Gender
Equal Pay: Ein Prinzip ohne Praxis – Juristinnenbund fordert effektives Gesetz

Frauen verdienen in Deutschland noch immer 21 Prozent weniger als Männer. Und das obwohl der Grundsatz der Entgeltgleichheit im deutschen wie europäischen Recht verankert ist - bislang ein Prinzip ohne Praxis sagt der Deutsche Juristinnenbund (djb) und fordert ein effektives Gesetz. Insbesondere fordert der Interessenverband eine Verbandsklagemöglichkeit, wie dies in anderen Rechtsbereichen auch der Fall ist.
18.03.2019
„Die Durchsetzungsschwäche ist so eklatant, dass der sogenannte Gender Pay Gap sich über Jahrzehnte hinweg kaum verringert hat. Es fehlt an Transparenz, durchsetzungsstarken sozialen Akteur/-innen und dem Willen der Verantwortlichen, Diskriminierungen zu beseitigen. Die gravierenden gesetzlichen Mängel müssen endlich behoben werden,“ sagt Maria Wersig, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds e.V. (djb).
Entgeltgleichheit ist gesetzlich nicht verpflichtend
Ein großes Manko ist, dass die betriebliche Prüfung der Entgeltgleichheit nicht gesetzlich verpflichtend ist. Das Entgelttransparenzgesetz enthält lediglich eine Aufforderung dazu. Für ein effektives Recht müssen außerdem staatliche oder zivilgesellschaftliche Institutionen ermächtigt werden, die Einhaltung der Entgeltgleichheit vor Gericht durchzusetzen. Gleiche Bezahlung gerichtlich einzufordern ist in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern allein den diskriminierten Personen überlassen. Indes bestehen im Verbraucherschutzrecht und dem Umweltschutz entsprechende Verbandsklagemöglichkeiten bereits.
Gleichstellung der Geschlechter eine staatliche Aufgabe
Wersig dazu: „Die Gleichstellung der Geschlechter ist, wie im Grundgesetz verankert, eine staatliche Aufgabe. Die Erreichung dieses Ziels kann also nicht ausschließlich denen überlassen werden, die selbst von Diskriminierung betroffen sind. Das ist umso unsinniger, da diese sich häufig in Vertragsbeziehungen befinden, die von einem strukturellen Machtungleichgewicht geprägt sind. Risiko und Kosten sind so hoch, dass Betroffene von ihren individuellen Rechten selbst dann kaum jemals Gebrauch gemacht haben, wenn sie von ihrer Benachteiligung wussten. Darüber hinaus hat eine erfolgreiche Individualklage keine rechtliche Wirkung auf vergleichbare Fälle; so bleiben diskriminierende Entgeltsysteme und -praxen selbst unangetastet.“
Gender Pay Gap zeigt Machtunterschiede und Diskriminierungen
Die Anträge der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die am 18.03.2019 in der öffentlichen Anhörung im Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend diskutiert werden, enthalten ebenfalls die Forderung nach einem Verbandsklagerecht. Auch die SPD forderte dies schon in einem Gesetzentwurf von 2012. Um die gravierenden Fehler des Entgelttransparenzgesetzes auszubessern, bedarf es aber weiterer gesetzlicher Schritte. Hierauf weist der Deutsche Juristinnenbund (djb) in seinen ausführlichen Stellungnahmen vom 27.02.2017 und vom 11.03.2019 hin. Der Gender Pay Gap zeigt die weiterhin fortbestehenden Machtunterschiede und Diskriminierungen in unserer Gesellschaft. Dem muss durch effektive gesetzliche Regelungen begegnet werden.
Die djb-Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 11. März 2019 steht beim Deutschen Juristinnenbund zur Verfügung. Dort findet sich auch die Stellungnahme zum Entgelttransparenzgesetz vom 06.03.2017.
Eine ausführliche Analyse zur Situation von Frauen auf dem Deutschen Arbeitsmarkt findet sich in einer aktuellen Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung.
Über den djb
Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) ist ein Zusammenschluss von Juristinnen, Volks- und Betriebswirtinnen zur Fortentwicklung des Rechts. Er ist unabhängig, überparteilich und überkonfessionell. Jede Frau, die Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften studiert hat oder studiert und an der Durchsetzung der Ziele unseres Verbandes interessiert ist, kann laut Satzung Mitglied werden. Weitere Informationen: www.djb.de
Quelle: Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 18.03.2019
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