Deutsches Kinderhilfswerk

Digital Services Act gefährdet Standards im Kinder- und Jugendmedienschutz

Das Deutsche Kinderhilfswerk warnt vor einer Senkung der Schutzstandards für Kinder und Jugendliche in digitalen Medien durch den Europäischen Digital Services Act (DSA). Wegen des Vorrangs europäischen Rechts gegenüber dem der Nationalstaaten, binden Rechtsakte der Europäischen Union die Mitgliedsstaaten. Mit Inkrafttreten des DSA würde daher das erst zum 1. Mai 2021 novellierte deutsche Jugendschutzgesetz hinsichtlich des Kinder- und Jugendmedienschutzes hinfällig.

10.12.2021

Der Digital Services Act selbst formuliert im aktuellen Entwurf zentrale Aspekte des Jugendschutzgesetzes deutlich weniger präzise, lässt viele von Kindern genutzte Medianangebote außer Acht und nimmt vor allem Kinder mit ihren spezifischen Schutz- und Teilhabebedarfen nicht explizit in den Blick.

Kindeswohlvorrang muss wiederhergestellt werden

„Die Zielstellung des Digital Services Act, illegale Inhalte und Angebote im digitalen Raum zu unterbinden, findet unsere volle Unterstützung. Aber es darf nicht sein, dass Kinder und Jugendliche mit ihren besonderen Interessen und Bedarfen nicht adressiert und daher volljährigen Erwachsenen gleichgestellt werden. Entsprechend dem Kindeswohlvorrang muss es auf nationaler Ebene möglich bleiben, weitere und weitergehende Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im Einklang mit dem europäischen und internationalen Recht zu ergreifen. Der DSA sollte nationale und internationale Standards zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in den Medien nicht absenken. Dieses Risiko besteht aufgrund des aktuell geplanten Vollharmonisierungsansatzes jedoch“, warnt Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.

Wesentliches Element des neuen Jugendschutzgesetzes ist die allgemeine Verpflichtung der Diensteanbieter, strukturelle Vorkehrungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in ihren Diensten zu treffen. Dazu können Melde- und Abhilfeverfahren, die Begrenzung von Nutzungsrisiken durch sichere Voreinstellungen oder eine bessere Begleitung der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen durch ihre Eltern gehören. Der DSA-Entwurf verpflichtet jedoch nur „sehr große Online-Plattformen“ mit mindestens 45 Millionen Nutzenden pro Monat zur Umsetzung dieser Schutzmaßnahmen. Da in der Europäischen Union derzeit 82 Millionen Minderjährige leben, würden zahlreiche Plattformen, die spezielle Dienste für Kinder und Jugendliche anbieten, wie Spieleplattformen, Audio-Streaming-Plattformen und soziale Netzwerke, nicht mehr in den Anwendungsbereich dieser Maßnahmen fallen.

„Der DSA sollte die auf den EU-Verträgen, der UN-Kinderrechtskonvention und des General Comment No.25 basierenden Werte nicht untergraben. Wir appellieren daher an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments dafür zu sorgen, dass der größtmögliche Schutz für Kinder und junge Menschen im digitalen Raum gewährleistet wird“, so Thomas Krüger.

Ausnahmemöglichkeit vom Ansatz der Vollharmonisierung

Um dies zu ermöglichen, schlägt das Deutsche Kinderhilfswerk eine Ausnahmemöglichkeit vom Ansatz der Vollharmonisierung vor, die ein optimales Schutzniveau für Kinder und Jugendliche im Einklang mit internationalen Standards ermöglicht. Diese Änderung würde sicherstellen, dass Mitgliedstaaten mit höheren Schutzansprüchen für Kinder diese nicht aufgrund des DSA abschwächen müssen. Gleichzeitig würden die nationalen Schutzstandards im Einklang mit europäischem und internationalem Recht gewahrt, um gegen eine Vielzahl von Gefahren im digitalen Umfeld wirksam vorgehen zu können.

Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk vom 10.12.2021

Redaktion: Uwe Kamp

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