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2012 wurden in Hessen knapp 7.200 Gefährdungseinschätzungen bei Kindeswohlgefährdung durchgeführt
In 2012 wurden in Hessen knapp 7.200 Gefährdungseinschätzungen nach § 8a SGB VIII durchgeführt. Wie das Hessische Statistische Landesamt mitteilt, fand die Erhebung erstmalig statt, sodass ein Vorjahresvergleich nicht möglich ist.
03.07.2013
Als Ergebnis der 7.161 durchgeführten Gefährdungseinschätzungen wurde bei jeweils rund 14 Prozent der Einschätzungen eine akute Kindeswohlgefährdung bzw. eine „latente“ Kindeswohlgefährdung festgestellt. In 72 Prozent der Fälle lag keine Kindeswohlgefährdung vor — in der Hälfte dieser Fälle bestand trotzdem ein Hilfebedarf. Über die Hälfte aller Gefährdungseinschätzungen betraf Kinder unter sieben Jahre.
Mit 60 Prozent war die Vernachlässigung die am häufigsten genannte Art der Kindeswohlgefährdung (akute und "latente"), körperliche oder psychische Misshandlungen kamen zu je 29 Prozent vor; Anzeichen von sexueller Gewalt wurden in sechs Prozent dieser Fälle festgestellt. Mehrfachnennungen waren möglich.
Von den 1.006 Fällen der akuten Kindeswohlgefährdungen waren in etwa gleich viele Mädchen (52 Prozent) und Jungen (48 Prozent) betroffen. Unterschiede bei den Geschlechtern gab es allerdings bei der Art der Kindeswohlgefährdung: Bei den Vernachlässigungen waren mehr Jungen betroffen, bei allen anderen Arten waren die Mädchen stärker betroffen. Insbesondere bei der sexuellen Gewalt waren in acht von zehn Fällen Mädchen die Leidtragenden.
In den 1.006 Fällen akuter Kindeswohlgefährdung wurde der junge Mensch in knapp 38 Prozent in Obhut genommen. In 36 Prozent wurde das Familiengericht eingeschaltet und in 18 Prozent erfolgte eine ambulante oder teilstationäre Hilfe zur Erziehung. In 27 Prozent wurde keine Hilfe neu eingerichtet bzw. keine der vorangegangenen Hilfen gewährt. Mehrfachnennungen waren möglich.
Die Konstellation der Familienverhältnisse spielte eine große Rolle. Bei mehr als der Hälfte der Einschätzungen lebte der junge Mensch bei einem alleinerziehenden Elternteil oder bei einem Elternteil mit neuem/-r Partner/-in. Hier kam der Vernachlässigung als Art der Gefährdung eine größere Rolle zu als bei den anderen Familienkonstellationen. In zwei Drittel der Fälle waren beide Elternteile älter als 27 Jahre.
Häufig erfolgte die Initiative zur Gefährdungseinschätzung durch Nachbarn (15 Prozent), Polizei/Gericht/Staatsanwalt (17 Prozent) und durch die Schule bzw. Ärzte mit je zehn Prozent.
Hinweis
Nach § 8a SGB VIII ist eine Gefährdungseinschätzung vom zuständigen Jugendamt vorzunehmen, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes oder Jugendlichen bekannt werden. Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes/Jugendlichen eingetreten ist oder mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist.
Nach der Einschätzung der Gefährdungssituation im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte kann im Ergebnis eine Gefährdung vorliegen, eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden („latente“ Kindeswohlgefährdung) oder es liegt keine Kindeswohlgefährdung vor.
Bei Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung ist eine anschließende geeignete Hilfe in Absprache mit den Personensorgeberechtigten anzubieten. Gegenbenfalls kann auch das Tätigwerden des Familiengerichts notwendig werden. Bei dringender Gefahr kann das Jugendamt auch ohne die Entscheidung des Familiengerichts das Kind oder den Jugendlichen in Obhut nehmen.
Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt vom 03.07.2013
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