Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit 2024

„Gegen Rechts“ – sozialen Zusammenhalt gestalten.

Vom 16.-18. September fand der 4. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit statt. Aus dem ganzen Bundesgebiet kamen Kolleg*innen, um zu diskutieren, zu teilen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Das Team des Jugendhilfeportals war auch vor Ort und hat ein paar Eindrücke gesammelt. In diesem Beitrag geht es um National-autoritäre Bewegungen und exklusive Solidaritäten als Herausforderung für die Kinder- und Jugendarbeit.

02.10.2024

„Wie können und sollen die Mitarbeitenden in Kinder- und Jugendeinrichtungen reagieren, wenn junge Menschen sich antidemokratisch äußern, wie wenn ihre Bildungsangebote politisch in die Kritik geraten?“

Diesen Fragen gingen die Referierenden gemeinsam mit dem Publikum im Fachforum nach. 

Zunächst gab Prof. Dr. Werner Thole von der TU Dortmund jedoch eine Einführung ins Thema. Die Verbreitung von rechtem Gedankengut niehme zu – auch bei Jugendlichen – und sei absolut nicht auf den Osten zu reduzieren. Statt jedoch auf Demokratieförderung zu setzen, baue die Bundesrepublik zur Extremismusprävention stattdessen ihren Grenzschutz aus. 

Kai Dietrich vom Arbeitsbereich MUT der AGJF Sachsen e.V. ging auf die heterogene Praxis in Sachsen ein und wies darauf hin, dass bei der Diskussion um antidemokratische Trends bei Jugendlichen immer auch berücksichtigt werden müsse, dass Jugendliche in einem nationalistisch gerahmten Alltagsdiskurs aufwachsen und dieser großen, aber auch subtilen Einfluss ausübe. Außerdem bewegen sich Mitarbeitende von Kinder- und Jugendeinrichtungen immer im Spannungsfeld zwischen einer kritischen Betrachtung der aktuellen Gesellschaft und dem Auftrag für diese Gesellschaft und ihre Jugendlichen niedrigschwellig zugänglich zu sein und sie nicht durch eine ablehnende Haltung auszuschließen.

Enrico Glaser von der Amadeu Antonio Stiftung berichtete aus Stiftungs- und Fördergeberinnenperspektive. Da die Stiftung als Förderin von Demokratiebildung ist durch ihre hohe Sichtbarkeit häufig Ziel von Anfeindungen durch rechtsextreme Akteur*innen. Die Wahlergebnisse in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zeigen die Grenzen der Wirksamkeit bisheriger Demokratieprojekte auf, so Glaser und warnt, dass es bereits viele Regionen gebe, in denen demokratische Kräfte nicht mehr die Mehrheit sind.  

Dr. Björn Milbradt vom Deutschen Jugendinstitut e.V. ging in seinem Redebeitrag auf staatlich geförderte Demokratieprojekte ein. Gesellschaftliche Prozesse spiegeln sich in der Förderung von Projekten und Programmen wider, dabei sollen Mittelaufstockungen politische Handlungsfähigkeit demonstrieren, so Milbradt. Solange Programme jedoch eine Regelfinanzierung ersetzen, seien sie hoch ambivalent – wenngleich sie auch sehr wirksame Strukturbildung ermöglichen.

Prof. Dr. Esther Lehnert von der Alice Salomon Hochschule Berlin stellte die Bedeutung einer Gender-Perspektive auf die Nationale Rechte heraus. Ohne diese sei keine umfassende Analyse möglich, denn dann würde der Zusammenhang von Rechtsextremismus und Männlichkeit übersehen und durch den – soziologisch betrachteten – gesellschaftlich manifestierten Zusammenhalt unter Männern eine ungewollte Stärkung rechter Strukturen erfolgen. 
Außerdem wies Lehnert darauf hin, dass Rechte immer bereit seien Lücken in der Kinder- und Jugendarbeit zu besetzen und damit binäre Jugendliche für sich zu gewinnen. 

In der anschließenden Diskussion ging es u.a. um die Frage, ob Mitarbeitende der Kinder- und Jugendhilfe informiert und sensibilisiert genug seien, um auf nationalistische Äußerungen einzugehen. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass es nicht nur um eine ausreichende Sensibilität ginge dabei, sondern auch um den Mut, entsprechenden Äußerungen entgegenzutreten, zumal sich Fachkräfte einer zunehmenden Anfeindung ausgesetzt sehen. 

Abschließend wurde darauf dazu aufgerufen Demokratie als Alltagsherausforderung zu betrachten und nicht auf Extremismusprävention zu reduzieren. Dabei sollten Jugendliche nicht nur als Risikofaktor betrachtet werden. 

Redaktion: Zola Kappauf

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