Verband Bildung und Erziehung
Allensbach-Umfrage zeigt eine große Lücke zwischen Bildungsanspruch und Realität
Die Allensbach-Umfrage deckt große Unterschiede zwischen den Erwartungen an das Bildungssystem und der tatsächlichen Realität auf. Der Bundesvorsitzende des VBE Gerhard Brand kritisiert die Unterfinanzierung und unzureichende Ausstattung und fordert mehr Investitionen in Bildung und Digitalisierung.
11.09.2024
Die im August veröffentlichte Allensbach-Umfrage, die von der Telekom-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, kommentiert der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand:
„Der Wert von Bildung wird ganz klar erkannt. Viele Menschen priorisieren Bildung deutlich vor anderen gesellschaftlichen Handlungsfeldern. Die Verantwortlichen müssen verstehen, dass trotz aller politischen Zwänge, Geld in andere Politikbereiche zu investieren, das Bildungssystem nicht zu kurz kommen darf. Die Bevölkerung weiß um die Unterfinanzierung und setzt mit den Antworten ganz klare Zeichen zum Umsteuern!“
Gerade bei dem Vergleich der Antworten, was sich die Bevölkerung vom Bildungssystem wünscht und wie ihrer Meinung nach die Realität aussieht, zeigen sich teilweise gravierende Unterschiede, auf die es zu reagieren gelte, so Brand:
„Gleiche Bildungschancen für Kinder wünschen sich 91 Prozent, aber nur 25 Prozent sehen sie verwirklicht. Das macht uns betroffen, denn wir wissen, dass die hochengagierten Lehrkräfte diese Aufgabe nur deshalb nicht immer angemessen erfüllen können, weil die Strukturen und die Ressourcen nicht adäquat sind.“
Brand sagt weiter:
„Wenn etwa 80 Prozent sich eine gute Ausstattung mit Lehr- und Lernmitteln bzw. mit technischem und digitalem Gerät wünschen, aber dies nur 15 bzw. 11 Prozent in der Realität umgesetzt sehen, lässt das tief blicken. Allerdings hat sich hier in den letzten Jahren, vor allem während der akuten Pandemie, viel getan. Gerade durch die Investitionen des Bundes konnte ein Ausstattungsschub erreicht werden. Hier sind wir in den Schulen weiter als die Bevölkerung vermutet. Gleichzeitig müssen wir insbesondere auf die Schulen schauen, die noch nicht mal einen einzigen Klassensatz an digitalen Endgeräten vorrätig haben. Das sind immer noch 10 Prozent der Schulen, wie eine von uns in Auftrag gegebene forsa-Umfrage unter Schulleitungen Ende des letzten Jahres aufzeigte. Und wenn 71 Prozent der Befragten der Allensbach-Umfrage sagen, dass die Lehrkräfte gut für den Einsatz digitaler Methoden qualifiziert sein sollten, dies aber nur 11 Prozent sehen, deckt sich das nicht mit unseren Zahlen. So sagen 80 Prozent der Schulleitungen, dass mindestens die Hälfte bis alle Lehrkräfte an ihrer Schule eine Fortbildung gemacht haben. Zudem nutzen viele Kolleginnen und Kollegen ganz selbstverständlich digitale Impulse in ihrem täglichen Methodenmix.“
Er ergänzt:
„Insgesamt ist es notwendig, die Digitalisierung an Schulen weiter gut zu finanzieren. Dafür braucht es auch Geld des Bundes. Das lässt aber weiter auf sich warten, weil keine Einigung über den Digitalpakt 2.0 in Sicht ist. Es ist unverantwortlich, so mit den Erwartungen der Schülerinnen und Schüler, der Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen zu spielen.“
Aber es gibt auch Antworten, die den VBE-Chef Brand irritieren:
„Drei Viertel der Bevölkerung sagen, dass das Bildungssystem ermöglichen soll, einen Schulabschluss zu machen. Nur ein Viertel sagt, dass dies in der Realität gelingt. Tatsächlich gab es im Jahr 2021 47.500 Jugendliche, welche die Schule verließen, ohne zumindest einen Hauptschulabschluss zu erreichen. Das sind natürlich zu viele. Gleichzeitig sprechen wir hier über 6 Prozent eines Jahrgangs. Wie also die enorme Abweichung zustande kommt, dass die Hälfte glaubt, dass die Schule nicht zu einem Abschluss führt, ist erklärungsbedürftig. Zumal in den letzten Jahren immer mehr Jugendliche das Abitur erreichen.“
Als Fazit zieht der Bundesvorsitzende:
„Es ist ein interessanter Abgleich, den die Umfrage aufzeigt. Es wird deutlich, dass die Unterfinanzierung bei der Bevölkerung angekommen ist. Zeitgleich müssen wir uns die Frage stellen, ob das moderne Lernen in den Klassenzimmern von heute allen Menschen präsent ist. Schon längst gibt es nicht mehr ausschließlich den Frontalunterricht. Gruppenarbeiten und kooperative Projekte, die Einbindung von digitalen Endgeräten und außerschulischen Lernorten sind selbstverständlich. Dies muss anscheinend breiter aufgezeigt werden.“
Quelle: Verband Bildung und Erziehung (VBE) vom 29.08.2024
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