Kindheitsforschung

Dribbeln statt Daddeln - erste Ergebnisse des LBS-Kinderbarometers veröffentlicht

Kinder sitzen nur noch vor dem Computer, bewegen sich nicht und beschäftigen sich mehr mit ihrem Handy als mit den Schulaufgaben. Diese und andere Vorurteile sind in der Gesellschaft weit verbreitet, werden nun aber durch das Ergebnis des neuen LBS-Kinderbarometers erschüttert.

01.12.2011

So nennen 33 Prozent der mehr als 10.000 befragten Kinder in ganz Deutschland Sport an erster Stelle, wenn es darum geht, was ihnen zurzeit den größten Spaß bereitet. Was denken Deutschlands Kinder also wirklich? Was beeinflusst ihr Wohlbefinden und welche Wünsche haben sie an ihre Eltern? Das LBS-Kinderbarometer lässt Kinder selbst zu Wort kommen und befragt sie zu Themen wie Mediennutzung, Wohnumgebung oder Elternhaus.

Das überraschendste Ergebnis: Sport bereitet Kindern zurzeit mit Abstand den größten Spaß. Mit 33 Prozent liegt Sport damit weit vor anderen Tätigkeiten wie Lesen oder Computer spielen. Besonders der Vergleich zum Computer spielen beeindruckt: Nur 6 Prozent der mehr als 10.000 befragten Kinder nennen das Spielen mit dem Computer, wenn es darum geht, was ihnen zurzeit den größten Spaß bereitet. „Entgegen der landläufigen Meinung liegt Sport damit mehr als fünf Mal höher in der Gunst der 9-14-Jährigen“, sagt Dr. Christian Schröder von der LBS.

Weitere Erkenntnisse der Studie: Computer und Schule haben bei Kindern einen relativ geringen Stellenwert (je 6 Prozent der Kinder), wenn es darum geht zu erfahren, woran die Kinder zurzeit den größten Spaß haben. Lesen und Chillen (3 Prozent) landen ebenfalls auf den hinteren Plätzen.
„Statistiken, beispielsweise zur täglichen Nutzung des Computers, reichen nicht aus, um tatsächlich Rückschlüsse über das Verhalten der Jugendlichen ziehen zu können“, kommentiert Prof. Dr. mult. Dr. h. c. mult. Wassilios E. Fthenakis, Sprecher des Beirats des LBS-Kinderbarometers, die Ergebnisse. „Zum Wohlbefinden tragen viele Faktoren bei, die Erwachsene oft gar nicht wahrnehmen.“

„Wenn wir etwas über die Kinder von heute erfahren wollen, müssen wir sie selbst fragen“, erklärt Anja Beisenkamp, Leiterin des PROSOZ Instituts für Sozialforschung – PROKIDS und verantwortlich für die empirische Befragung. „Die Kindheit ist eine eigenständige Lebensphase mit eigener Kultur und eigenen Regeln. Kindheit unterscheidet sich heute deutlich von der vor 20 oder 30 Jahren. Man denke nur an die rasanten Veränderungen in der Medienwelt der letzten Jahre.“ Erkenntnisse zu relevanten Fragen über die heutige Kindheit können somit nur von den Kindern gegeben werden.

Dieser Philosophie folgend wurden auch 2011 wieder mehr als 10.000 Kinder zwischen 9 und 14 Jahren zu verschiedenen Aspekten aus allen wichtigen Lebensbereichen befragt. Anja Beisenkamp: „Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage nach dem aktuellen Wohlbefinden der Kinder. Das LBS-Kinderbarometer greift aktuelle Themen auf und untersucht, ob und wie sich diese positiv oder negativ auf das Wohlbefinden auswirken.“

Wünsche an die Eltern
Die Studie fragt aber auch konkret danach, was sich die Kinder von ihren Eltern wünschen. Reicht die gemeinsame Zeit in der Familie? Wofür würden Kinder gerne mehr oder weniger Zeit mit ihren Eltern verbringen? Das LBS-Kinderbarometer gibt konkrete Antworten, wofür genau die gemeinsame Familienzeit verwendet werden sollte.

Die Kinder wünschen sich grundsätzlich mehr gemeinsame Zeit mit ihren Eltern. Das LBS-Kinderbarometer zeigt aber auch, dass die Mehrheit der Kinder mit den Arbeitszeiten der Eltern zufrieden sind. Wenn ein Elternteil weniger Zeit mit Arbeiten verbringen sollte, dann der Vater. 33 Prozent der Kinder wünschen sich dies.

Faktoren für das Wohlbefinden der Kinder
Was beeinflusst nun aber konkret das Wohlbefinden? Das LBS-Kinderbarometer gibt hierauf sehr umfassend Antwort. So hat vor allem Familie, gefolgt von Schule den größten Einfluss auf ein positives Allgemeinbefinden. Die Arbeitslosigkeit der Eltern hat dagegen keine nachweislichen Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden der Kinder.
Chart: Allgemeines Wohlbefinden
Seit der Erhebung 2009 ist der Alleinbesitz sowohl von Computern als auch von Internetzugängen gestiegen. Ein weiteres Ergebnis gibt Aufschlüsse über die Mediennutzung. Fokussieren sich Jugendliche auf das Spielen am Computer, so geht dies meist einher mit einem geringeren schulischen Wohlbefinden. Keinen Internetzugang zu haben hängt mit einem geringeren Wohlbefinden im Freundeskreis, aber auch in der Schule zusammen. „Für uns ist das eine sehr wichtige Erkenntnis“, erklärt Paula Honkanen-Schoberth, Bundesgeschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes Bundesverband (DKSB) e. V. „Mit diesen Ergebnissen können wir unsere Beratungsangebote optimieren und Eltern genauso wie Kindern wichtige Unterstützung im Alltag geben.“ 

Quelle: LBS

Back to Top