Kinder- und Jugendarbeit
Gedenktage im Jahr 2019 als Aufgabe der Politischen Bildung
Barbara Menke, Vorsitzende des Bundesausschusses politische Bildung (bap), äußert sich zu den Herausforderungen für die Politische Bildung anlässlich zahlreicher Gedenk- und Jahrestage in 2019. Sie verbindet dies mit Einschätzungen zu den Ereignissen und Verfassungen, denen gedacht wird und beschreibt Aufgaben für die Politische Bildung. Es sei wichtig Andersdenkende in ihrer Kritik an der Wirklichkeit und den vorhandenen Schattenseiten unserer Demokratie wahr- und ernstzunehmen, zugleich aber auch sensibel zu registrieren und einzuschreiten, wenn Linien eines freiheitlichen, friedlichen und toleranten Demokratiebewusstseins überschritten werden.
13.02.2019
„Im Jahr 2019 werden wir darauf aufmerksam, dass Verfassungen, die wir feiern, nicht nur klug beschriebenes Papier sind, sondern konkret erlebte erkämpfte und erlittene historische Erfahrung,“ so beschreibt Barbara Menke, Vorsitzende des Bundesausschuss Politische Bildung (bap), in einem Gespräch mit bap-Medien die Herausforderungen für die Politische Bildung im Jahr 2019 mit einer Fülle von Gedenk- und Jahrestagen, die unsere Gesellschaft gestaltet und nachhaltig geprägt haben.
Ihre Aufzählung beginnt mit der Verfassung der Paulskirchen-Versammlung vom 28. März 1849, die zum ersten Mal auf deutschem Boden unveräußerliche Grund- und Menschenrechte für alle Bürgerinnen und Bürger kodifiziert hat. Sie führt zur Weimarer Verfassung von 14. August 1919, in der zum ersten Mal Frauen durch das allgemeine Frauenwahlrecht politisch aktiv mitwirken. Eine besondere Bedeutung hat diese Verfassung auch durch die Festschreibung sozialer Grundrechte ohne deren Vorbild der heutige Sozialstaat nicht denkbar wäre. „Angesichts der aktuellen Lage in Deutschland ist es“, so Menke, „sicherlich nicht von Schaden, wenn sich politische Bildung mit den grundlegenden sozialen Stützen einer tragfähigen Demokratie befasst.“
© bap e.V. Foto: Jörg Carstensen
Demokratie als eine ständige Aufgabe
Politische Bildung hat, nach Einschätzung von Barbara Menke, auch die Aufgabe „in ihrer pädagogischen und erinnerungs-kulturellen Arbeit darauf hinzuweisen, dass Demokratie aus leidvoller historischer Erfahrung keine Selbstverständlichkeit, sondern eine ständige Aufgabe ist, die überzeugte und engagierte Freunde und Anhänger dringend nötig hat.“ Dazu ist es in der Vermittlung durch Bildungsarbeit hilfreich ansonsten anonyme Prozesse und gesichtslose Massenereignisse mit konkreten Lebensschicksalen zu verbinden. Entwicklungen bekommen ein Gesicht.
Ein gut gelungenes Beispiel sieht Menke in der Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zur Novemberrevolution 1918 am 9. November letzten Jahres, in der er aus der Weimarer Zeit Persönlichkeiten benennt, die - wie Matthias Erzberger, Walter Rathenau, Friedrich Ebert und Kurt Eisner zum Teil unter Einsatz ihres Lebens - für Demokratie und ihre Weiterentwicklung eingestanden sind. In diese Reihe gehört auch das Gedenken an das Attentat vom 20. Juli 1944 und die Männer und Frauen des Widerstands gegen Hitler. Sie hatten einen letztlich humanen, grundrechtlichen Anspruch, und wollten das „Bild des Menschen und seiner Würde in den Herzen der Deutschen wiederzustellen“, wie es Helmuth James Graf von Moltke auf den Begriff gebracht hat.
9. November 1989 als Höhepunkt deutscher Demokratieentwicklung
In diesen Kontext verortet Menke auch den 9. November 1989 als weiteren Höhepunkt deutscher Demokratieentwicklung. „Die Frauen und Männer in Leipzig, in Dresden, Plauen, Chemnitz und anderenorts in der DDR, haben … mit ihrer Friedlichen Revolution das Ende einer Diktatur eingeleitet und den Weg zur Wiedervereinigung unseres Landes bereitet.“
Die Erinnerung an das 70-jährige Bestehen des Grundgesetzes macht 2019 als Gedenkjahr für die deutsche Demokratie rund. „Unser Grundgesetz ist so etwas wie die ‚geglückte Summe‘ aus den beiden vorauslaufenden Verfassungen, der von Frankfurt am Main und der von Weimar“. Barbara Menke teilt die Ansicht des früheren Bundespräsidenten Heinemann, dass „unser Grundgesetz selbst darüber hinaus, das große Angebot zum ersten Mal in Deutschland eine freiheitlich-rechtsstaatliche und soziale Demokratie zu verwirklichen“ darstellt.
Die bap-Vorsitzende schließt mit dem Appell, dass Politische Bildung in ihrer pädagogischen Arbeit – getreu dem Beutelsbacher Konsens – Andersdenkende auch in ihrer Kritik an der Wirklichkeit und den vorhandenen Schattenseiten unserer Demokratie wahr- und ernstnehmen muss, aber andererseits auch sensibel registrieren und entschieden einschreiten sollte, wenn sie die roten Linien eines freiheitlichen, friedlichen und toleranten Demokratiebewusstseins überschritten sieht und sich Andersdenkende als Feinde der Demokratie entpuppen.“
Das vollständige Interview mit den Einschätzungen Barbara Menkes steht online zur Verfügung.
Hintergrundinformationen
Zur Person: Barbara Menke ist Vorsitzende des Bundesausschusses politische Bildung – bap e.V., und Bundesgeschäftsführerin ARBEIT UND LEBEN.
Der Bundesauschuss Politische Bildung (bap) e.V. ist ist ein Zusammenschluss der bundesweiten Verbände der außerschulischen politischen Jugend- und Erwachsenenbildung. Gemeinsames Ziel der im Bundesausschuss versammelten Organisationen ist, sich für eine Stärkung und Weiterentwicklung politischer Jugend– und Erwachsenenbildung zu engagieren und die Interessen dieses Arbeitsbereichs gegenüber Politik, Behörden und der Gesellschaft zu vertreten. Der bap wird für seine Arbeit durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) aus Mitteln des Kinder- und Jugendplan des Bundes (KJP) gefördert.
Quelle: Bundesausschuss Politische Bildung e.V. vom 31.01.2019
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