Analyse
Rechtsextreme und Verschwörungsideologen nutzen den Krieg in der Ukraine für sich
Mit dem Krieg der russischen Regierung unter Wladimir Putin gegen die Ukraine geht eine immense Flut an Desinformationen und Verschwörungserzählungen einher. Rechtsextreme Akteure in Deutschland versuchen die Kriegsgeschehnisse zu ihren Gunsten zu deuten und in ihr verschwörungsideologisches Weltbild einzupflegen. Die Amadeu Antonio Stiftung beschreibt in einem Analyse-Papier, welche Gefahr davon ausgeht und was dagegen getan werden kann.
15.03.2022
Von Corona-Leugnern, über Neonazis bis zur „QAnon”-Bewegung: Rechtsextreme und verschwörungsideologische Akteure nutzen den Krieg in der Ukraine, um ihre menschenverachtenden, demokratiefeindlichen Erzählungen an das aktuelle politische Weltgeschehen anzupassen. Feindbilder bleiben dabei bestehen und zeitgeschichtliche Ereignisse werden so uminterpretiert, dass sie ins eigene Weltbild passen und vermittelbar bleiben. So verbreiten etwa Verschwörungsideologen aus der „Querdenken-Szene”, die seit jeher Kreml-treue Medien nutzen, Putins Desinformationen und unterstützen damit seinen Informationskrieg. Deutsche Neonazis sehen hingegen die Chance, den Mythos nationalsozialistischer Befreiungskämpfe aufleben zu lassen und feiern ukrainische Ultranationalisten als Helden.
„Rechtsextreme und verschwörungsideologische Akteure sind sehr erfinderisch, wenn es darum geht aktuelle politische Ereignisse in ihrem Sinne umzudeuten”, so Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. „Um etwa Antisemitismus zu verbreiten, wird Putin zum Teil einer jüdischen Weltverschwörung erklärt und Juden für den Krieg verantwortlich gemacht. Andere Akteure vermuten wiederum, dass es sich nicht um einen Krieg, sondern um ein Ablenkungsmanöver handele, das Regierungen mithilfe der Presse inszeniert hätten.”
Antidemokratische Weltsichten werden weiter gefestigt
Auch Rassismus gegen Geflüchtete wird im Kontext des Krieges in der Ukraine verstärkt geschürt. Ukrainische Geflüchtete werden dabei als „gute”, „kulturnahe” Flüchtlinge akzeptiert, während „nicht-weiße/nicht-christliche” Geflüchtete als illegal und bedrohlich dargestellt werden.
„Die Teile der deutschen Gesellschaft, die sich während der Corona-Pandemie bereits in wahnhafte Wirklichkeiten verabschiedet haben, werden in ihren Desinformationskanälen nun mit dem Aufhänger Russland-Ukraine-Krieg weiter mit antidemokratischen Weltsichten gefüttert”, so Simone Rafael, Leiterin des Digital-Bereichs der Amadeu Antonio Stiftung. „Praktisch kann das zu weiteren Angriffen auf die Gruppen führen, die kontinuierlich als Feindbild markierten werden – etwa Juden, Schwarze Menschen demokratische Politiker oder Journalisten.”
Die rechtsextremen und verschwörungsideologischen Deutungen rund um Krieg in der Ukraine sind vielseitig und zum Teil widersprüchlich. Doch sie alle zielen darauf ab, die Demokratie zu destabilisieren.
„Der Russland-Ukraine-Krieg verdeutlicht aufs Neue, welche großen Gefahren von Verschwörungsideologien ausgehen. Nicht nur, dass sich Menschen dadurch legitimiert sehen, gewalttätig zu werden, sie dienen sogar politischen Führungspersonen dazu, den Angriff auf ein anderes Land zu rechtfertigen”, so Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung.
Für die Präventionsarbeit bedeuten die aktuellen Entwicklungen, sich insbesondere in der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit wie auch in der Jugendarbeit noch stärker mit den Mechanismen von Desinformation und Verschwörungserzählungen zu beschäftigen. Damit Verschwörungsideologien erkannt und als solche benannt werden können, braucht es Aufklärungs- und Bildungsarbeit, die auch den Kontext aktueller Krisen thematisiert und aufarbeitet.
Das Analyse-Papier kann in Gänze auf der Website der Amadeu Antonio Stiftung nach gelesen werden.
Quelle: Amadeu Antonio Stiftung vom 09.03.2022
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