Resolution

BJR setzt sich für die Schaffung eines Deutsch-Ukrainischen Jugendwerks ein

Im Sonder-Schwerpunktthema „Krieg in der Ukraine“ haben sich die Delegierten der 160. Vollversammlung des Bayerischen Jugendrings (BJR) mit der Bedeutung des militärischen Konflikts für die Jugendarbeit in Bayern auseinandergesetzt und eine Resolution mit Forderungen zur aktuellen Situation verabschiedet. Zu den Forderungen gehört auch die Schaffung eines Deutsch-Ukrainischen Jugendwerks, für das sich der BJR in Zukunft einsetzen wird.

22.03.2022

Im Folgenden der Wortlaut:

Am 24. Februar sind russische Streitkräfte in die Ukraine eingedrungen, und zwar zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im digitalen Raum. Was undenkbar und von der aktuellen jungen Generation in Deutschland und Bayern unerfahrbar schien, ist grausame Wirklichkeit: Es herrscht wieder Krieg in Europa.

Dieser Krieg wird von einer autoritären russischen Regierung gegen die Ukraine geführt und hat massive Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung, darunter auch viele Kinder und junge Menschen. Der Bayerische Jugendring verurteilt den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wir fordern eine sofortige Beendigung des Angriffskrieges und der Besetzung des ukrainischen Staatsgebiets.

Uns wird uns wieder ins Bewusstsein gerufen, wie fragil Freiheit und Demokratie sind. Diese Werte gilt es fortwährend zu schützen und zu verteidigen.

Die jüngsten Ereignisse stehen dem friedenspolitischen Selbstverständnis der Jugendarbeit und dem Auftrag des Bayerischen Jugendrings, über gelebte Partizipation Freiheit und Demokratie für junge Menschen erfahrbar zu machen, diametral entgegen. Bereits in der Präambel der Satzung von 1947 ist das Selbstverständnis beschrieben:

„Alle Arbeit soll getragen sein (...) von der Bereitschaft, alles zu tun, was dem Frieden und der Verständigung aller Völker dient. (...) Den Zwang zum Waffendienst und jeden Krieg lehnen wir ab. Wir appellieren damit an die Friedensbereitschaft der Jugend der ganzen Welt.“

Eingedenk dieses Selbstverständnisses und vor dem Hintergrund des Europäischen Jahres der Jugend, beobachtet der BJR mit größter Sorge die jüngsten militärischen Auseinandersetzungen mitten in Europa. In einer Zeit, in der das Leben junger Menschen durch Krieg bedroht ist, ist es unmöglich, zu schweigen und nicht über die Zukunft Europas ohne die Ukraine zu sprechen. Gemeinsam mit unseren ukrainischen Partnern – dem National Youth Council Ukraine (NYCU) – betonen wir weiterhin, dass Frieden ein fortlaufender Prozess des Aufbaus inklusiver Gesellschaften ist, der ständige Bemühungen und Aufmerksamkeit erfordert. Wir als demokratische Jugendorganisationen halten daran fest, dass Nationalismen jedweder Art Ausgangspunkt für Konflikte waren und sind. Die Begegnung auf Augenhöhe und der gemeinsame Wille zur Verständigung sind die Grundlagen dafür dauerhaft Verständnis füreinander zu entwickeln und Gesellschaften friedlich zum Wohle aller zu gestalten. In diesem Sinne sind wir überzeugte Europäer/-innen. Nicht zuletzt mit dem Positionspapier „Ein Europa der Zukunft“ unterstrich der BJR zuletzt 2020 seinen Gestaltungswillen in und für Europa, auch weil junge Menschen immer selbstverständlicher eine europäische Perspektive einnehmen. Freiheit, Gleichheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenwürde und Wahrung der Menschenrechte sind Grundprinzipien der Europäischen Union (EU). Nicht zuletzt hat auch der Zusammenschluss der EU uns eine nie zuvor dagewesene Periode des Friedens und Wohlstands geschenkt. Junge Menschen leben mehr als zuvor den europäischen Gedanken, der für Toleranz, regionale Vielfalt, Solidarität und Gerechtigkeit steht. Insofern betrifft die Invasion nicht nur die Menschen in der Ukraine, sondern ist ein Angriff auf unsere gemeinsamen europäischen Werte.

Bezugnehmend zur aktuellen militärischen Auseinandersetzung,

  • steht der BJR mit allen seinen Mitgliedsorganisationen und Arbeitsfeldern solidarisch insbesondere zu den Menschen in der Ukraine, aber auch zu allen, die das Handeln Putins verurteilen, ganz egal welcher Nationalität. Wir verpflichten uns, den gesellschaftspolitischen Dialog konstruktiv zu fördern und damit unseren Beitrag zu einem friedvollen Miteinander zu leisten.
  • sorgt sich der BJR um seine Partnerorganisation, den National Youth Council Ukraine (NYCU). Vor fünf Jahren begründeten beide Organisationen eine Partnerschaft. Mit unseren internationalen Kontakten werden wir weiterhin intensiv an dem gegenseitigen Verständnis der verschiedenen Kulturen, der jungen Menschen und der Völker füreinander arbeiten.
  • spricht der BJR dem NYCU und seinen Jugendvertreter(-inne)n eine Einladung zu einer zeitnahen Bayerisch-Ukrainischen Jugendkonferenz in Bayern aus.
  • wird der BJR seine internationalen Beziehungen zu NGOs – auf ukrainischer und russischer Seite – nutzen, um in einem friedlichen und zukunftsorientierten Dialog zu bleiben. Die Vertreter/-innen der bayerischen Jugendorganisationen erklären sich solidarisch mit allen Menschen, die sich auch in Russland für Demokratie, Menschenrechte und ein Ende dieses Krieges einsetzen.
  • setzt sich der BJR bei den Abgeordneten im Deutschen Bundestag dafür ein, ein Deutsch-Ukrainisches Jugendwerk zu gründen. Der Internationale Jugend- und Schüler(innen)austausch ist seit Gründung des BJR ein Schwerpunkt seiner Aufgaben sowie der Aktivitäten seiner Mitglieder und Partner/-innen. Internationale Beziehungen dienen der Versöhnung, der Völkerverständigung und sind aktive Friedensarbeit. Der BJR setzt weiterhin auf die Internationale Jugendbegegnung als wirksames Mittel der Völkerverständigung. Den Austausch vor Ort mit den Partner:innen in der Ukraine wollen der BJR und die Jugendarbeit in Bayern möglichst bald reaktivieren und den Kontakt auch in dieser schwierigen Zeit aufrechterhalten.
  • ruft der BJR dazu auf, zivilgesellschaftliche Organisationen aktiv zu unterstützen, die sich in dieser Zeit für Menschen in Not einsetzen. Insbesondere drückt er seine Bewunderung und seinen Respekt für die Arbeit der Jugendorganisation JuNost aus, in der russischsprachige junge Menschen unterschiedlicher Herkunft sich für die geflüchteten Menschen aus der Ukraine einsetzen.
  • zeigt sich der BJR besorgt über zunehmende Anfeindungen gegenüber russischstämmigen Menschen in Deutschland und verurteilt diese.
  • bittet der BJR die Mitgliedsorganisationen und Arbeitsfelder der Jugendarbeit zu prüfen, wie sie die humanitäre und finanzielle Hilfe, insbesondere für die Jugend in der Ukraine, unterstützen können.
  • spricht sich der BJR für die Aufnahme von geflüchteten Menschen aus der Ukraine aus. Insbesondere Kinder und Jugendliche (und ihre Familien) brauchen in vielfältiger Weise unsere Unterstützung. Dazu ist es unerlässlich, dass sie, wie auch andere Geflüchtete aus anderen Ländern, in adäquaten Unterkünften unterkommen.
  • fordert der BJR alle staatlichen Akteure in Bayern auf, alles Notwendige dafür zu tun, dass die Rechte aller jungen Geflüchteten und ihrer Familien in Bayern geschützt und gewährleistet werden und die beispielhaft offene Flüchtlingspolitik, wie sie den Ukrainer/-innen entgegengebracht wird, auf alle Flüchtlinge zu übertragen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen.
  • bekräftigt der BJR seine Ablehnung des Zwangs zum Waffendienst.
  • bekräftigt der BJR, dass die Möglichkeit zur Flucht allen Menschen offen stehen soll.
  • bittet der BJR die Mitgliedsorganisationen und Arbeitsfelder der Jugendarbeit weitere Angebote unter Berücksichtigung der besonderen Bedarfe für Geflüchtete zu entwickeln. Gleichzeitig ist es wichtig verunsicherten jungen Menschen Halt und Stütze in dieser neuen Zeit zu geben. Hierfür bedarf es einer bedarfsgerechten Ausstattung.

Die bayerische Jugendarbeit hat wiederholt unter Beweis gestellt, dass sie willens und fähig ist, in schwierigen Zeiten ihren Beitrag zu leisten, damit Kinder und Jugendliche die Möglichkeit erhalten, sicher und ihren Bedarfen gemäß aufzuwachsen. Dadurch entfalten sie sich zu Expert(-inn)en in eigener Sache und bauen damit an einer friedlichen Gesellschaft von morgen.

Eine englische Fassung des Resolutionstextes ist auf der Website des BJR abrufbar.

Quelle: Bayerischer Jugendring vom 19.03.2022

Redaktion: Pia Kamratzki

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