Flucht und Migration

Mehr und mehr Geflüchtete nutzen Bildungsangebote und integrieren sich in den Arbeitsmarkt

Immer mehr Geflüchteten gelingt die Integration in das deutsche Bildungssystem und in den Arbeitsmarkt. Das zeigt eine gemeinsame Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), des Forschungszentrums des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) am DIW Berlin.

25.01.2019

Basis der Studie bildet eine repräsentative Wiederholungsbefragung von Geflüchteten, die in den Jahren 2013 bis 2016 nach Deutschland gekommen sind. In den Jahren 2016 und 2017 wurden dafür jeweils rund 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer befragt, knapp 3.000 von ihnen waren bei beiden Befragungswellen dabei.

Mehr Sprachkurse, dennoch erheblicher Bedarf bei der Sprachförderung

Die Hälfte der in den Jahren 2013 bis 2016 nach Deutschland gekommenen Geflüchteten besuchte bei der Folge-Befragung 2017 einen Integrationskurs oder hatte diesen bereits abgeschlossen – im Jahr 2016 traf dies erst auf ein Drittel zu. Betrachtet man nicht nur die Integrationskurse, sondern alle Arten von Sprachkursen, hatten 2017 sogar insgesamt drei Viertel der Geflüchteten an mindestens einem Sprachkurs teilgenommen. Dementsprechend berichtete 2017 rund ein Drittel (33 Prozent) der Geflüchteten von guten oder sehr guten Sprachkenntnissen – fast doppelt so viele wie bei der ersten Befragung im Jahr 2016 (18 Prozent). Ein weiteres Drittel berichtete 2017 von mittleren deutschen Sprachkenntnissen. Diese Selbsteinschätzungen deckten sich im Großen und Ganzen mit den Einschätzungen der Interviewerinnen und Interviewer zu den Sprachkenntnissen der Befragten.

„Wenn man bedenkt, dass der Erwerb der deutschen Sprache ein bedeutender Schlüssel für die Integration ist, sind diese Zahlen besonders erfreulich,“ kommentiert BAMF-Forscherin Nina Rother. „Die Erhebung zeigt allerdings auch, dass noch ein erheblicher Bedarf bei der Sprachförderung insgesamt und insbesondere für Frauen mit Kindern besteht.“

Rund zehn Prozent der erwachsenen Geflüchteten gingen 2017 in Deutschland zur Schule, studierten oder machten eine Ausbildung. Damit ist die Bildungsbeteiligung unter den Geflüchteten gegenüber der ersten Befragungswelle im Jahr 2016 um vier Prozentpunkte gewachsen. Insgesamt hat rund ein Fünftel der Geflüchteten, die 2016 angaben, eine Bildungseinrichtung in Deutschland besuchen zu wollen, diesen Wunsch 2017 umgesetzt. Der noch recht geringe Anteil sei teils auf noch nicht ausreichende Sprachkenntnisse, teils auf fehlende allgemeinbildende oder berufsbildende Voraussetzungen zurückzuführen, so die Studie.

Integration in den deutschen Arbeitsmarkt geht gut voran

Rund 20 Prozent der seit 2015 zugezogenen Geflüchteten gingen im Jahr 2017 einer Erwerbstätigkeit nach. Bis Oktober 2018 ist dieser Anteil auf 35 Prozent gestiegen, wie aktuelle Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen. „Die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt geht gut voran“, stellt IAB-Forscher Herbert Brücker fest. „Diese Ergebnisse sollten ein Ansporn sein, Geflüchtete bei der Integration in den Arbeitsmarkt weiter mit gezielten Maßnahmen zu unterstützen, zum Beispiel indem Qualifikationen schneller anerkannt werden“, erklärt Brücker.

Geflüchtete Frauen sind allerdings deutlich seltener am Arbeitsmarkt aktiv als geflüchtete Männer. Die Unterschiede hängen der Studie zufolge teilweise mit den Familienkonstellationen zusammen, insbesondere wenn Kleinkinder zu betreuen sind.

Nicht geringes Risiko psychischer Erkrankungen

Erstmals wurde bei einer repräsentativen Befragung Geflüchteter in Deutschland auch das Thema Gesundheit angesprochen. Zwar sind der physische Gesundheitszustand und die allgemeine Gesundheitszufriedenheit der Geflüchteten gut, aber es zeigen sich deutlich höhere Risiken von psychischen Erkrankungen wie Depressionen bei den Geflüchteten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Auch zeichnet sich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit posttraumatischer Belastungsstörungen bei den Geflüchteten ab. Dies trifft insbesondere für geflüchtete Frauen und Ältere zu. „Das heißt allerdings nicht, dass die große Mehrheit von solchen Erkrankungen betroffen ist“, betont DIW-Forscher Hannes Kröger. „Nichtsdestotrotz muss hier gezielt geholfen werden, denn eine psychische Belastung stellt ein gewaltiges Hindernis für die Integration in Deutschland dar.“

Download des DIW Wochenberichts 4/2019 (PDF, 2.9 MB)

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)

Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) ist seit 1925 eines der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland. Es erforscht wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Zusammenhänge in gesellschaftlich relevanten Themenfeldern und berät auf dieser Grundlage Politik und Gesellschaft. Das Institut ist national und international vernetzt, stellt weltweit genutzte Forschungsinfrastruktur bereit und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Das DIW Berlin ist unabhängig und wird als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert.

Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)

Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Das SOEP im DIW Berlin wird als Teil der Forschungsinfrastruktur in Deutschland unter dem Dach der Leibniz-Gemeinschaft vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und den Ländern gefördert. Für das SOEP werden seit 1984 jedes Jahr vom Umfrageinstitut Kantar Public (zuvor TNS Infratest Sozialforschung) in mehreren tausend Haushalten statistische Daten erhoben. Zurzeit sind es etwa 30.000 Personen in etwa 15.000 Haushalten. Die Daten des SOEP geben unter anderem Auskunft über Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung, Gesundheit und Lebenszufriedenheit. Weil jedes Jahr dieselben Personen befragt werden, können nicht nur langfristige gesellschaftliche Trends, sondern auch die gruppenspezifische Entwicklung von Lebensläufen besonders gut analysiert werden.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung von IAB, BAMF und SOEP am DIW Berlin vom 25.01.2019

Redaktion: Kerstin Boller

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