Kinder- und Jugendarbeit

Jugendarbeit am Pranger der Kriminologie

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ, Norbert Struck, bringt sich in die von Prof. Dr. Pfeiffer aufgeworfene Debatte ein.

19.02.2006

 

Norbert Struck, Vorsitzender der AGJ - Foto: AGJ Norbert Struck: "Was Kinder- und Jugendarbeit angeht, weiß Herr Pfeiffer offensichtlich nicht, wovon er spricht."

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ, Norbert Struck, bringt sich in die von Prof. Dr. Pfeiffer aufgeworfene Debatte ein: In einem Interview für die TAZ  spricht er sich gegen stereotype Pauschalisierungen und eine Vernachlässigung der Gruppe der älteren Kinder und Jugendlichen aus. 

 

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Er ist Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V., war von 2000 bis 2003 SPD-Justizminister des Landes Niedersachsen, der Berliner Tagesspiegel bezeichnete ihn dereinst als „Entertainer der Kriminalstatistik“: Der Kriminologe Prof. Dr. Christian Pfeiffer vertritt mit herausragender Medienpräsenz Thesen, denen ein nicht unerheblicher Einfluss in politischen Entscheidungsetagen nachgesagt wird. Seine Mitte Januar in einem Interview der TAZ getätigten Äußerungen traten in der Jugendhilfeszene einigen Wirbel los. Pfeiffer wirft hier der Kinder- und Jugendarbeit im Hinblick auf Kriminalprävention weitgehendes Versagen vor. Öffentliche Gelder seien an der Zielgruppe vorbei in konzeptlos und unengagiert betreute Jugendzentren (fehl-)investiert worden, deren Bestrebungen sich mehr auf das Reparieren als auf eine Vorbeugung konzentrierten. Ein präventionswirksamer Einsatz von Mitteln müsse sich demgegenüber verstärkt auf den Bereich der Kindertagesbetreuung richten und darüber hinaus bereits bei den werdenden Müttern ansetzen. 

Nur drei Tage nach Erscheinen des Interviews regte sich erste öffentlich wahrnehmbare Empörung in Gestalt eines von Norbert Kozicki vom Falkenbildungswerk NRW verfassten Offenen Briefes. Der Verfasser stellt den Realitätsbezug der von Prof. Dr. Pfeiffer vertretenen Auffassungen in Frage, indem er unter Hinzuziehung konkreter Zahlen die präventive Wirksamkeit der Offenen Kinder- und Jugendarbeit unterstreicht. 
Der öffentliche Zorn der Profession sollte hier noch nicht enden: Mehr als 1000 Unterzeichnende aus Theorie und Praxis der Kinder- und Jugendarbeit fand ein von Dr. Werner LindnerProf. Dr. Albert Scherr sowie Prof. Dr. Benedikt Sturzenhecker initiierter Offener Brief bis zum Stichtag 13. Februar. Pfeiffers Angriffen gegen das Arbeitsfeld Kinder- und Jugendarbeit werden hier empirische Haltlosigkeit sowie die fahrlässige Propagierung vorurteilshafter Sichtweisen attestiert. Den durchaus zugestandenen Optimierungsbedarfen müsse man mit gezielten Investitionen begegnen, nicht mit pauschalen Diffamierungen. 

Mit dem hier aufgefachten Disput ist eindeutig neuer Schwung in die auch innerhalb der Kinder- und Jugendarbeit durchaus nicht neue Qualitätsdebatte gekommen. Angesichts eines aus zunehmender Finanzknappheit gestiegenen Legitimationsdrucks scheint eine argumentative Wappnung durchaus angeraten.

Quelle: Ilja Koschembar

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