Brandenburger Sozialgipfel

Soziale Gerechtigkeit ist Aufgabe der gesamten Landesregierung

Wegen der in vielen Lebensbereichen stark gestiegenen Preise lud die Brandenburger Staatskanzlei zusammen mit dem Sozialministerium am 21. November 2022 zum ersten Gipfel unter dem Motto „Solidarisch kommen wir durch diese Krise.“ Dazu formulierten teilnehmende Organisationen klare Forderungen. Der Landesjugendring Brandenburg zieht eine kritische Zwischenbilanz für den Folgegipfel am 8. Juni.

06.06.2023

Nach dem ersten Gipfeltreffen hat der Landesjugendring (LJR) Brandenburg die Forderungen mit dem Status quo abgeglichen und bewertet. Die Zwischenbilanz lautet: Nur rund die Hälfte der Forderungen ist auf den Weg gebracht, viele der geforderten Ansätze werden dagegen von der Landesregierung noch gar nicht verfolgt. Dies ist in einer detaillierten Darstellung des LJR zu erkennen. Julia Schultheiss, Vorstandsmitglied des LJR Brandenburg, äußert sich vor zu den gestiegenen Kosten und die Auswirkungen auf die Jugendverbandsarbeit:  

„Natürlich spüren auch die Jugendverbände den gestiegenen Kostendruck. So sind z.B. die Ausgaben für die Unterbringung, die Verpflegung sowie die Materialien und die inhaltliche Umsetzung bei Seminaren oder Ferienfreizeiten deutlich gestiegen. Junge Menschen haben in den letzten Jahren viel zurückstecken müssen und sind durch aktuelle gesellschaftliche Krisenerscheinungen belastet. Die Arbeit von Jugendverbänden ist an dieser Stelle sehr wichtig. Mitzubestimmen, Selbstwirksamkeit und Empowerment zu erfahren, stärken junge Menschen. Um solch ein Angebot für alle Jugendlichen in Brandenburg vorhalten zu können, braucht es Erhöhung der Bildungsmittel. Wir dürfen die gestiegenen Kosten für Bildung, Freizeit und Erholung nicht auf junge Menschen umlegen.“

Erste Landesmaßnahmen auf dem Weg

In Brandenburg begrüßen AWO, Familienverbände, Frauenpolitischer Rat, Gewerkschaften, Landesjugendring, Seniorenrat, die Sozialverbände SoVD sowie VdK, Tafeln sowie die Verbraucherzentrale, dass das Land mit seinem Brandenburg-Paket zusätzliche Maßnahmen initiiert. So werden die diversen Hilfen und Entlastungen des Bundes vor Ort passend gemacht und sinnvoll ergänzt. Beispiele für solche Maßnahmen sind etwa aus dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz: die neuen Soforthilfen zugunsten von Tafeln sowie für die Sozialinfrastruktur, Hilfen gegen Energiesperren, zusätzliche Mittel für die Beratung von Mieter:innen sowie von Familien oder bei Verbraucherinsolvenz.

Wirkung vielfach noch offen

Inwiefern die einzelnen Landeselemente tatsächlich bei den Menschen ankommen, hängt nach Meinung der Bündnispartner auch davon ab, wie verbreitet und einfach gestaltet sie sind. So ist beispielsweise das neue Wohngeld kaum bekannt, die Beantragung scheint kompliziert oder die Bewilligung in den Kommunen dauert viel zu lange. Andere versprochene Unterstützungen, beispielsweise für die landesweiten Jugendbildungsstätten, sind vom Bildungsministerium noch immer nicht auf den Weg gebracht.

Wenig konkrete Landesmaßnahmen außerhalb des Sozialministeriums

Einige Brandenburger Ministerien erhalten bei der Auswertung des Forderungskataloges rote Laternen für ihr soziales Engagement. Und das, obwohl gerade die aktuelle Krise eine gemeinsame Kraftanstrengung erfordert. So scheint etwa das Landeskartellamt weiterhin keinen Einfluss auf Preishöhen zu nehmen und Gewinnmitnahmen von Energiegrundversorgern oder Fernwärmeanbietern zulasten von Verbraucher:innen zu verhindern. Wiederum stehen beim Infrastrukturministerium kaum preisdämpfende Maß- nahmen auf der Agenda: Weder ist im hiesigen ÖPNV die Einführung eines 9-Euro-Tickets für Empfänger:innen von Transfergeld vorgesehen, noch sind Sozialverbände beim Brandenburger Bündnis für Wohnen eingeplant. Zudem bieten Land und Kommunen auch selbst Leistungen an, vermieten etwa Wohnraum für Studierende oder durch eigene Wohnungsgesellschaften. Aber dabei sind weder Mieten- noch Kündigungsmoratorien landesweit auf den Weg gebracht. Und auch beim eigenen Energieverbrauch sollte das Land mit gutem Beispiel vorangehen, Energie sparen und mit privaten Haushalten nicht um begrenzte Ressourcen konkurrieren. Allerdings kann die Landesregierung nach eigenen Angaben nur eingeschränkt beantworten, ob und wie viel Energie sie in ihren Liegenschaften und Fuhrparks im vergangenen Jahr konkret eingespart hat.

Mangelnde Unterstützung auf der Einkommensseite

Die aktuelle Preiskrise trifft nicht nur Menschen mit keinem oder besonders niedrigem Arbeitseinkommen, sondern auch die sogenannte Mittelschicht. Hier aber greifen klassische Sozialmaßnahmen nur bedingt. Deshalb fordern die Bündnispartner, dass das Land Brandenburg öffentliche Aufträge nur an tariftreue Betriebe vergibt.

Kein Ende der Preiskrise

Die Preiskrise ist trotz in einigen Bereichen aktuell gesunkener oder auf hohem Niveau verharrender Preise längst nicht vorbei. So wirken die Preise an der Supermarktkasse immer noch schwer. Oder beispielsweise erhalten Mieter:innen in den nächsten Monaten ihre Betriebskostenabrechnung für das Vorjahr und befürchten etwa für Wärme/Warmwasser teils erhebliche Nachzahlungen. Und auch zum kommenden Winter 2023/24 besteht erneut die Gefahr von Preissprüngen oder gar einer Gasmangellage, auch weil die Gasnachfrage weltweit wieder anzieht.
Weitere Maßnahmen nötig

In diesem Sinne fordern die Bündnispartner einen weiteren Folgegipfel spätestens zum Herbst 2023. Zudem kündigen die Vereine und Verbände an, die weitere Wirkung der Sozialmaßnahmen und gerade die Umsetzung in anderen Landesministerien weiterhin kritisch zu verfolgen. So motivieren sie unisono Ministerpräsident Woidke, „darauf zu achten, dass Sozialpolitik substanziell in allen Verantwortungsbereichen stattfindet.

Quelle: Landesjugendring Brandenburg vom 02.06.2023

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