Gesundheitsprävention

Psychische Gesundheit und Resilienzförderung im Bildungssystem berücksichtigen

Das Deutsche Kinderhilfswerk, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, der Bundesverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und der Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme eine stärkere Einbettung der Themen „Psychische Gesundheit“ und „Resilienzförderung“ in die Gesundheitsprävention im Bildungssystem.

27.10.2022

Im Zentrum der stärkeren Einbettung von psychischer Gesundheit und Resilienzförderung sollte dabei die Vermittlung eines „gesunden Lebens“ stehen, für das Ernährung und Bewegung ebenso wichtig sind wie Psychohygiene und der Umgang mit Belastungen. Die Verbände stellen gleichzeitig fest, dass es Kindern, Jugendlichen und auch Fachkräften gerade im Nachgang von Schulschließungen und Distanzunterricht im Zuge der Corona-Pandemie helfen würde, wenn im schulischen System der Leistungsdruck minimiert sowie Zeit und Raum für den gemeinsamen Austausch ermöglicht werden.

Beratungs- und Behandlungsbedarf nicht überall gedeckt

Durch die Covid-19-Pandemie wurde besonders deutlich, dass die Versorgung mit Jugendpsychotherapeut:innen sowie Kinder- und Jugendpsychiater:innen nicht in allen Regionen Deutschlands im Verhältnis zum Beratungs- und Behandlungsbedarf junger Menschen steht. Dem könnte durch eine kleinräumlichere Betrachtung der Versorgungsgebiete und damit einhergehender zusätzlicher Praxen begegnet werden. Die Verbände mahnen zudem an, dass sich das vorschulische ebenso wie das schulische Bildungssystem effektiver als bisher auf eine weitere Corona-Welle im Herbst vorbereitet. Dazu müssen die Einrichtungen bzw. ihre Träger mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet werden. Mit diesen sollten vor allem zusätzliche Personalressourcen geschaffen, aber auch zusätzliche Räumlichkeiten angemietet und Luftfiltergeräte sowie notwendige Hygienematerialien beschafft werden.

Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, betonte:

„Während der ersten Phasen der Covid-19-Pandemie waren junge Menschen von den damit einhergehenden Belastungen in besonderer Weise betroffen. Insbesondere der Wegfall gegebener Strukturen durch die Schließungen von Kindertagesstätten und Schulen, aber auch die Beschränkungen von Kontakten haben bei einer Vielzahl der Kinder und Jugendlichen zu Sorgen, Ängsten und Stress geführt. Bei nicht wenigen kam es auch zu Zwangs-, Ess- und Anpassungsstörungen sowie Depressionen – und bei manchen auch zu einer erhöhten Suizidalität. Auch die Wiederöffnung der Einrichtungen und die Rückkehr in den Schulalltag haben manche Kinder als schwierig empfunden, da sich in der Phase des Homeschooling Lernlücken aufgebaut haben, die bei den Betroffenen nun zu hohem Leistungsdruck sowie Versagensängsten beitragen. Zudem führt die zwischenzeitliche soziale Abstinenz bei einem Teil der Kinder zu Herausforderungen, sich nun wieder in Gruppen und Gemeinschaften zurechtfinden zu müssen. Deshalb ist es dringend erforderlich, zum einen durch eine bessere Versorgung mit Kinder- und Jugendpsychotherapeut:innen sowie Kinder- und Jugendpsychiater:innen diesen Kindern schnell zu helfen. Zum anderen ist es aber auch wichtig, Kitas und Schulen für die nächsten Corona-Wellen sicher zu machen, damit diese als Lern- und Lebensorte von Kindern offenbleiben können. Und es muss klar sein, dass es zukünftig keine Beschränkungen mehr bei den sozialen Kontakten von Kindern und Jugendlichen geben darf.“

Schwierige Versorgunslage durch Pandemi zusätzlich erschwert

Die schon vor der Pandemie bestehende schwierige Versorgungslage im Bereich der Kinder- und Jugendpsychotherapie sei durch die getroffenen Maßnahmen weiter erschwert worden. Dadurch hätten sich Wartezeiten weiter verlängert. Das sei so nicht hinnehmbar und stelle für alle Beteiligten und Betroffenen eine hohe Belastung dar. Politik und Kassenärztliche Vereinigungen seien gefordert, hier schnell und unbürokratisch Abhilfe zu schaffen und die Versorgungslage zu verbessern, ergänzt Dr. Inés Brock-Harder, Vorsitzende des Bundesverbandes für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.

Dr. Annegret Brauer, stellvertretende Vorsitzende des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland, hebt zudem hervor, dass sich inzwischen weitere krisenhafte Entwicklungen die schwierige Situation eher verstetigt haben. Krieg in Europa und die zunehmende Deutlichkeit des Klimawandels verunsichere die gesamte Gesellschaft weiterhin. Gerade für Kinder und Jugendliche in der Entwicklung haben solche Erfahrungen eine oft lebenslange Bedeutung. „Wir können dies kaum zu viel im Blick haben, es geht schlicht um unsere Zukunft, um unsere Verantwortung gegenüber den nächsten Generationen“, so Brauer weiter.

Die gemeinsame Stellungnahme von Deutschem Kinderhilfswerk, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, dem Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland und dem Bundesverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie steht zum Download zur Verfügung.

Quelle: Das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. vom 25.10.2022

Redaktion: Uwe Kamp

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