Kinder- und Jugendhilfetag

Riesiger Andrang bei Social-Media-Workshop: “Wir müssen die Onlinewelt für uns erschließen”

Sitzend, stehend, hockend: Bis auf den letzten Quadratmeter war der Vortragsraum des Fachkongresses des 15. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetags mit Besucher(inne)n gefüllt, die sich über den Einsatz Sozialer Medien in der Jugendarbeit informieren und austauschen wollten. Die Publikumsfragen bei dieser Veranstaltung des Fachkräfteportals der Kinder- und Jugendhilfe zeigten, dass es vielen dabei nicht mehr um das “ob”, sondern nur noch um das “wie” geht.

05.06.2014

Von Sebastian Jabbusch

Über 120 Menschen drängten sich in den kleinen Seminarraum “Weimar 5”, saßen in den Gängen und standen sogar im Türbereich. Wie man Social Media in den Arbeitsalltag der Jugendarbeit einbauen kann, ist kein Randthema mehr.

“Social Media muss ein natürlicher Teil der Jugendhilfe werden”, forderte auch Jörg Eisfeld-Reschke vom Institut für Kommunikation in Sozialen Medien (Ikosom) in seinem Einführungsvortrag, “Wir müssen die Onlinewelt für unsere Arbeit erschießen”.  Praktisch 100 Prozent aller 13 bis 18 Jährigen seien heute online, die meisten auch dauerhaft per Smartphone. Er beobachte, dass viele Jugendliche Facebook als Suchmaschine nutzen und forderte die Pädagogen dazu auf, dort zumindest für den Erstkontakt erreichbar zu sein. “Gegebenenfalls bedeutet die Onlinearbeit aber auch, sich mit Problemen wie Suchmaschinenoptimierung zu beschäftigen, obwohl dies scheinbar mit unserem Berufsbild nichts zu tun hat”, versuchte Eisfeld-Reschke dem Publikum zu vermitteln und es so auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten.

Diese Berührungsangst hat Tilmann Pritzens, seines Zeichens Streetwork in Berlin-Marzahn bei “Gangway”, schon lange verloren. In seinem Vortrag stellt er seine umfangreiche Kommunikationsarbeit vor. Während der Arbeitszeiten ist er für Jugendliche nicht nur auf der Straße, sondern auch via Twitter, Facebook, ICQ, Whatsapp und zahlreichen anderen Diensten erreichbar. “Das Internet gehört heute genauso zum Lebensraum junger Menschen wie die Straße” erzählt er und nennt seine Arbeit konsequenterweise auch “Webwork”. Während er durch die Straßen zieht, loggt er sich bei Foursquare ein, beobachtet die Aktivitäten in diversen Whatsapp-Gruppen und gibt seine GPS-Daten via Glympse-App frei. “Ich bin so sehr gut auffindbar und die Jugendlichen können sehen, ob ich grad in ihrer Nähe bin. Mich anzusprechen wird dadurch einfacher”. Viele praktische Tipps und Links stellt Tillmann unter <link https: sites.google.com site streetwwwork _blank external-link-new-window external link in new>sites.google.com/site/streetwwwork/ zur Verfügung.

In gewisser Weise ist Kristin Narr, von ikosom, noch angstfreier: “Wir müssen mit Kindern ganz selbstverständlich mit Medien arbeiten”. Sie stellt fest, dass in entsprechenden Studien zunächst das Fernsehen von Kindern im Alter von 3 bis 10 Jahren als das wichtigste Medium wahrgenommen wird. Aber spätestens ab 13 Jahren übernimmt das Internet die Funktion des Leitmediums. “Das Ziel muss die frühzeitige Förderung der aktiven, selbstbestimmten Arbeit mit Medien sein. Kinder müssen ihre Gestaltungs- und Ausdrucksmöglichkeiten lernen, auch um Medien besser durchschauen und verstehen zu können”, forderte die Pädagogin. Als Beispiel nannte sie, dass in manchen Kitas Digitalkameras zur Verfügung stehen, mit denen Kinder ihre Bauklötzchen-Werke fotografieren können, um sie so zu bewahren und anderen zeigen zu können. Aber auch Hörspiele, Schulblogs, das Computerspiel Mindcraft oder die Lego-App für simple Stop-Motion-Filme waren Beispiele aus dem Vortrag. “Es gibt dabei keine starren Altersgrenzen. Wir müssen uns immer am Interesse und den Fähigkeiten der einzelnen Kinder orientieren. Und ganz wichtig: Der Prozess ist wichtiger als das Produkt”, machte Narr Mut.

Wie unterschiedlich und breit der Einsatz von Social Media sein kann, zeigte Ilmo Jokinen von der finnischen Organisation zur Prävention von Drogenmissbrauch (EHYT). In Finnland ist die unabhängige Gesundheits-NGO in fast allen Sozialen Netzwerken anzutreffen, wo sie spezielle Gruppen und Foren anbietet. Jugendliche können sich dort über Erfahrungen von Alkoholmissbrauch, Magersucht bis zur Scheidung der Eltern austauschen. Die Organisation bietet zwar keine Beratungsgespräche an, moderiert aber, falls es zu Streit kommt und verlinkt regelmäßig auf umfangreiche Wissensbibliotheken.

Zu Guter Letzt wurde das Projekt Youthpart mit dem Schwerpunkt ePartizipation vorgestellt. Da Youthpart eine eigene Veranstaltung anbot, bieten wir in Kürze hierzu einen gesonderten Artikel an.  

Bemerkenswert war in Vorträgen und Zuschauerfragen die Abkehr von den Fragen rund um “Risiken” der Sozialen Netzwerke. Andrang und Neugier der Zuschauer zeigten, dass die Pädagog(inn)en zur Anwendung übergehen wollen. Dies zeigte auch die im Raum verteilte Social-Media-Einführungs-Broschüre “SozPad”, die <link http: www.jugendhilfeportal.de db2 materialien eintrag sozpad-soziale-medien-fuer-organisationen-und-fachkraefte-in-der-kinder-und-jugendhilfe http www.ijab.de nc publikationen external-link-new-window>hier heruntergeladen werden kann.

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