DKHW
Verfahrensbeistände für Kinder müssen in familiengerichtlichen Verfahren Standard werden
Das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) kritisiert, dass die Bestellung von Verfahrensbeiständen für Kinder in Kindschaftssachen noch immer nicht gerichtlicher Standard ist. Zwar ist in allen Bundesländern ein Aufwärtstrend zu beobachten, vielerorts ist dies jedoch in mehr als der Hälfte der Verfahren nicht der Fall.
09.12.2020
Eine aktuelle Auswertung des Deutschen Kinderhilfswerks von Daten des Statistischen Bundesamtes zeigt, dass zwar in allen Bundesländern ein Aufwärtstrend zu verzeichnen ist, aber lediglich in Hessen (53,9 Prozent), Bremen (51,8 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (51,5 Prozent) in der Mehrzahl dieser Verfahren (Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen) Verfahrensbeistände vom Gericht bestellt werden. Am schlechtesten schneiden Berlin (34,0 Prozent), Nordrhein-Westfalen (37,5 Prozent) und Rheinland-Pfalz (37,6 Prozent) ab.
Unabhängige Vertrauensperson für Kinder
„Kinder brauchen in Justizverfahren eine professionelle Begleitperson, dies ist zur Wahrnehmung ihrer Interessen im Regelfall erforderlich. In familiengerichtlichen Verfahren ist dies der Verfahrensbeistand, der nur ihr Wohl und ihre Interessen vertreten soll – und nicht die der Eltern. Er soll unabhängig und für das Kind eine Vertrauensperson sein. Leider wird in vielen Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionsverfahren kein Verfahrensbeistand bestellt. Die Quote für die Bestellung liegt derzeit in drei Bundesländern knapp über 50 Prozent, in allen anderen teils deutlich darunter. Hier muss es zu einem Umdenken bei den Richterinnen und Richtern kommen, die Bestellung von Verfahrensbeiständen muss bei der Möglichkeit eines erheblichen Interessensgegensatzes zwischen dem Kind und seinen Eltern auch in der Verfahrenspraxis zum Regelfall werden. Bisher besteht zudem keine Begründungspflicht beim Absehen von einer Bestellung. Es wird auch nicht genauer aufgeschlüsselt, in welcher Art von Verfahren von der Bestellung abgesehen wird. Auch das muss sich ändern“, betont Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Bestellung von Verfahrensbeiständen erfolgt ohne transparente Kriterien
Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert zudem, dass die Bestellung von Verfahrensbeiständen ohne Beteiligung des Kindes und ohne transparente Kriterien erfolgt. Das ist problematisch, da es keinerlei Möglichkeit für das Kind gibt, auf die Auswahl durch die Nennung bestimmter Kriterien Einfluss zu nehmen und im Zweifel den Verfahrensbeistand abzulehnen. Dies birgt die Gefahr, dass der Verfahrensbeistand eher dem Richter gefallen möchte, als die Rechte des Kindes wahrzunehmen. Allerdings soll nach dem Gesetzentwurf der Großen Koalition zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder das Gericht die Bestellung bei einer Gefahr für die Interessen des Kindes aufheben können. Problematisch ist aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes zudem, dass es keine Standards und keine Daten zur Qualifikation der Verfahrensbeistände in Deutschland gibt. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen zu den fachlichen Anforderungen sind nicht ausreichend, um zu garantieren, dass nur noch qualifizierte Begleitpersonen für Kinder bestellt werden können.
Weitere Informationen zum Thema „Kindgerechte Justiz“ sowie die kompletten Daten zu den Verfahrensbeiständen finden sich auf der Webseite des Deutschen Kinderhilfswerks.
Quelle: Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Termine zum Thema
Materialien zum Thema
-
Webangebot / -portal
Informationen zum Thema "Einrichtungsaufsicht"
-
Studie
Demokratiebildungsprozesse bei Kindern im Übergang von der Kita in die Grundschule.
-
Studie
Explorative Studie: Kinderrechtebasierte Demokratiebildung im außerunterrichtlichen Ganztag. Ergebnisse einer bundesweiten quantitativen Befragung pädagogischer Fachkräfte im Hort und Ganztag im Primarbereich
-
Broschüre
Kinder- und Jugendhilfe in der Krise – Zur Frage der Rechtmäßigkeit pauschaler Standardabsenkung bei (vorläufiger) Inobhutnahme und Hilfegewährung für geflüchtete unbegleitete Minderjährige
-
Broschüre
Mitsprechen, mitbestimmen, mitgestalten – Praxiswissen zu Beteiligung in der Heimerziehung (SOS kompakt, Ausgabe 8)
Projekte zum Thema
-
Kinderschutz und Kinderrechte in der digitalen Welt
-
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Medizinische Kinderschutzhotline
-
Deutsche Kinderschutzstiftung Hänsel+Gretel
DAS GROSSE KINDERRECHTE-SPIEL
-
Children for a better World e.V.
CHILDREN Kinderbeirat
-
Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
„Jugendhilfe macht’s möglich?! Rechte junger Geflüchteter und ihrer Familien stärken“
Institutionen zum Thema
-
Oberste Landesjugendbehörde
Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstsein
-
Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
faX Fachberatungsstelle bei sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend für Stadt und Landkreis Kassel
-
Oberste Landesjugendbehörde
Ministerium für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung
-
Sonstige
ZAnK – Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte und Mediation
-
Sonstige
Koordinationsstelle Kinderarmut des LVR-Landesjugendamts (Landschaftsverband Rheinland)