Projekt SchutzJu

„Es muss rote Linien geben“ – Schutzkonzepte in der Internationalen Jugendarbeit

Schutzkonzepte in der Internationalen Jugendarbeit: Was gibt es schon? Was bedeuten Schutzkonzepte für Förderstellen Internationaler Jugendarbeit? Kann es einen allgemeinen Standard für Schutzkonzepte geben? Fragen, die beim Barcamp „Schutzkonzepte und Internationale Jugendarbeit“ von IJAB und der Universität Kassel am 9. und 10. Februar 2023 diskutiert wurden. Rund 35 Interessierte nahmen an der Veranstaltung in Kassel teil.

09.03.2023

Prof. Dr. Elisabeth Tuider von der Universität Kassel, und Christoph Bruners, Koordinator bei IJAB für den Bereich Qualifizierung und Weiterentwicklung der Internationalen Jugendarbeit, nahmen zunächst eine Einordnung des Barcamps vor. Das Barcamp war und ist Teil eines Auseinandersetzungsprozesses zum Thema Schutzkonzepte, der seit längerer Zeit stattfindet und im Transfer-Projekt „SchutzJu“ verortet ist. Dieses Projekt setzt verschiedene Schwerpunkte, einer davon ist die Internationale Jugendarbeit. „SchutzJu“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über die Förderlinie „Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zum Transfer von Forschungsergebnissen aus dem Bereich Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt in pädagogischen Kontexten“ an verschiedenen Standorten unterstützt wird, sieht die Entwicklung von Schutzkonzepten, Instrumenten und Tools vor, die den unterschiedlichen Akteuren im Feld  der Internationalen Jugendarbeit mehr Sicherheit in ihrer praktischen Arbeit bieten sollen.

Safeguarding hat höchste Priorität

Kari Morgan, Projektleiterin beim Boys' and Girls' Clubs of Wales (BGC Wales), gab in ihrem Impuls Eindrücke vom Umgang mit Schutzkonzepten in Wales und welche Rolle diese in der Zusammenarbeit mit internationalen Partnerorganisationen spielt. Sie machte deutlich, dass das Thema Schutz (“Safeguarding“) in der Arbeit ihrer Organisation höchste Priorität hat. Teilnehmende an Projekten sollen sich sicher fühlen. In den vom BGC umgesetzten Maßnahmen gibt es daher immer eine Ansprechperson, an die sich die Teilnehmenden bei Problemen wenden können. BGC handelt nach der Prämisse, dass Personen, die in Jugendprojekten Verantwortung für andere Personen übernehmen, bereit sein müssen, gewisse Sicherheitsstandards bzw. einen “Code of Conduct“ anzuerkennen. Wer dazu nicht in der Lage ist, kann das Projekt nicht leiten.

Inhalte der Sessions

Moderatorin Margaux Richet trug im Anschluss die von den Teilgebenden eingebrachten Vorschläge für Sessions zusammen. Und so standen nachfolgende Inhalte zur weiteren Diskussion:

  • Was bedeuten Schutzkonzepte für fördernde Institutionen?
  • Was unterscheidet ein Schutzkonzept in der internationalen Jugendarbeit von Schutzkonzepten auf der lokalen/nationalen Ebene?
  • Mit internationalen Partner:innen über Schutzkonzepte ins Gespräch kommen
  • Was ist Gewalt? Formen der Gewalt
  • Sensibilisieren und Qualifizieren von Teamer*innen
  • Diversitätssensible Schutz-/Awarenesskonzepte
  • Was ist bei der Entwicklung von partizipativen Schutzkonzepten zu beachten?
  • Schutzkonzepte für individuellen Schüler:innenaustausch

Schnell wurde in den Diskussionen deutlich: Es tut sich was, das Thema bewegt das Arbeitsfeld. In der Session zu „Was bedeuten Schutzkonzepte für fördernde Institutionen?“ verwiesen verschiedene Organisationen, wie die Deutsch-Türkische Jugendbrücke oder die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung, auf bereits entwickelte Konzepte bzw. Abläufe oder Standards. Fragen wie z. B. „Wie lässt sich die Evidenz von Vorkommnissen belegen und darstellen?“ „Wie reagieren ausländische Partnereinrichtungen auf Standards, die deutsche Träger gesetzt haben?“ „Wie können Ehrenamtliche sensibilisiert werden?“ „Ist eine Aufteilung in Muss-, Soll- und Kann-Bestimmungen sinnvoll?“ oder „Können die Fach- und Förderstellen der Internationalen Jugendarbeit einen gemeinsamen Standard entwickeln?“ müssen in dem Kontext weiter betrachtet und sollten gemeinsam von den handelnden Akteur:innen bearbeitet werden.

Empowerment als zentrale Aufgabe der Teamer:innen-Ausbildung

In einer weiteren Session zu Fragen der Qualifizierung und Sensibilisierung von Teamer:innen ist in Bezug auf das Thema „Schutz“ Empowerment das Schlagwort: Der Anspruch an Qualifizierungsmaßnahmen müsse sein, Teamer:innen dabei zu unterstützen, Problemlagen zu erkennen und den Umgang damit zu vermitteln. Ebenso wichtig sei es Strukturen zu benennen, an die sich Betroffene wenden können. Zum Beispiel gibt die Deutsche Sportjugend (dsj) ihren Teamer:innen immer bei Maßnahmen entsprechende Notfallnummern mit auf den Weg. Zudem bindet die dsj das Thema Risikofaktoren in ihre Schulungen für Teamer:innen ein.

Wie kann es weitergehen?

Nachdem in den beiden Tagen in drei Zeitslots acht unterschiedliche Sessions durchgeführt wurden, gab ein offener Gallery Walk einen Einblick in alle geführten Diskussionen. In einer abschließenden Runde wurde darauf aufbauend nochmal Raum für Austausch und Vernetzung gegeben: Gemeinsam wurde zu Bedarfen an Instrumenten, noch offenen Ideen und Themen sowie der Ausgestaltung von Netzwerken gebrainstormt. Dabei wurde deutlich, dass die Notwendigkeit für den weiteren Austausch zur Thematik auch nach Abschluss des Barcamps weiter besteht.

Die Möglichkeiten dazu stellte am Ende der Veranstaltung Prof. Tuider vor, in dem sie die nächsten Schritte im Rahmen des SchutzJu-Teilprojekts „Internationale Jugendarbeit“ skizzierte. Auf einer digitalen Plattform sollen Tools wie Konzepte, Leitlinien, Checklisten etc. abgebildet werden, die im Kontext von Schutzkonzepten unterstützen können. Dem Barcamp wird ein digitales Nachbereitungstreffen folgen. Zudem lädt Prof. Tuider die Anwesenden ein, ad-hoc an der Arbeitsgruppe Schutzkonzepte teilzunehmen und sich dort in die Debatten einzubringen. Vom 30.11. bis zum 01.12.2023 ist ein Workshop mit internationaler Beteiligung geplant. Stay tuned!

Über das Projekt SchutzJu

Das Verbundprojekt „SchutzJu – Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendarbeit & Jugendsozialarbeit“ wird im Rahmen der dritten BMBF-Förderlinienphase „Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zum Transfer von Forschungsergebnissen aus dem Bereich Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt in pädagogischen Kontexten“ (Laufzeit 2021 - 2024) umgesetzt. Es erforscht in vier Teilprojekten kooperativ und partizipativ die Ermöglichungen und Barrieren der Implementierung von Schutzkonzepten in der Kinder- und Jugendarbeit & Jugendsozialarbeit. Das Arbeitsfeld Internationale Jugendarbeit ist eines der Teilprojekte. An der Umsetzung dieses Teilprojekts wirkt IJAB- Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. als Praxispartner mit.

Quelle: IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. vom 03.03.2023

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