Suchtmittelkonsum

Ergebnisse der SCHULBUS-Studie für Bremen und Hamburg vorgestellt

Im Zeitraum von Herbst 2021 bis Frühjahr 2022 wurden im Rahmen der SCHULBUS-Untersuchung Jugendliche zwischen 14 bis 17 Jahren in Bremen und Bremerhaven sowie zeitgleich in Hamburg zum Konsum von Suchtmitteln, zum Umgang mit Glücksspiel- und Internetangeboten, zur selbstkritischen Körperwahrnehmung und zu verschiedenen Aspekten des Erlebens der Corona-Pandemie befragt.

16.09.2022

Nun liegen die Ergebnisse für Bremen/Bremerhaven und Hamburg jeweils vor. Die SCHULBUS-Untersuchung (Schüler:innen- und Lehrkräftebefragungen zum Umgang mit Suchtmitteln) liefert alle drei Jahre einen Überblick über das Konsumverhalten von Jugendlichen.

Ergebnisse von Bremen und Bremerhaven im Überblick

Der vielfach befürchtete Anstieg der Verbreitung des jugendlichen Umgangs mit Suchtmitteln im „Corona-Jahr“ 2021 ist insgesamt ausgeblieben. Es kam zu einem Rückgang des kontextorientierten Konsums möglicherweise als Effekt eingeschränkter Party-Events beziehungsweise Konsumgelegenheiten. Andererseits war eine Zunahme des wirkungsorientierten Konsums, der eher unabhängig von äußeren Anlässen auf die Effekte der Suchtmitteleinnahme fokussiert, bei Jugendlichen mit bereits etablierten riskanten Konsummustern zu beobachten.

Die Verbreitung des Alkoholkonsums unter Jugendlichen liegt jedoch immer noch jenseits der geltenden Jugendschutzregelungen auf relativ hohem Niveau. Zudem ist der Konsum von Neuen Psychoaktiven Substanzen (NPS) und Ecstasy bei Jugendlichen ansteigend auf immer noch niedrigem Niveau. Das Tabak-Rauchen hat unter Jugendlichen weiter an Attraktivität verloren: Der Anteil des regelmäßigen Rauchens liegt bei Jugendlichen in Bremen bei 7,2 Prozent und in Bremerhaven bei 7,3 Prozent.

Probleme im Zusammenhang mit der selbstkritischen Körperwahrnehmung (Risiko für Essstörungen) und der freizeitorientierten Nutzung des Internets außerhalb der schulischen Verwendung als substanzungebundene Formen suchtgefährdenden Verhaltens haben insgesamt und besonders bei Mädchen deutlich zugenommen. Beim Mediengebrauch kam es zu einer Verdoppelung des problematischen Konsums.

Die Belastungen durch den Pandemie-bedingten Unterrichtsausfall und das noch ungewohnte Format des Homeschoolings wurden von den Jugendlichen hinsichtlich verschiedener Aspekte unterschiedlich und insgesamt mit einem mittleren Belastungs-Wert wahrgenommen. Auch wenn nicht selten mögliche Lerndefizite und dadurch entstehende Nachteile für die Zukunft befürchtet wurden, so berichten viele Jugendliche darüber, dass der „übliche“ Schulstress, der zuweilen bestehende Leistungsdruck, das Konkurrenzverhalten und die Häufigkeit von Mobbingerfahrungen spürbar nachgelassen haben.

Digitale Angebote und Medien sind heute aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken. Die SCHUBUS-Studie zeigt aber auf, dass dem Internet generell und seinen vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten auch ein offenbar nicht unbeträchtliches Suchtpotenzial anhaften kann. Jugendliche verbringen täglich 5,3 Stunden aktiv und explizit Freizeit-orientiert mit dem Surfen im Internet. Dabei unterscheiden sich weder die männlichen von den weiblichen, noch die jüngeren von den älteren Jugendlichen. Eine problematische Internetnutzung trifft auf gut ein Fünftel (21 Prozent) aller Jugendlichen zu.

Für Schülerinnen, Eltern und Lehrkräfte gibt es zahlreiche Informations- und Unterstützungsangebote durch die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (REBUZ) und das Landesinstitut Schule Bremen.

Maßnahmen im Land Bremen zur Prävention und Hilfe bei Suchtfällen

KIPSY

Die Kinder- und Jugendpsychiatrische Beratungsstelle und Institutsambulanz (KIPSY) im Gesundheitsamt Bremen bietet Beratung und Unterstützung für Kinder und Jugendliche bei allen kinder- und jugendpsychiatrischen Krankheitsbildern sowie Essstörungen.

Escape – Ambulanz für junge Menschen mit Suchtproblemen

Die kinder- und jugendpsychiatrische Beratungsstelle (KIPSY) hält ein zusätzliches Beratungs- und Unterstützungsangebot vor für Suchtmittel missbrauchende Jugendliche und für junge Menschen mit Substanz ungebundenen Verhaltensauffälligkeiten. Das Angebot richtet sich auch an Eltern und Einrichtungen, deren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die mit solchen Jugendlichen zu tun haben. Neben Beratung und Unterstützung auf der Suche nach Wegen das Suchverhalten einzuschränken, zu reduzieren oder einzustellen vermittelt Escape auch in das niedergelassene System zur weiteren Behandlung.

Ergebnisse von Hamburg im Überblick

Die Verbreitung des jugendlichen Umgangs mit Alkohol, Tabak und Cannabisprodukten ist insgesamt erneut rückläufig. Das gilt trotz der schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie, die auch und vor allem für die jüngere Generation eine besondere Belastung war. Zwei weitere Entwicklungen sind in diesem Zusammenhang zu beobachten; unter denjenigen Jugendlichen, die bereits Drogen konsumierten, kam es in dieser Zeit teilweise zu einer Intensivierung ihres bisherigen Gebrauchs. Das Suchtverhaltens ist auch bei den sogenannten Verhaltenssüchten intensiviert: Die Zahlen zur Entwicklung der freizeitorientierten Internetnutzung der Jugendlichen haben erneut zugenommen. Der Anteil der 14- bis 17-Jährigen, die gemäß der Compulsive Internet Use Scale (CIUS) ein entsprechend problematisches Nutzungsverhalten aufweisen, ist inzwischen auf rund 20 Prozent angestiegen.

Die nun vorliegenden Ergebnisse gehen auf die Erhebung in 2021 zurück; in der aktuellen Studie wurde daher auch den besonderen Umständen der Corona-Pandemie bzw. den Regelungen zu ihrer Bekämpfung durch einige zusätzliche Fragen entsprechend Rechnung getragen. Neben Informationen zum Suchtmittelkonsum bzw. der Nutzung von PC und Internet wurden in der Studie auch Fragen zur Zufriedenheit und zu persönlichen Belastungen der Jugendlichen gestellt.

Die in den zurückliegenden Jahren teilweise geltenden Kontaktbeschränkungen, der ungewöhnlich hohe Unterrichtsausfall und die bis dahin kaum erprobten Ansätze der onlinebasierten Unterrichtsgestaltung haben zu enormen Belastungen bei den betroffenen Schülerinnen und Schülern geführt.

Studienleiter Theo Baumgärtner von der Fachstelle Sucht.Hamburg:

„Unsere untersuchungsbegleitenden Gespräche mit den Jugendlichen haben aber auch gezeigt, dass ein Teil von ihnen die veränderten Bedingungen des Schulalltags als durchaus entlastend empfunden haben (…) Die Schülerinnen und Schüler beschreiben nicht selten eine deutliche Reduzierung von Stress, Leistungsdruck, Konkurrenzverhalten und Mobbingerfahrungen, die offensichtlich auch ein Bestandteil ihrer Alltagsrealität darstellen“.

Für die SCHULBUS-Regionalstudie 2021 wurden in Hamburg nicht nur rund 1.920 Schülerinnen und Schüler, sondern auch mehr als 150 Lehrkräfte sowie erstmals auch gut 230 Eltern von Kindern im Alter von 14 bis 17 Jahren befragt. Gleicht man deren Einschätzungen zur Verbreitung des jugendlichen Suchtmittelgebrauchs mit den empirisch ermittelten Prävalenzzahlen ab, dann zeigt sich, dass die Lehrkräfte das Ausmaß des suchtgefährdenden Verhaltens quantitativ eher überschätzen, während die Eltern häufig dazu neigen, die tatsächlich vorliegenden Suchtmittelkonsumerfahrungen ihrer Kinder systematisch zu unterschätzen.

Ergebnisse sind jeweils auch überregional relevant

Die Studienergebnisse der SCHULBUS-Studien in Bremen und in Hamburg finden als eine der größten regelmäßigen Erhebungen auch bundesweite Resonanz und fließen in die Bewertungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ein. Prof. Dr. Martin Dietrich, Kommissarischer Direktor der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): 

„Erfreulich ist, dass die Corona-Pandemie nicht zu einer allgemeinen Erhöhung der Verbreitung des Suchtmittelkonsums unter Jugendlichen geführt hat. Doch beobachten wir mit Sorge, dass die Probleme von Jugendlichen in Bezug auf Essverhalten und exzessive Mediennutzung eher zugenommen haben (…) Auch wenn es sich bei der SCHULBUS-Studie um Befragungen auf lokaler Ebene handelt, ergänzen die Ergebnisse unsere Datenlage der bundesweiten Drogenaffinitätsstudie zum Suchtmittelkonsum von 12- bis 25-Jährigen. Dieser Einblick in die Lebenswelt junger Menschen hilft, unsere Angebote der Suchtprävention passgenauer weiterzuentwickeln. Dabei nimmt die BZgA verstärkt auch die Zielgruppen der Eltern und Lehrkräfte in den Blick.“

Weitere Informationen

Die Ergebnisse der SCHULBUS-Studien für Bremen und Hamburg können jeweils online eingesehen werden.

Quellen: Pressestelle des Senats Bremen vom 12.09.2022 und Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration Hamburg vom 12.09.2022

Redaktion: Silja Indolfo

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