Studie

Wenn Hilfe verletzt: Gewalt in der Sozialen Arbeit ist Alltag

Das gemeinsame Forschungsprojekt Arbeitsbedingungen und verletzendes Verhalten im Alltag der Sozialen Arbeit (AVASA) der ver.di-Bundesfachgruppe Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit sowie der Hochschule Fulda untersucht, wie häufig Gewalt, Diskriminierung und verletzendes Verhalten in den verschiedenen Arbeits- und Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit auftreten.

03.06.2025

Strukturelle Überforderung, fehlende Schutzkonzepte und hoher Druck: Gewalt ist in vielen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit kein Ausnahmephänomen – sondern alltägliche Realität.

Das bundesweite Forschungsprojekt Arbeitsbedingungen und verletzendes Verhalten im Alltag der Sozialen Arbeit (AVASA) zeigt in einer groß angelegten Online-Befragung mit über 6.300 Teilnehmenden, wie weit verbreitet verletzendes Verhalten in der Sozialen Arbeit ist – und wie stark es mit strukturellen Rahmenbedingungen verknüpft ist.

Nun liegen auch Auswertungen für die fünf zentralen Arbeitsfelder einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe vor: Kindertagesstätten, stationäre Jugendhilfe, Offene Kinder- und Jugendarbeit, Soziale Arbeit in der Schule (Ganztag, Schulbegleitung und Schulsozialarbeit) sowie die Soziale Arbeit bei Behinderung.

Die Ergebnisse zeigen deutlich: Gewalt tritt in allen Arbeitsfeldern auf – als psychische, physische oder sexualisierte Gewalt –, und sie richtet sich sowohl gegen Adressat*innen als auch gegen Beschäftigte oder kommt zwischen Kolleg*innen vor. Zugleich ist Gewalt dort besonders häufig, wo Beschäftigte unter massivem Zeit- und Personaldruck stehen, wo Schutzkonzepte fehlen oder nur auf dem Papier existieren, wo multiprofessionelle Zuständigkeiten ungeklärt sind und wo keine systematische Reflexion im Team stattfindet.

Die Studienmacher*innen Prof. Dr. Nikolaus Meyer, Professor für Profession und Professionalisierung Sozialer Arbeit an der Hochschule Fulda, und Dr. Elke Alsago, Bundesfachgruppenleiterin Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit bei ver.di, zeigen, dass verletzendes Verhalten nicht nur eine Folge individueller Grenzüberschreitungen ist, sondern vor allem Ausdruck struktureller Überforderung und institutioneller Unsicherheit. Besonders problematisch sind dabei Arbeitskontexte, in denen Fachkräfte unzureichend vorbereitet oder kaum angebunden sind – etwa in der Schulbegleitung oder im Ganztag –, oder in denen Nähe und Abhängigkeit wie in der Behindertenhilfe besondere Schutzvorkehrungen erfordern, die oft fehlen.

Neben den oben genannten Feldern hat das Autorenteam auch weitere Bereiche untersucht – darunter Wohnungslosenhilfe, Suchtarbeit und die Soziale Arbeit in Jugendämtern.

Alle Ergebnisse, vertiefende Analysen und Empfehlungen unter:
avasa.verdi.de

Autor: Prof. Dr. Nikolaus Meyer

Redaktion: Sofia Sandmann