Soziale Inklusion

Aktuelle Debatten und Reformen

Anstehende politische Entwicklungen

Inklusives SGB VIII 

Die inklusive Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe wird fachpolitisch seit längerer Zeit in Deutschland diskutiert. Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz vom Juni 2021 wurde die Gesamtzuständigkeit für Kinder und Jugendliche unter dem Dach des SGB VIII verankert. Darunter fällt auch die Überführung der Eingliederungshilfe, die zurzeit durch das SGB IX geregelt wird. Die Eingliederungshilfe (EGH) ist eine Sozialleistung, die Menschen mit Behinderung/Beeinträchtigung eine individuelle Lebensführung ermöglichen soll. Dazu gehört die Teilhabe am Arbeitsleben, an Bildung und soziale Teilhabe. Leistungen sind z.B. Assistenzeleistungen, Budget für Ausbildung oder Pflegegeld. Die neue Gesamtzuständigkeit soll am 01.01.2028 in Kraft treten. Durch die Zusammenführung ergeben sich viele fachliche, personelle und organisatorische Fragen und Herausforderungen, die in vielen Fachdiskussionen diskutiert werden (Kinder- und Jugendhilfereport, S. 116). Die Forderungen der Zivilgesellschaft sowie Selbstvertretenden sind gespalten, da auf der einen Seite befürchtet wird, dass wichtige inklusive Schritte, die durch die Eingliederungshilfe bereits gemacht wurden, durch die Überführung zu den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe verloren gehen. Auf der anderen Seite kann es eine große inklusive Öffnung für die Kinder- und Jugendhilfe darstellen, welche das duale und exklusive System in Deutschland aufbricht. Vgl. Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe, Forum Jugendhilfe. Im Fokus SGB VIII-Reform, S. 5).
Weitere Informationen im YouthWiki-Kapitel: Jugendpolitik im Allgemeinen/Aktuelle Debatten und Reformen.
 

Kindergrundsicherung

Die Kindergrundsicherung ist ein Vorhaben der Bundesregierung, das am 27. September 2023 durch den Regierungsentwurf zur Einführung der Kindergrundsicherung vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Die Kindergrundsicherung soll künftig die zentrale Leistung für alle Kinder sein und soll eine einfache, unbürokratische und bürgernahe Leistung sein. Deshalb sollen die Schnittstellen zu anderen Leistungen wie dem Bürgergeld, dem Wohngeld oder dem BAföG für Alleinerziehende, zu Unterhaltsleistungen und Unterhaltsvorschuss, zu keine Verschlechterung der derzeitigen Situation führen. Die Ziele der Kindergrundsicherung sind: „Kinder vor Armut zu schützen, ihnen ein sorgenfreies Aufwachsen zu ermöglichen und bessere Chancen für den Start ins Leben zu verschaffen; Verdeckte Armut in Deutschland zu bekämpfen, indem sie mehr Familien und Kinder mit Unterstützungsbedarf als bisher erreicht [und ein] engmaschiges Sicherheitsnetz für alle Kinder und ihre Familien zu knüpfen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Familienreport 2024; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Infopapier. Einführung einer Kindergrundsicherung)." Die Kindergrundsicherung sieht zudem einen Kindergrundsicherungs-Check vor, der mithilfe von automatisierten Datenabrufen und statistischen Annahmen die Betroffenen aktiv über ihren potenziellen Anspruch auf den einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag berät und ihnen hilft, potentielle Ansprüche geltend zu machen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Familienreport 2024). Der Gesetzentwurf der Bundesregierung stößt bei Expert:innen auf große Kritik. In einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 13.11.2023 wurde das Vorhaben aufgrund der zeitlichen Realisierung und fehlenden finanziellen Leistungen kritisiert (Der Deutsche Bundestag, Verankerung der Kinderrecht im Grundgesetz debattiert).
 

Laufende Diskussionen

Kindergrundrechte

Seit 1992 gilt die Kinderrechtkonvention der Vereinten Nationen in Deutschland. Seitdem wird darüber diskutiert, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Mit dem Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode unternimmt die Bundesregierung einen erneuten Versuch. Im Januar 2021 verabschiedete das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, der Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes durch folgende Sätze ergänzen soll: "Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Familienreport 2024; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Infopapier. Einführung einer Kindergrundsicherung)." Im Frühjahr 2021 konnte im parlamentarischen Verfahren keine Einigung über die Änderung erzielt werden, da eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat für eine Grundgesetzänderung benötigt wird (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Familienreport 2024; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Infopapier. Einführung einer Kindergrundsicherung). Damit ist die Gesetzesänderung im ersten Schritt gescheitert, wird jedoch weiterhin diskutiert und vorangetrieben (Landeszentrale für politische Bildung. Baden-Württemberg, Kinderrechte im Grundgesetz).
Weitere Informationen im YouthWiki-Kapitel: Jugendpolitik im Allgemeinen/Aktuelle Debatten und Reformen.

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Dieser Artikel wurde auf www.youthwiki.eu in englischer Sprache erstveröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung der Übernahme.

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