Save The Children

Reform des EU-Asylsystems normalisiert Rechtsverletzungen und gefährdet Kinder

Die jüngst beschlossene Reform des EU-Asylsystems wird von Kritikern als historisch schlecht bezeichnet, da sie Rechtsverletzungen normalisiert und eine ernsthafte Bedrohung für Kinder darstellt. Statt einer Verbesserung wird befürchtet, dass die neuen Regelungen zu einer weiteren Verschärfung von Menschenrechtsverletzungen führen könnten.

12.01.2024

Die am 20. Dezember 2023 zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Regierungen in Europa erzielte Einigung über die Reform des europäischen Migrations- und Asylsystems wird nach Ansicht von Save the Children zu eklatanten Verstößen gegen die Rechte von Kindern führen, Kinder auf der Flucht gefährden und zu weiteren Trennungen von Familien führen.

Die Vereinbarungen sehen vor, dass Kinder aller Altersgruppen an den EU-Grenzen systematisch inhaftiert werden können und ihr fairer Zugang zu Asylverfahren auf dem gesamten Kontinent unterminiert wird.

Marvin Mc Neil, Advocacy Manager für Flucht und Migration bei Save the Children Deutschland, sagte:

„Die Rede ist von einer historischen Einigung – tatsächlich ist das Abkommen historisch schlecht. Es ist offensichtlich, dass es bei den Verhandlungen vorrangig darum ging, die Außengrenzen noch fester zu verschließen und nicht darum, Menschen besser zu schützen. Dass aber nicht einmal bei Kindern und Familien eine Ausnahme gemacht wird, macht uns fassungslos. Familien und Kinder, die aufgrund von Gewalt, Konflikten oder Hunger fliehen, sollen wie Kriminelle behandelt werden und in haftähnlichen Unterkünften ausharren, bis über ihr Schicksal entschieden wird. Die EU hat die Chance vertan, eine humane Asyl- und Migrationspolitik zu schaffen, die auf den sogenannten europäischen Werten basiert. “

Dringender Handlungsbedarf für wirksame Lösungen an den EU-Grenzen

Nach Ansicht von Save the Children bot die Reform eine Gelegenheit, wirksame Lösungen für Tausende von Kindern und Familien zu finden, die in ungeeigneten und oft überfüllten Einrichtungen an den Grenzen der EU ankommen, ohne angemessenen Zugang zu Rechtsbeistand und Unterstützung. An der italienischen Küste, auf den griechischen oder spanischen Inseln und in den Ländern entlang der Balkanroute sind die Probleme allgegenwärtig. Kinder werden zudem auf ihrem Weg in die EU häufig Opfer von Gewalt durch Schlepper oder Grenzschutzbeamte.

Sollte diese Reform im Frühjahr 2024 die endgültige Zustimmung der Mehrheit des Europäischen  Parlaments und der Mitgliedstaaten erhalten, wird die systematische Inhaftierung von Familien mit Kindern zur Norm werden. Kinder werden nicht sicherer sein, vor allem nicht diejenigen, die ohne Begleitung reisen. Der neue Pakt wird es Kindern schwerer machen, mit ihren Familien wiedervereint zu werden. Save the Children hatte gefordert, dass Geschwister bei der Familienzusammenführung berücksichtigt werden – dies wird nicht kommen.

Fehlende Solidarität und Gefahr der Verschärfung von Menschenrechtsverletzungen

Auch für eine obligatorische Umverteilung und eine echte Solidarität gab es keine Zustimmung. Stattdessen wird mit der Neuregelung die Möglichkeit eröffnet, noch mehr Zäune und Mauern zu errichten, so dass Menschen an den EU-Grenzen festsitzen und unmenschlicher Behandlung und Gewalt ausgesetzt sind. Anstatt diese Versäumnisse zu beheben, birgt der Pakt die Gefahr, dass aktuelle Verstöße legitimiert werden und ein Kreislauf der Misshandlung von Schutzsuchenden fortgesetzt wird. Viele geflüchtete Kinder werden auch weiterhin keinen Zugang zu Schutz, Bildung, Gesundheitsversorgung und psychosozialer Unterstützung haben. 

„Ein Kind ist ein Kind, egal woher es kommt. Jedes Kind verdient Schutz und die Chance auf eine bessere Zukunft“, so Marvin Mc Neil weiter. „Die Kinderrechte müssen Maßstab aller politischen Entscheidungen sein und dürfen nicht für politische Tauschgeschäfte geopfert werden.“

Quelle: Save The Children vom 20. Dezember 2023

Redaktion: Celine Richter

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