Kinderrechte
Maßnahmen gegen Kinderarmut und Chancengleichheit
Am Weltkindertag fordert der VPK-Bundesverband e.V. mehr Aufmerksamkeit für die 2,8 Millionen armutsgefährdeten Kinder in Deutschland. Trotz Grundversorgung sind viele vom sozialen Leben ausgeschlossen. Präsident Martin Adam verlangt umfassende Maßnahmen gegen Kinderarmut und besseren Zugang zu Bildung und Betreuung, um Chancengleichheit zu schaffen und die Bedürfnisse junger Menschen stärker in der Politik zu berücksichtigen.
10.10.2024
Fast jedes fünfte Kind unter 15 Jahren gilt in Deutschland als armutsgefährdet. Was dies für das Leben dieser Kinder bedeutet, hat kürzlich das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) genauer analysiert. Werden zwar die täglichen Grundbedürfnisse noch einigermaßen gedeckt, so kann ein Großteil der jungen Menschen nur sehr eingeschränkt am sozialen und kulturellen Leben teilnehmen. Am heutigen Weltkindertag richtet der VPK-Bundesverband e.V. einen eindringlichen Appell an Gesellschaft und Politik, die Bedürfnisse junger Menschen stärker in den Mittelpunkt des politischen Handelns und der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit zu rücken, denn die Situation vieler Kinder und Familien in Deutschland ist angespannt, wenn nicht sogar besorgniserregend.
Kinderarmut: Ein alarmierendes Problem
„In Deutschland fehlen nach wie vor überzeugende und umfassende Maßnahmen, um Kinderarmut zu bekämpfen, Kinderrechte umzusetzen und die Lebensbedingungen von jungen Menschenzu verbessern“, so Martin Adam, Präsident des Bundesverbandes privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. (VPK). „Die aktuellen Zahlen zur Kinderarmut sind nicht nur alarmierend, sondern völlig inakzeptabel für eine so wohlhabende Nation. Das muss sich ändern“, so Adam weiter.
Kinderarmut hat weitreichende Folgen: Sie wirkt sich negativ auf die körperliche und geistige Gesundheit, die Bildungschancen und das soziale Wohlbefinden aus.
„Gut gemeinten Ansätzen sind in den vergangenen Monaten keine überzeugenden Taten gefolgt. Die Bemühungen um eine Verbesserung der Kindergrundsicherung sind offenbar vielmehr einem prognostizierten gigantischen und kaum zu bewältigenden Bürokratieaufwand zum Opfer gefallen. Wir appellieren an die Bundesregierung, gezielte Programme zur Bekämpfung der Kinderarmut auszuweiten und in diesem Zusammenhang pragmatische und nachhaltige Lösungen anzubieten“,
so Martin Adam.
Junge Kinder: Besonders vulnerabel und schützenswert
Insbesondere die Angebote für junge Kinder müssen dringend ausgebaut und verbessert werden. Für den Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung bedeutet dies, dass bundesweit auch weiterhin mehr Kitaplätze geschaffen und diese finanziell so ausgestattet werden, dass eine qualitätsvolle und zuverlässige Betreuung für die Allerkleinsten sichergestellt werden kann. Nur so können Kinder auch außerhalb der Familie gestärkt aufwachsen und Eltern ihr Berufs- und Erwerbsleben erfolgreich bewältigen. Es ist entscheidend, dass alle Kinder, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, Zugang zu guter frühkindlicher Bildung haben.
Für die Heimerziehung fordert der VPK den Ausbau und die Förderung passgenauer Angebote für Kinder unter sechs Jahren.
„In den letzten Jahren haben uns immer mehr Anfragen zur Unterbringung sehr kleiner Kinder in der stationären Jugendhilfe erreicht. Pflegefamilien sind mit der Betreuung von Kindern, die im Laufe ihres kurzen Lebens bereits mehrfach aus ihren Herkunftsfamilien herausgenommen werden mussten, in vielen Fällen überfordert. Die Kinder erleben dadurch ständige Wechsel und Beziehungsabbrüche. Wir brauchen mehr Angebote in der stationären Jugendhilfe, um diesen besonders schutzbedürftigen und zum Teil traumatisierten Kindern die pädagogische und liebevolle Unterstützung geben zu können, die sie benötigen“,
so Martin Adam.
Angebote im Sozialraum: So wichtig wie nie!
Vereine, Initiativen und Jugendclubs spielen eine zentrale Rolle in der Freizeitgestaltung, Unterstützung und Bildung von jungen Menschen außerhalb von Familie und Schule. Sie bieten nicht nur soziale Kontakte, sondern auch Unterstützung und Förderung. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen bei der Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund kommt Angeboten im Sozialraum, die deren Selbständigkeit und Selbstwirksamkeit fördern, eine herausragende Bedeutung zu. Der VPK fordert die Sicherstellung sowie Aufstockung finanzieller Mittel für diese Angebote.
Inklusion oder Integration: Ein überzeugendes Gesetz oder doch nur eine Zwischenlösung?
Nach jahrelangen Beratungen und der Beteiligung zahlreicher Fachleute wurde in dieser Woche der Entwurf eines lange angekündigten inklusiven Kinder- und Jugendhilfegesetzes vorgelegt. Aus Sicht des VPK bleibt der Entwurf hinter den Erwartungen zurück. Die grundsätzlich begrüßenswerte Absicht eines gemeinsamen Dachs unter dem SGB VIII erfüllt seinen inklusiven Anspruch nur partiell. Zudem findet nach wie vor eine strikte Trennung und damit einhergehende Kategorisierung zwischen Menschen mit und ohne Behinderung statt, was den erwarteten inklusiven Geist nicht widerspiegelt. Und mag zwar der Ansatz, Anspruchsgrundlagen auch zukünftig voneinander zu trennen, im Sinne der jungen Menschen gut gemeint sein, so lässt die fehlende Konkretisierung im Gesetz die Umsetzung in der Praxis zumindest problematisch erscheinen. Fraglich ist auch, warum der Titel des Gesetzes nun nicht mehr den in der Novellierung verabschiedeten Begriff der Stärkung in sich trägt, sondern wieder allein auf den Hilfebegriff abstellt. Der VPK fordert ein Gesetz, das Inklusion bedarfsgerecht, ganzheitlich und im echten Interesse von jungen Menschen und Familien überzeugend umsetzt und dabei auskömmlich finanziert ist.
Bildung als Schlüssel zur Chancengleichheit
Bildung ist der Schlüssel zur Chancengleichheit. Der VPK setzt sich für eine gerechtere Verteilung der Bildungsressourcen und einen Ausbau von Fördermaßnahmen für benachteiligte junge Menschen ein. Es darf nicht länger von der sozialen Herkunft abhängen, wie erfolgreich ein Kind in der Schule ist. Unverzichtbar ist in diesem Zusammenhang auch die bessere Verzahnung von Schule und Jugendhilfe. Der VPK fordert eine strukturell verankerte partnerschaftliche Kooperation auf allen Ebenen und plädiert für die Umsetzung eines ganzheitlichen Lehrauftrags, der gesellschaftliche Themen aufgreift und dabei an die pluralen Lebensbedingungen junger Menschen anknüpft. Nur so kann gewährleistet werden, dass diese ihren Platz im Bildungssystem finden und sich mit ihren individuellen Ressourcen optimal entwickeln können. Zeit zu handeln! „Zuversicht braucht eine Basis.“ So fasste Bundesfamilienministerin Lisa Paus die Ergebnisse des 17. Kinder- und Jugendberichts vor zwei Tagen zusammen. Der VPK teilt diese Einschätzung voll und ganz.
„Nur durch die Schaffung zuverlässiger Strukturen und Angebote und die Begleitung durch vertrauenswürdige, engagierte und zugewandte Menschen in den Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe kann der von vielfältigen Krisen geprägten Generation junger Menschen ein gesundes, glückliches und zuversichtliches Aufwachsen gelingen. Kinder und Jugendliche müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Rechte geachtet und ihre Interessen bei politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen gehört werden. Und sie müssen überzeugende Hilfeangebote erhalten, wann immer sie diese benötigen. Der heutige Weltkindertag sollte den Auftakt für ein entsprechendes Umdenken und längst überfälliges Handeln bilden“,
so Martin Adam abschließend.
Quelle VPK Bundesverband e.V. vom 20.09.2024
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