein kinderbezogener Transfer von 50 Euro für armutsbetroffene Kinder und
  3. ein kinderbezogener Transfer von 100 Euro für armutsbetroffene Kinder.

Der Vergleich der untersuchten Szenarien zeigt dabei, dass ein zusätzlicher Transfer von 100 Euro den Anteil armutsbetroffener Haushalte von allen Szenarien am stärksten reduzieren könnte. Insbesondere Alleinerziehende und Paare mit mindestens drei Kindern würden von den zusätzlichen Leistungen profitieren – und damit die Haushalte, die derzeit am stärksten von Armut betroffen sind.

Quelle: Diakonie Deutschland vom 28.08.2023

Redaktion: David Bienias

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