Cybergrooming

Kinder müssen gerade jetzt besser vor Missbrauch im Netz geschützt werden

Für einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch im Netz plädieren der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Johannes-Wilhelm Rörig, und die Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“

09.02.2021

Seit 2004 findet jährlich im Februar der internationale Safer Internet Day (SID) statt. SID ist eine Initiative der Europäischen Kommission, mit der weltweit zu Veranstaltungen und Aktionen rund um das Thema Internetsicherheit aufgerufen wird. Der Aktionstag steht für mehr Online-Sicherheit und ein besseres Internet für Kinder und Jugendliche.

Anlässlich des diesjährigen Safer Internet Day erklärte der der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Rörig: „In der digitalen Welt reicht eine freiwillige Selbstverpflichtung der Anbieter alleine nicht aus, um Kinder und  Jugendliche wirksam vor sexueller Gewalt im Netz zu schützen. Wir brauchen endlich ein neues Jugendschutzgesetz, das auch Interaktionsrisiken in den Fokus nimmt. Damit sollen Anbieter wie Facebook oder Google verpflichtet werden, Kinder und Jugendliche auf ihren Plattformen besser zu schützen. Sie tragen Verantwortung, die verbindlich geregelt sein muss.“ Die Novelle des Jugendmedienschutzgesetzes (JuSchG) befindet sich derzeit im Bundestag in der parlamentarischen Abstimmung.

Vor allem das sogenannte „Cybergrooming“, das gezielte sexualisierte Umgarnen und Manipulieren von Kindern im Internet, hat enorme Ausmaße angenommen. Personen mit pädokriminellen Neigungen melden sich in Chats oder Foren oft unter falschem Namen an und geben sich als gleichaltriges Kind aus. Aus der verständnisvollen Unterhaltung wird dann mehr: Es werden intime Berichte, Fotos oder sogar persönliche Treffen gefordert. Um Kinder und Jugendliche besser zu schützen, sollen Plattformbetreiber auch verpflichtet werden, wirksame Alterskontrollen und Beschwerdesysteme einzurichten.

Jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge betroffen

Laut der Studie „EU Kids online“ des Hans-Bredow-Instituts sind jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge im Alter von neun bis 17 Jahren im Netz bereits mit intimen, anzüglichen Fragen konfrontiert worden. Von 2018 auf 2019 ist die Zahl der Cybergrooming-Fälle in Deutschland, die der Polizei bekannt geworden sind und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden, um 34 Prozent auf rund 3.300 gestiegen.

Durch die Corona-Quarantäne sei die Gefahr durch Cybergrooming noch einmal gestiegen, warnt die europäische Polizeibehörde Europol. Kinder und Jugendliche verbringen aktuell mehr Zeit vor Handys, Konsolen und Computern. Durch die soziale Isolation entsteht auch eine höhere Bereitschaft, persönliche Sorgen oder Wünsche über digitale Wege, Chats beispielsweise, mitzuteilen. Das wiederum erhöht die Gefahr sexueller Übergriffe im Netz.

Cybergrooming ist eine Straftat

Nach § 176 StGB ist das Kontaktieren von Kindern unter 14 Jahren mit sexuellen Absichten – durch Informations- oder Kommunikationstechnologie – verboten und wird mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Seit 2020 kann auch versuchtes Cybergrooming strafrechtlich verfolgt werden:

„Dass der Versuch des Cybergroomings unter Strafe gestellt wurde, war ein wichtiger Schritt. Täter können so effektiver verfolgt werden, wenn sie mit dem Ziel im Netz unterwegs sind, sexuellen Missbrauch anzubahnen“, sagt der Unabhängigge Beauftragte. „Strafverfolgung ist allerdings nur eine Seite – wir brauchen für Kinder und Jugendliche auch eine vernünftige Begleitung auf ihrem Weg in die digitale Welt und eine Aufklärung über die dort bestehenden Risiken. Eine Aufklärung, die Perspektiven jenseits von Katastrophenszenarios zeigt und Gefährdungen und Gefahren deutlich macht.“

Kamera aus, TV-Spot an – was hilft

Eltern und Erziehende können frühzeitig auf Anzeichen für Cybergrooming achten und sollten Kindern und Jugendlichen im Umgang mit sozialen Medien zur Seite stehen. Auch Sicherheitsregeln, wie das Ausschalten der Computer- und Smartphone-Kamera oder die Rücksprache mit den Eltern bei neuen Kontakten, können helfen, das Risiko einer unerwünschten, für das Kind möglicherweise folgenreichen Kontaktaufnahme zu verringern.

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs und die Initiative SCHAU HIN! informieren gemeinsam in den Tagen um den Safer Internet Day vor allem in sozialen Netzwerken mit Postings und einem Video über Cybergrooming. SCHAU HIN! ist die gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der beiden öffentlich-rechtlichen Sender Das Erste und ZDF sowie der AOK – Die Gesundheitskasse. Der Medienratgeber für Familien unterstützt seit 2003 Eltern und Erziehende dabei, ihre Kinder im Umgang mit Medien zu stärken. Dieses Jahr hat die Initiative Cybergrooming in einem neuen TV-Spot thematisiert, der Anfang Februar erstmals ausgestrahlt worden ist und das gesamte Jahr 2021 über bei Das Erste und beim ZDF gezeigt wird.

Quelle: Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 09.02.2021

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