Statistik
1,1 Millionen Zuzüge von Menschen aus der Ukraine im Jahr 2022


Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 haben Millionen Menschen das Land verlassen. Das Statistische Bundesamt hat in einer Sonderauswertung Zu- und Fortzüge zwischen der Ukraine und Deutschland erfasst und die Fluchtbewegungen in einem Bericht zusammengefasst.
02.03.2023
In Deutschland wurden im Jahr 2022 rund 1,1 Millionen Zuzüge von Menschen aus der Ukraine erfasst. Gut zwei Drittel (68 Prozent) der Zugewanderten kamen von März bis Mai 2022, also in den ersten drei Monaten nach dem Angriff. Neben der hohen Zuwanderung aus der Ukraine hat insbesondere seit Mai 2022 auch die Zahl der Fortzüge in die Ukraine zugenommen. Im Jahr 2022 wurden 139 000 Fortzüge aus Deutschland in die Ukraine registriert. Sowohl die Fortzüge als auch die Zuzüge überstiegen 2022 das Niveau des Vorjahres um ein Vielfaches. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 wurden rund 13 000 Zuzüge aus der Ukraine und 6 000 Fortzüge dorthin registriert.
Nettozuwanderung aus der Ukraine übersteigt die vorheriger Fluchtbewegungen deutlich
Aus dem Saldo der Zuzüge und Fortzüge ergibt sich für 2022 eine Nettozuwanderung von 962 000 Menschen aus der Ukraine. Damit war die Nettozuwanderung aus der Ukraine nach Deutschland im vergangenen Jahr größer als die aus Syrien, Afghanistan und dem Irak in den Jahren 2014 bis 2016 zusammen (834 000).
Ukrainische Bevölkerung hierzulande hat sich von Januar bis Oktober 2022 mehr als versiebenfacht
Die hohe Zuwanderung aus der Ukraine hat dazu geführt, dass die Bevölkerung mit ukrainischer Staatsangehörigkeit hierzulande von 138 000 Menschen im Januar 2022 auf 1,02 Millionen Menschen im Oktober 2022 angewachsen ist und sich somit mehr als versiebenfacht hat (+639 Prozent). Der Anteil der Ukrainerinnen und Ukrainer an der Gesamtbevölkerung ist im selben Zeitraum von 0,2 Prozent auf 1,2 Prozent gestiegen. Ukrainische Staatsangehörige waren damit nach türkischen Staatsangehörigen (1,6 Prozent oder 1,33 Millionen) die zweitgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe in Deutschland.
Anteil der Ukrainer:innen an der Gesamtbevölkerung in Berlin und Hamburg zuletzt am höchsten
Die meisten Ukrainer:innen lebten im Oktober 2022 in den bevölkerungsreichsten Bundesländern Nordrhein-Westfalen (210 000), Bayern (152 000), Baden-Württemberg (135 000) und Niedersachsen (105 000). Betrachtet man den Anteil der Ukrainerinnen und Ukrainer an der jeweiligen Gesamtbevölkerung in den Bundesländern, ergibt sich ein anderes Bild: Anteilig lebten die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer in Berlin und Hamburg mit je 1,5 Prozent. Anteilig die wenigsten lebten in Schleswig-Holstein (1,0 Prozent), gefolgt von Bayern, Bremen und Rheinland-Pfalz (je 1,1 Prozent).
Viele Minderjährige und Frauen unter den Geflüchteten aus der Ukraine
Die kriegsbedingten Ausreisebeschränkungen für ukrainische Männer wirken sich auf die Alters- und Geschlechtsverteilung der nach Deutschland Zugewanderten aus. So waren darunter im Jahr 2022 verhältnismäßig viele Frauen und Mädchen (Anteil von 63 %) sowie Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (35 Prozent). Zum Vergleich: Der Anteil der Frauen an der Bevölkerung in der Ukraine hatte zum 1. Januar 2021 laut europäischer Statistikbehörde Eurostat bei 54 Prozent gelegen, 18 Prozent der Bevölkerung dort waren unter 18.
Bei den 18- bis unter 60-Jährigen, die im vergangenen Jahr aus der Ukraine zuwanderten, lag der Frauenanteil bei 71 Prozent und bei denjenigen im Alter ab 60 Jahren bei 70 Prozent. Somit kamen in den Altersgruppen ab 18 Jahren mehr als doppelt so viele Frauen wie Männer aus der Ukraine nach Deutschland. Für ukrainische Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren gilt seit dem russischen Angriff ein Ausreiseverbot, allerdings mit mehreren Ausnahmen. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren war das Geschlechterverhältnis dagegen mit 49 Prozent Mädchen und 51 Prozent Jungen nahezu ausgeglichen.
Ukrainer:innen in Deutschland deutlich jünger als die Gesamtbevölkerung
Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in Deutschland sind die hier lebenden Ukrainerinnen und Ukrainer im Durchschnitt deutlich jünger. Lediglich 13 Prozent waren im vergangenen Oktober 60 Jahre oder älter. In der Gesamtbevölkerung lag dieser Anteil bei 30 Prozent. Rund ein Drittel (32 Prozent) der Ukrainerinnen und Ukrainer waren jünger als 18 Jahre. Der Anteil Minderjähriger war damit fast doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung (17 Prozent) und hat insbesondere seit Januar 2022 deutlich zugenommen: Damals waren noch 11 Prozent der ukrainischen Bevölkerung in Deutschland jünger als 18 Jahre. Dagegen lag der Frauenanteil unter den Ukrainerinnen und Ukrainern hierzulande mit 65 Prozent schon im Januar 2022 auf einem hohen Niveau und hat sich seitdem kaum verändert (64 Prozent im Oktober 2022).
Methodische Hinweise
Die Entwicklung der Bevölkerungszahlen ergibt sich zum einen aus den Geburten und Sterbefällen, zum anderen aus den Zu- und Fortzügen, die die Standesämter beziehungsweise Meldebehörden den Statistischen Ämtern mitteilen. Die dargestellten Bevölkerungszahlen basieren auf der Fortschreibung der Ergebnisse des Zensus 2011. Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des Zensus 2022 wird die Grundlage der Bevölkerungsberechnung aktualisiert.
In der Wanderungsstatistik werden Zu- und Fortzüge dargestellt, die nach den melderechtlichen Regelungen bei den zuständigen Meldebehörden gemeldet wurden. In Zeiten besonders hoher Zuwanderung können Verzögerungen bei der melderechtlichen Erfassung nicht ausgeschlossen werden. Bei den Zuzügen und bei den Fortzügen kommt es zu einer Untererfassung, wenn Personen sich nach der Einreise nicht bei den Meldebehörden in Deutschland anmelden bzw. wenn sie sich vor der Ausreise nicht abmelden. Über die Wanderungsmotive wie beispielsweise Flucht oder Vertreibung liegen keine Informationen vor.
Die Ergebnisse zur Zuwanderung aus dem Ausland basieren auf vorläufigen Monatsergebnissen und teilweise einer Sonderauswertung von Rohdaten. Grundlage der Sonderauswertung aus der Wanderungsstatistik ist eine Auszählung der von den Meldebehörden registrierten Zu- und Fortzüge ohne die übliche Plausibilisierung der Statistischen Ämter. Berücksichtigt werden bereits Rücknahmen von An- und Abmeldungen sowie für das Wanderungsvolumen relevante Korrekturen. Betrachtet werden für jeden Monat jeweils alle bis zum Ende des Folgemonats bei den Meldebehörden eingegangenen An- und Abmeldungen.
Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis) vom 16.02.2023
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