Vormundschaft – Beistand
DIJuF begrüßt neuen Teilentwurf für eine Reform des Vormundschaftsrechts

Das Bundesjustizministerium (BMJV) hat einen 2. Diskussionsteilentwurf zur Reform des Vormundschaftsrechts vorgelegt. Zentrale Ziele des Entwurfs sind die Stärkung der Subjektstellung des Mündels sowie die Modernisierung der Vermögenssorge. In einer aktuellen Stellungnahme begrüßt das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) die Vorschläge des Bundesjustizministeriums (BMJV) für eine Reform des Vormundschaftsrechts und nimmt zu den einzelnen Vorschriften ausführlich Stellung.
18.01.2019
Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) begrüßt den vorgelegten Teilentwurf zu einer Reform des Vormundschaftsrechts, wie er vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) vorgelegt wurde und unterstützt die mit der Reform verfolgten Ziele ausdrücklich:
- Die Stärkung der Subjektstellung von Kinder und Jugendlichen, die unter Vormundschaft stehen, ist mit Blick auf ihre besondere Situation des Aufwachsens ein dringend anstehender Schritt.
- Die Stärkung der Kooperation zwischen den für das Kind oder Jugendlichen Verantwortlichen ist ein wesentlicher Baustein für das Gelingen von Vormundschaften. Die Notwendigkeit des Austauschs und der Abstimmung gesetzlich anzuerkennen sowie Grundsätze und Möglichkeiten des Zusammenwirkens im Bereich der elterlichen Sorge festzulegen, beugt Konflikten vor und fördert eine am Wohl des Kindes oder Jugendlichen orientierte Sorgewahrnehmung.
- Die Etablierung eines ausgewogenen Gesamtsystems der verschiedenen Vormundschafstypen ist sowohl für die strukturelle Qualitätssicherung in der Vormundschaft als auch für die Passgenauigkeit der jeweiligen Vormundschaft im Einzelfall unerlässlich.
- Eine Verschlankung und Modernisierung der Regelungen zur Vermögenssorge wird der Übersichtlichkeit und Handhabbarkeit dieses Abschnitts im Vormundschaftsrecht zu Gute kommen.
Kritisch sieht das Institut die geteilte Sorgeverantwortung zwischen Vormund und Pflegeperson. Die vorgesehene Trennung zwischen Alltagssorge und Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung bezüglich der Frage der Inhaberschaft der elterlichen Sorge erscheint zum einen nicht praktikabel und zum anderen ist zu befürchten, dass die geteilte Sorgeverantwortung eher Konflikt- als Qualifizierungspotenzial mit sich bringt. Kritisch sieht das Institut zudem die in § 1781 Abs. 2 BGB vorgesehene Pflicht zur Benennung der Fachkraft, die die Aufgaben des Jugendamts als Vormund potenziell übernimmt, da befürchtet wird, dass sie im SGB VIII vorgesehene Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen verkürzt.
Weitere Vorschriften, insbesondere in Bezug auf diejenigen zur vorläufigen Vormundschaft und zur Besprechung des jährlichen Berichts mit dem Mündel, sieht das Institut nur dann Wirkung entfalten und zur Verbesserung der Qualität in der Vormundschaft beitragen, wenn diese mit flankierenden Maßnahmen und Ressourcen unterlegt werden.
Wegen der geringen Bedeutung der vermögensrechtlichen Vorschriften für die Amtsvormundschaften in den Jugendämtern nimmt das DIJuF zu diesen nicht Stellung. Auch wenn ein Entwurf in Bezug auf die erforderlichen Änderungen SGB VIII noch nicht vorliegt, werden im Rahmen dieser Stellungnahme schon einzelne Hinweise aufgenommen, die jedoch nicht abschließend zu verstehen sind.
Die Reformansätze im Bereich der Personensorge erscheinen aus Sicht des DIJuF schon so weit entwickelt und stellen gleichzeitig so wichtige Fortschritte für die alltägliche Vormundschaftspraxis dar, dass überlegt werden könnte, den gesetzgeberischen Prozess bezüglich dieser Vorschriften abzukoppeln und beschleunigt voranzubringen.
Die vollständigere Stellungnahme mit ausführlichen Anmerkungen zu den einzelnen Vorschriften findet sich beim Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht.
Der 2. Diskussionsentwurf zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschaftsrechts steht beim Bundesjustizministerium zur Verfügung.
Hintergrund
Das Vormundschaftsrecht stammt in weiten Teilen aus der Entstehungszeit des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1896. Es enthält detaillierte Regelungen zur Vermögenssorge des Vormunds, die allerdings die Lebensverhältnisse um 1900 abbilden, und nur wenige Regelungen zur Personensorge. Durch zahlreiche Ergänzungen und Änderungen ist es unübersichtlich geworden und bildet die Praxis nicht zutreffend ab. Hinzu kommt, dass das 1992 eingeführte Betreuungsrecht vor allem zur Vermögenssorge auf die Regelungen für den Vormund verweist. Dies führt zur Unübersichtlichkeit des Gesetzes und birgt für den Rechtsanwender etliche Probleme.
Eine mitunter unzureichende Personensorge hat bereits 2011 zu einer Änderung des Vormundschaftsrechts geführt. Nunmehr soll das Vormundschaftsrecht umfassend reformiert werden, um die Personensorge für Minderjährige zu stärken und die Vorschriften zur Vermögenssorge vor allem für den Betreuer zu modernisieren.
Quelle: Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V.
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