unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Viermal mehr minderjährige Geflüchtete in Griechenland angekommen als im Vorjahreszeitraum

Zwischen Januar und Juni 2024 kamen in Griechenland über 6.400 unbegleitete minderjährige Geflüchtete an, mehr als viermal so viele wie im Vorjahr. Sie sind in überfüllten und schlecht versorgten Unterkünften untergebracht. Save the Children kritisiert, dass die neuen EU-Asylregeln die Lage der Kinder verschlimmern und fordert bessere Kinderschutzmaßnahmen und faire Asylverfahren.

07.08.2024

In Griechenland sind zwischen Januar und Juni 2024 über 6.400 minderjährige Geflüchtete angekommen – das sind mehr als viermal so viele Kinder und Jugendliche wie im Vorjahrszeitraum. Jedes vierte dieser Kinder war ohne Familie oder einen gesetzlichen Vormund unterwegs. Nach ihrer strapaziösen Reise sind die Minderjährigen in Griechenland mit überfüllten Unterkünften, unzureichender Versorgung und Schutzlosigkeit konfrontiert, bemängelt Save the Children.

Die Europäische Union verabschiedete im Juni die Reform des europäischen Asylsystems und verschärfte damit den Umgang mit schutzsuchenden Menschen an den Außengrenzen. Save the Children befürchtet, dass sich durch die neuen Bestimmungen die Situation für Kinder weiter verschlechtern wird, etwa durch eine längere Verweildauer in haftähnlichen Aufnahmeeinrichtungen und mehr Zurückweisungen an den Grenzen. In den griechischen Aufnahmezentren (Closed Controlled Access Centres, CCAC) herrschen schon jetzt menschenunwürdige Bedingungen. 

„Mit dem neuen EU-Pakt für Migration und Asyl droht eine drastische Einschränkung der Kinderrechte“, sagt Janneke Stein, Expertin für Flucht und Migration bei Save the Children Deutschland

„Alle Kinder haben ein Recht auf Schutz. Aber die Kinder, die unter lebensbedrohlichen Bedingungen in Griechenland ankommen, werden im Stich gelassen. Wir appellieren an die Regierungen der Mitgliedsstaaten, bei der Umsetzung der neuen EU-Regeln die Kinderrechte zu achten. Wir brauchen sichere und legale Zugangswege nach Europa, faire Asylverfahren sowie kindgerechte Aufnahme- und Unterbringungsbedingungen.“ 

Die Anwältin Fileri Kyriaki unterstützt für den Griechischen Flüchtlingsrat, einer Partnerorganisation von Save the Children, Geflüchtete auf der Insel Kos. „Wenn die Kinder hier ankommen, gibt es zu wenig medizinische Versorgung und keine Kapazitäten, um mögliche Gefahren zu erkennen“, sagt sie. Unbegleitete Kinder müssten zwei bis drei Wochen in einem eingezäunten Bereich des Aufnahmezentrums verbringen, bis sie in eine Unterkunft für unbegleitete Kinder gebracht würden. Während sie in diesem sogenannten sicheren Bereich seien und keinen Vormund hätten, gebe es niemanden, der ihnen Kleidung oder Schuhe bringen könne oder ein Handy, um ihre Familie anzurufen. 

„Das unbegleitete Kind kommt dort an und trägt noch die nasse Kleidung, die es bei seiner Ankunft anhatte, niemand kümmert sich darum, dass es etwas Trockenes zum Anziehen bekommt. Es gibt nichts zu tun, keine Aktivitäten, keine Freizeitangebote. Die Kinder langweilen sich und der Ort fühlt sich wie ein Gefängnis an, er ist ganz und gar nicht kinderfreundlich. Es ist ein mit Stacheldraht eingezäunter Container. Kinder, die mit ihren Familien gereist sind, können die Einrichtung verlassen, aber unbegleitete Kinder dürfen das nicht“,

sagt Kyriaki.

Im vergangenen Jahr stellten Save the Children und der Griechische Flüchtlingsrat fest, dass die meisten Asylanträge unbegleiteter Kinder abgelehnt wurden. Dadurch blieben sie ohne gültige Papiere und waren der Gefahr von Missbrauch und Ausbeutung ausgesetzt. Save the Children und der Griechische Flüchtlingsrat fordern die griechischen Behörden auf, dafür zu sorgen, dass jedem unbegleiteten und von der Familie getrennten Kind vom ersten Tag an eine spezielle Anlaufstelle oder ein Vormund zugewiesen wird. Außerdem müssen solide Kinderschutzdienste finanziert und die Lebensbedingungen für Kinder in den geschlossenen Zentren verbessert werden. 

Weitere Informationen

  • Zwischen Januar und Juni 2024 kamen laut einer Datenauswertung von Save the Children rund 5.580 Minderjährige über das Meer auf den griechischen Ägäis-Inseln an, 830 weitere erreichten Griechenland auf dem Landweg. Im ersten Halbjahr 2023 kamen 1.280 minderjährige Geflüchtete in Griechenland an.
  • Die UNHCR-Daten für Griechenland von Januar bis Juni 2024: https://data.unhcr.org/en/situations/mediterranean/location/5179.
  • Der Anteil der Kinder und der unbegleiteten Kinder unter den Angekommen wurde auf der Grundlage der Altersaufschlüsselung des UNHCR (Factsheet, April 2024) geschätzt.
  • Die Altersaufschlüsselung für 2023 stammt aus dem Factsheet vom Juni 2023.

Quelle: Save the Children vom 18.07.2024

Redaktion: Paula Joseph

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