EU-Jugendstrategie
48 hours in transition: Jugendliche Impulse für den Übergang
Rund 40 Jugendliche aus ganz Europa trafen sich vom 13. bis 15. Oktober in Bonn zur internationalen Jugendkonferenz „Visions for your future“. Gemeinsam formulierten sie Ideen zur Verbesserung der Situation und diskutierten diese mit Expertinnen und Experten aus Jugendpolitik und Jugendhilfe.
16.10.2014
Die Jugendkonferenz ist Teil des multilateralen Kooperationsprojektes „transitions. Gelingende Übergänge in Ausbildung und Arbeit“, mit dem Deutschland, Finnland, Frankreich und Luxemburg Peer-Learning-Prozesse initiiert haben, die für die Gestaltung nationaler und europäischer Jugendpolitik genutzt werden können.
Für die Jugendlichen war das Treffen nicht die erste grenzüberschreitende Mobilitätserfahrung. Sie haben sich in internationalen Jugendprojekten bereits intensiv mit dem Thema Übergänge auseinandergesetzt. Ihre persönlichen Lebenssituationen machen sie dabei zu Expertinnen und Experten in eigener Sache: Einige stammen aus sozial schwachen Familien und haben geringe Bildungschancen. Manche haben die Schule frühzeitig abgebrochen, andere sind aufgrund der wirtschaftlichen Krise trotz einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung ohne Aussicht auf eine Arbeitsstelle in ihrem Land.
Peer learning und interkulturelle Erfahrungen
Bei der Jugendkonferenz konnten sie nun ihre Erkenntnisse aus den internationalen Jugendaustauschprojekten gemeinsam vertiefen. „Beim Jugendaustausch habe ich Leute aus Italien kennengelernt, die total anders sind als ich, aber ähnliche Probleme haben. Die haben gesagt: Ich pack das. Das hat mich motiviert, ich glaube jetzt an mich und mache eine Ausbildung“, erzählt Filipe aus Portugal. Der 19-jährige lebt mit seinem arbeitslosen Vater und drei Geschwistern in einem Brennpunkt bei Lissabon, hing nach der Schule orientierungslos auf der Straße herum. Über das Jugendzentrum in seinem Stadtteil kam er zum Austauschprojekt „ManuFUN tory“ mit Jugendlichen aus fünf Nationen, die auch einige Tage in unterschiedlichen lokalen Handwerksbetrieben arbeiteten. Zum ersten Mal machte Filipe hier die Erfahrung, dass seine Fähigkeiten anerkannt wurden – trotz aller Sprachbarrieren.
Mobilität für alle
Wie wertvoll auf diesem Weg internationale Mobilitätserfahrungen für ihre Persönlichkeitsentwicklung sind, unterstrichen die Jugendlichen auch im Gespräch mit den Vertreterinnen und Vertretern von Jugendpolitik und Jugendhilfe aus Frankreich, Deutschland und Luxemburg. Über entsprechende Förderprogramme müsse besser informiert werden. Thomas Thomer, Unterabteilungsleiter im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) betonte, dass Mobilitätsprogramme allen jungen Menschen und insbesondere Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf offen stehen müssen. Und Albert aus Spanien bittet: „Vergesst die Jugend in Europa nicht, nehmt alle mit, auch die weniger Klugen“. Der ausgebildete Gärtner sucht seit vier Jahren einen Job, hat sich in verschiedenen Organisationen ehrenamtlich engagiert und hofft nun, über einen Europäischen Freiwilligendienst in Deutschland eine zweite Chance zu bekommen.
Passgenaue Informationen und sektorübergreifende Kooperationen
Oftmals fehlt es Jugendlichen im Übergang an geeigneten Informations- und Beratungsangeboten auf lokaler Ebene. „Es muss mehr Jugendzentren geben, die uns Jugendliche bei der Ausbildungssuche unterstützen“, fordert Seyitan aus Sinzig. Die Jobcenter seien für ihn nicht die richtigen Ansprechpartner gewesen. Erst im Jugendzentrum im Haus der offenen Tür Sinzig hörte man ihm wirklich zu, entwickelte gemeinsam Perspektiven für die berufliche Zukunft. Hilfreich kann auch die enge Zusammenarbeit von Schule, non formaler Bildung und lokaler Wirtschaft sein. „Ich finde es toll, dass wir in der Schule so viel Zeit bekommen, mit unseren Lehrern über unsere Stärken und Schwächen und unsere Zukunft zu sprechen und viele Firmen einladen, denen wir Fragen stellen können“, erzählt Sarah. Sie geht in die neunte Klasse der Integrativen Gemeinschaftsschule in Hannovers Problemstadtteil Badenstedt und nimmt am deutsch-spanischen Modellprojekt „JobScouts on Tour“ der IGS und des Vereins Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V. teil. Solche Kooperationen wünscht sich Gabriella auch für ihr Heimatland Ungarn. In den Stundenplänen gebe es keinerlei Raum für Berufsorientierung, die staatlichen Informationszentren seien erst im Aufbau und Nichtregierungsorganisationen hätten kaum Geld für zielgruppengerechte Informationsmaterialien, berichtet die 24-jährige.
Eigeninitiative und Partizipation
Die Konferenz machte deutlich: Jugendliche in unterschiedlichen Übergangssituationen haben ähnliche Visionen für ihre Zukunft. Sie wünschen sich einen sinnstiftenden, ausreichend bezahlten Job und möchten Zeit finden, sich für Familie, Freunde und andere Menschen zu engagieren. Selbst aktiv werden, kreativ und offen bei der Suche sein – das ist dabei für viele Jugendliche ganz wichtig. Malika Kacimi vom Jugendfonds des französischen Ministerium für Jugend und Sport und Karine Brard-Guillet vom Nationalen Rat der Missions Locales in Frankreich griffen dies auf und ermunterten die Jugendlichen, sich zusammenzuschließen und aktiv in politische Debatten einzubringen. Nur so könne die schwierige Situation junger Menschen in Europa auf Dauer und im Sinne der Jugendlichen verbessert werden. Und Nathalie Schirtz, Referatsleiterin im Referat „Transitions“ beim Service National de la Jeunesse in Luxemburg appelliert an die Jugendlichen: „Seid Botschafter für die Jugend und für Austauschprogramme, erzählt anderen Jugendlichen von euren positiven Erfahrungen!
Erfolgreiches Kooperationsprojekt
Die Jugendkonferenz setzte einen Schlusspunkt hinter ein erfolgreiches multilaterales Kooperationsprojekt, das IJAB seit 2012 im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchführt. Kooperationspartner im Projekt „transitions“ sind die für Jugend zuständigen Ministerien in Finnland und Frankreich sowie der Nationale Jugenddienst SNJ in Luxemburg. Mit vier Fachkräfteprogrammen und einem Study Visit zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen initiierten die Partner zu einem in vielen Ländern Europas aktuellen Thema Peer-Learning-Prozesse mit dem gemeinsamen Ziel, die individuelle Begleitung junger Menschen beim Übergang in Ausbildung und Arbeit weiterzuentwickeln und zudem Beiträge zur Gestaltung der europäischen Jugendpolitik zu leisten. In Deutschland wurden die Erkenntnisse der Fachkräfte in einer nationalen Expertengruppe reflektiert und diskutiert. Die Ergebnisse dieser Beratungen können für die Gestaltung der Jugendpolitik und Jugendhilfe in Deutschland genutzt werden.
Mehr Informationen zum Projekt „transitions“ unter <link http: www.ijab.de transitions _blank external-link-new-window external link in new>www.ijab.de/transitions
Quelle: IJAB - Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland, Verena Münsberg
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