Berlin
Studie zu armutsbetroffenen Familien mit Kindern mit Behinderung während Corona

Im Rahmen eines Gesprächs mit betroffenen Eltern stellte die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie eine neue Studie der Berliner Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut vor. Die Studie „In Armut aufwachsen während Krisenzeiten“ richtet den Blick auf Kinder und Jugendliche aus armutsbetroffene Berliner Familien während der Pandemie, ein Fokus dabei liegt auf Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen.
20.10.2022
Die Studie zeigt auf, wie die Lage dieser ohnehin vielfach herausgeforderten inklusiven Familien durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie weiter verschärft wurde.
Im Familienzentrum Altstadt-Kietz in Köpenick, wo die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie Astrid-Sabine Busse die Studie vorstellte, hat sich während der Pandemie eine inklusive Spielgruppe gegründet. Ziel der Spielgruppe ist es, Eltern von Kindern mit Behinderungen zu entlasten und Netzwerke zu schaffen. Im persönlichen Gespräch mit den Familien der inklusiven Spielgruppe machte sich Senatorin Busse persönlich ein Bild von den Herausforderungen, glich sie mit den Ergebnissen der Studie ab und richtete den Blick auf Verbesserungen und Potentiale im Handlungsrahmen der Senatsverwaltung.
Kinder mit Behinderung hatten in der Pandemie seltener Kontakt zu Gleichaltrigen
Die Studie führt aus, dass die Kinder in der Pandemie seltener Kontakt zu Gleichaltrigen und pädagogischen Fachkräften hatten. Es ging ihnen gesundheitlich schlechter, weil Einrichtungen, Praxen und Therapieangebote geschlossen waren. Familien nahmen lange Fahrtwege zu den möglichen Angeboten auf sich. Eine Familie, die auch an dem Gespräch teilnahm, nimmt wöchentlich die Strecke von Steglitz nach Köpenick für das inklusive Spielangebot auf sich. Eltern fühlen sich überfordert, finanziell zusätzlich belastet und bei der Bewältigung der schwierigen Lage hilflos. Astrid-Sabine Busse:
„Wir müssen noch viel stärker den Blick auf Kinder und Jugendliche richten, die in ihrem Alltag durchweg mehr Belastungen erfahren als andere. Hier gibt es noch einiges zu tun, um Teilhabe auch unter erschwerten Bedingungen zu sichern, insbesondere für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sowie deren Familien. Die Studie gibt uns dazu gute Impulse.“
Die Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut macht in ihrer Stellungnahme zur Studie deutlich, welche Verbesserungsbedarfe sie für das Land Berlin sieht. Dazu gehören unter anderem der Ausbau von Informationsangeboten, die Einführung von „Verfahrenslotsen“ bei Jugendämtern und mehr Angebote für inklusive Familien.
Auch die Familien im Familienzentrum äußerten den Wunsch nach mehr Angeboten über das gesamte Stadtgebiet. Sarah Frohberg, Leiterin des Familienzentrums:
„Es gibt leider noch nicht genug. Viele müssen höhere Kosten auf sich nehmen für weite Fahrtstrecken, weil die Angebote rar sind. Die durch die Pandemie eingeschränkten Angebote reichen nicht aus. Eine Familie musste aufgrund der Betreuung ihrer behinderten Tochter ihre Arbeitsstellen aufgeben, um ihr Kind selbst zu betreuen.“
Beim inklusiven Spieleangebot in Köpenick finden nicht nur Kinder Ansprache, genauso wichtig ist die Entlastung und der Austausch für die Eltern. „Das ist mindestens genauso wichtig, wie eine kindgerechte Ansprache. Manchmal reicht es einfach, mit den Kindern eine Runde im Garten die Blumen zu gießen, und den erschöpften Eltern eine Tasse Kaffee anzubieten.“, so Sarah Frohberg.
Des Weiteren wünschen sich die in der Studie befragten Eltern aktive Information, dauerhafte Beratungsangebote, befragte Fachkräfte der Selbsthilfe drängen auf mehr Kontinuität im Fallmanagement.
Senatorin Busse:
„Die Umsetzung der Berliner Strategie gegen Kinderarmut ist mir ein wichtiges Anliegen. Wir müssen den Blick noch besser schärfen für Familien mit besonderen Hilfebedarfen in Krisenzeiten. Ich nehme die Sorgen der Eltern von Kindern mit Behinderungen ernst und möchte gern mögliche Verbesserungen der Hilfsangebote prüfen.“
Zum Hintergrund
Die Berliner Strategie gegen Kinder- und Familienarmut wurde von der Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut in der letzten Legislaturperiode ressortübergreifend erarbeitet und im August 2021 vom Senat beschlossen. Im Rahmen der Strategieumsetzung werden auch für die zielgruppenspezifische und bedarfsgerechtere Ausrichtung von Angeboten wichtige Weichen gestellt.
- Link zur Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut mit weiteren Informationen
- Link zur Studie „In Armut aufwachsen während Krisenzeiten. Die Auswirkungen von Corona auf die Lebenssituation von armen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien- mit einem Fokus auf junge Menschen mit Behinderung (2022). Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.“ (PDF: 1,5 MB)
Quelle: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Berlin vom 30.09.2022
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