Gutachten
Ähnliche Risiken, abweichende Antworten – internationaler Vergleich im Kinder- und Jugendmedienschutz
Immer jünger online, immer länger gamen – das sind einige der zentralen Ergebnisse des ersten vergleichenden Gutachtens zum Kinder-und Jugendmedienschutz in sechs EU- und Nicht-EU-Ländern. Im Auftrag der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) haben Prof. Mark D. Cole, Christina Etteldorf und Dr. Jörg Ukrow vom Institut für Europäisches Medienrecht außerdem festgestellt, dass alle untersuchten Staaten mit ähnlichen Risiken und vergleichbaren Herausforderungen zu tun haben. Der Umgang damit ist jedoch unterschiedlich.
29.03.2023
Dr. Marc Jan Eumann, Vorsitzender der KJM:
„Kinder- und Jugendmedienschutz darf nicht an nationalen Grenzen Halt machen. Wir wollten wissen, wie andere Staaten mit Herausforderungen wie Pornografie oder Gewalt umgehen. Wie schützen sie ihre Kinder? Das erste Gutachten dieser Art beantwortet diese Fragen und schließt eine große Lücke: Wir kennen nun viele spannende Ansätze und Best-Practice-Lösungen. Eine Annäherung der Schutzsysteme könnte zudem die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung erleichtern.“
Denn viele Gefahren und problematische Inhalte im Netz haben ihren Ursprung im Ausland. Wie langwierig und komplex es ist, den Schutz von Kindern und Jugendlichen auch grenzüberschreitend durchzusetzen, zeigen die Verfahren der Landesanstalt für Medien NRW und der KJM gegen Porno-Anbieter*innen mit Sitz im Ausland.
Unterschiede gab es in den untersuchten Staaten Australien, Frankreich, Italien, Japan, Polen und dem Vereinigten Königreich unter anderem in der Onlinezeit: Spitzenreiter in der Online-Nutzung sind 9- bis 16-Jährige in Japan mit 3,04 Stunden täglich, Italien bildet das Schlusslicht mit durchschnittlich 2,5 Stunden. Zum Vergleich: In Deutschland sind Kinder und Jugendliche laut JIM-Studie täglich 204 Minuten – also 3 Stunden und 24 Minuten – online. Eins ist jedoch über alle Staaten hinweg gleich: Die Nutzung steigt im Gesamttrend. Damit laufen Minderjährige auch vermehrt Gefahr, mit Risiken in Kontakt zu kommen.
Am stärksten reguliert sind Inhaltsrisiken: Inhalte wie Pornografie oder Gewalt, mit denen die bloße Konfrontation ein Risiko für Kinder und Jugendliche bedeutet.
In den untersuchten Staaten fallen die rechtlichen Antworten auf vergleichbare Risiken teils anders aus. Spannend ist aus Sicht der KJM allerdings, dass überall technische Lösungsansätze ebenso eine Rolle spielen wie präventativ-pädagogische (Medienkompetenz) und repressiv-regulatorische Ansätze. Alle Staaten verfügen zudem über ein Altersklassifikationssystem – allerdings mit unterschiedlichen Alterskategorien.
Was bedeutete das Gutachten nun für die deutsche Regulierung und die Tätigkeit der KJM?
Dr. Marc Jan Eumann:
„Immer jüngere Kinder nutzen das Internet. Das bedeutet, Schutzvorrichtungen müssen weiter optimiert werden. Ein wichtiges Ergebnis ist auch, dass Künstliche Intelligenz zwar einerseits ein Risiko darstellen kann. Andererseits ist KI eine Schlüsseltechnologie, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Die Medienanstalten und die KJM nutzen mit dem KIVI-Tool bereits KI als Schutzoption, aber auch mit den Age-Estimation-Systemen, die das Alter auf der Basis von maschinellem Lernen schätzen. Diesen Weg muss der Kinder- und Jugendmedienschutz in Deutschland weitergehen.“
Zudem wird die KJM – wie in ihrem Arbeitsprogramm festgelegt – weiterhin und verstärkt den Austausch und die Kooperation mit ausländischen Aufsichtsbehörden suchen.
Quelle: Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) vom 16.03.2023
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