Abstammungsrecht
Diskriminierungsfreies Abstammungsrecht jetzt!


Am ersten Oktoberwochenende leitete das Bundesministerium der Justiz Entwürfe zur Reform des Familienrechts an die Länder weiter. Ein Bündnis aus verschiedenen Organisationen begrüßt die Verbesserung der Rechte queerer Familien, kritisiert jedoch die Gleichstellung von Samenspendern mit leiblichen Vätern und die Einführung der Kategorie „biologisches Geschlecht“.
30.10.2024
Am ersten Oktoberwochenende 2024 hat das Bundesministerium der Justiz Gesetzesentwürfe für eine umfassende Reform des Familienrechts an die Länder weitergeleitet. Die Reform des Abstammungsrechts ist dringend geboten. Zugleich dürfen die Rechte queerer Familien und ihrer Kinder nicht zum Pfand für neuerliche Diskriminierungen werden. Ein Bündnis aus Deutschem Juristinnenbund (djb), Initiative Nodoption, Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Jurist*innen (BASJ), TIN-Rechtshilfe, Deutscher Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit (dgti), Intergeschlechtliche Menschen e.V., Bundesverband Trans* (BVT*) und LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt kommentiert:
Der Entwurf sieht eine längst überfällige Verbesserung der rechtlichen Situation von Kindern queerer Eltern vor. Insbesondere die bisherige geschlechtsbezogene Diskriminierung bei der Zuordnung eines zweiten Elternteils soll beseitigt werden. Das begrüßt das Bündnis ausdrücklich.
Das Bündnis kritisiert jedoch die vorgesehene Reform des Anfechtungsrechts als zu weitgehend. Der genetische Beitrag leiblicher Väter darf gegenüber der sozial-familiären Elternschaft nicht unverhältnismäßig aufgewertet werden. Dass in dem Gesetzesentwurf Samenspender mit leiblichen Vätern gleichgestellt werden, entspricht nicht der Bedeutung ihres Beitrags an der Entstehung des Kindes.
Der Entwurf führt erstmals die Kategorie „biologisches Geschlecht“ im Abstammungsrecht ein. Eltern, die ihren Geschlechtseintrag geändert haben, sollen mit dem ihnen bei Geburt zugeordneten Geschlecht in das Geburtenregister eingetragen werden. Ein Bezug auf ein „biologisches“ Geschlecht widerspricht dem Geschlechtsverständnis des Bundesverfassungsgerichts, das festgestellt hat, dass das Geschlecht einer Person ganz wesentlich von dem von ihr selbst empfundenen Geschlecht abhängt. Auch das jüngst verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz hat Selbst- statt Fremdbestimmung versprochen.
Der Entwurf sieht keine zufriedenstellende Rückwirkungsmöglichkeit vor. Für alle „Nodoption“-Familien muss gelten, dass die anhängigen Gerichtsverfahren begründet sind und die Kosten vom Staat übernommen werden. Nur so würde das Unrecht, das die Familien über viele Jahre erfahren haben, zumindest partiell anerkannt.
Schließlich kritisiert das Bündnis, dass die Reform des Abstammungsrechts mit dem Gesetzgebungsverfahren zur Verhinderung sogenannter missbräuchlicher Vaterschaften verknüpft wird.
Mehr lässt sich in der gemeinsamen Kurzeinschätzung zum Gesetzesentwurf für die Reform Abstammungsrechts nachlesen.
Das Bündnis fordert:
- Samenspender dürfen bei der Elternschaftsanfechtung nicht mit leiblichen Vätern gleichgestellt werden.
- Die Einführung der Kategorie „biologisches Geschlecht“ ist ersatzlos zu streichen. Selbstbestimmte Geschlechtsbezeichnungen sind auch bei der Bezeichnung des Elternstatus anzuerkennen.
- Für anhängige gerichtliche Feststellungsverfahren ist im Gesetz vorzusehen, dass der Feststellungsantrag begründet ist und der Staat die Kosten der Verfahren trägt.
- Das Abstammungsrecht muss unabhängig von dem Gesetz zur Verhinderung sogenannter missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen reformiert werden.
Weitere Informationen:
- Kurzeinschätzung zum Gesetzesentwurf für die Reform des Abstammungsrechts
- Leitplanken für die Reform des Abstammungsrechts (Pdf: 395 KB)
- Gemeinsame PM des Leitplankenbündnis aus dem Juli 2024
- Kampagne „Gleiche Rechte für queere Familien: Rote Karte für die Stiefkindadoption!“
- Chronik Reform des Abstammungsrechts
Der LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt e.V. ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*, intergeschlechtlichen und queeren Menschen (LSBTIQ*). Menschenrechte, Vielfalt und Respekt – das Bündnis will, dass LSBTIQ* als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden.
Termine zum Thema
Materialien zum Thema
-
Nachschlagewerk
Good-Practice-Sammlung zur pädagogischen Arbeit gegen Hass im Netz
-
Webangebot / -portal
Sicher aufwachsen trotz häuslicher Gewalt
-
Broschüre
„An alle gedacht?! – Medienpädagogik intersektional gestalten und Beteiligung aller ermöglichen“
-
Zeitschrift / Periodikum
Außerschulische Bildung Nr. 4/2023: Gender und Diversity
-
Broschüre
Diagnostisches Fallverstehen – Psychosoziale Arbeit mit jungen geflüchteten Menschen
Projekte zum Thema
-
Jugendnetzwerk Lambda e.V.
Digitales queeres Jugendzentrum: lambda space
-
Jugendnetzwerk Lambda e.V.
Queersupport
-
Frauenhauskoordinierung e.V.
Sicher Aufwachsen Portal
-
Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e.V.
Medienkoffer „Geschlechtervielfalt in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, in Grundschulen und Horten“
-
JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis
GenderONline – Geschlechterbilder und Social Media zum Thema machen