Kinder- und Jugendschutz

Technischer Jugendmedienschutz – Neustart der öffentlichen Debatte notwendig

Wie kann die Wahrnehmung von technischen Jugendschutzoptionen gesteigert werden? Welche Erfahrungen konnten in Großbritannien gemacht werden? Diese und weitere Fragen wurden anlässlich der Veranstaltung "KJM im Dialog" der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) am 11. Mai 2016 diskutiert.

19.05.2016

Dass der technische Jugendmedienschutz und insbesondere Jugendschutzprogramme nicht zur Disposition stehen, verdeutlichte der KJM-Vorsitzende, Andreas Fischer, in seinem Grußwort: "Jugendschutzprogramme sind derzeit die einzige technische Schutzlösung, die gegen jugendschutzrelevante Inhalte aus dem Ausland hilft. Die KJM wird auch weiterhin an diesem Konzept festhalten." Fischer betonte aber, mit der Verbreitung von Jugendschutzprogrammen könne man noch nicht zufrieden sein.

Provider-basierte Lösungen in Großbritannien

Eine deutliche Steigerung der Wahrnehmung von Filterprogrammen und eine gute Resonanz von Eltern ist in Großbritannien festzustellen, wo Internetprovider ihren Kunden seit 2014 Jugendschutzfilter anbieten, die Eltern jeweils ein- oder ausschalten können. Die dortigen Erfahrungen mit der Filterung auf Providerebene schilderten Katharina Ribbe, Vertreterin des britischen Ministeriums für Kultur, Medien und Sport, sowie Maria Donde, International Policy Manager bei der britischen Regulierungsbehörde Ofcom. Die Nutzungsquoten durch Eltern seien umso höher, wenn ein Provider die Programme als Opt-out-Modell anbiete. Treibende Kraft hinter der Initiative sei die britische Regierung gewesen. In Großbritannien befürworte ein Großteil der Bevölkerung die Einführung von Filtern, weil der Gedanke des Kinderschutzes dort stärker ausgeprägt sei, als die Angst vor Zensur.

Unterstützung für den Gedanken der Vorinstallation kam auch von Christina Schwarzer, Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sie betonte in ihrer Keynote, Jugendschutzprogramme seien ein unverzichtbarer Baustein einer effizienten Strategie zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Netz. Um Eltern mit ins Boot zu bekommen, forderte sie die Hersteller dazu auf, Jugendschutzprogramme auf Endgeräten vorzuinstallieren. Diese müssten leicht zu bedienen und für Nutzer unterschiedlichen Alters automatisch einstellbar sein.

Ideen für eine stärkere Verbreitung von Jugendschutzprogrammen

Stephan Dreyer, wissenschaftlicher Referent am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung der Universität Hamburg, erklärte, notwendig sei ein Anreizsystem, damit möglichst viele Provider ihre Seiten für Jugendschutzprogramme kennzeichnen. Thomas Krüger, stellvertretender KJM-Vorsitzender und Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung stellte die Frage, warum das, was technisch gesehen in Großbritannien funktioniere, in Deutschland nicht klappe. So hätten britische Provider nach der Initiative des Premierministers nicht nur Filter angeboten, sondern auch funktionierende Schnittstellen zu mobilen Endgeräten entwickelt.

Katharina Ribbe empfahl, die Messlatte für die Umsetzung von Konzepten nicht mehr so hoch zu legen. In Deutschland gehe es, anders als in Großbritannien oft darum, nach Rundum-Sorglos-Lösungen zu suchen, anstatt auch pragmatische Optionen zu akzeptieren, die nicht mit Bestnoten glänzten, aber funktionierten. Otto Vollmers, Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter, forderte alle Anwesenden auf, in einem Geist des "offenen Nach-vorne-Blickens" zu agieren. Das "zarte Pflänzchen" der Jugendschutzprogramme, das 2003 eingepflanzt worden sei, dürfe nicht durch andauernde Negativdebatten in seinem Wachstum gehemmt werden, sondern müsse endlich positiv nach außen vermarktet werden.

Abschließend waren sich alle Teilnehmer einig: Notwendig ist ein Neustart der öffentlichen Debatte, um die Wahrnehmung von Jugendschutzprogrammen in der Öffentlichkeit zu verbessern.

Quelle: Kommission für Jugendmedienschutz vom 13.05.2016

Redaktion: Kerstin Boller

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