Soziale Arbeit

Kein Krieg in der Ukraine! – Position der DGSA

Die Fachgruppen der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) haben ein gemeinsames Positionspapier verabschiedet. Geschrieben aus der Perspektive der Sozialen Arbeit wird darin verurteilen jede Form von Imperialismus, Stellvertreterkriegen und Nationalismus, die ein friedliches Zusammenleben in einer diversen globalisierten Welt verunmöglichen, verurteilt. Der Frieden in der Ukraine sei sofort wieder herzustellen und die Sicherheit aller Menschen in der Ukraine zu gewährleisten.

04.03.2022

Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) sowie folgende Fachgruppen und Sektionen haben das Papier unterzeichnet:

  • Fachgruppe für Migration, Rassismuskritik und Antisemitismus
  • Fachgruppe für Internationale Soziale Arbeit
  • Sektion für Forschung
  • Fachgruppe für Klimagerechtigkeit und sozialökologische Transformation
  • Fachgruppe für Case Management in der Sozialen Arbeit
  • Fachgruppe für Bewegung, Sport und Körper
  • Fachgruppe für Ethik und Soziale Arbeit
  • Fachgruppe für Soziale Arbeit und Digitalisierung
  • Fachgruppe für Gender
  • Sektion für Theorie und Wissenschaft
  • Sektion für Klinische Sozialarbeit
  • Sektion für Politik Sozialer Arbeit
  • Fachgruppe für Promotionsförderung
  • Fachgruppe netzwerkAGsozialearbeit
  • Fachgruppe für Lehre
  • Fachgruppe für Soziale Arbeit in Kontexten des Alter(n)s
  • Fachgruppe für Adressat*innen, Nutzer*innen und (Nicht-)Nutzung Sozialer Arbeit
  • Fachgruppe für Sozialwirtschaft
  • Sektion für Gemeinwesenarbeit

Weitere Fachgruppen der DGSA und andere Organisationen/Gruppen sind eingeladen das Positionspapier zu unterzeichnen. Bitte hierfür bitte Petra Danková, Fachgruppe Internationale Soziale Arbeit und Co-Sprecherin der Fachgruppe Flucht, Migration, Rassismus- und Antisemitismuskritik (DGSA), kontaktieren: petra.dankova@fhws.de

Das Papier „Kein Krieg in der Ukraine!“ steht auch als PDF zum Download zur Verfügung. Eine englischsprachige Version ist ebenfalls verfügbar.

Kein Krieg in der Ukraine!

Positionspapier im Wortlaut

Als Fachgruppen Flucht, Migration, Rassismus- und Antisemitismuskritik sowie Internationale Soziale Arbeit schreiben wir dieses Positionspapier aus einer Perspektive Sozialer Arbeit. Wir arbeiten eng mit Menschen und Communities zusammen, die von Zwangsmigration, Gewalt, Unterdrückung und Ungerechtigkeit betroffen sind. Wir wollen damit die Statements der International Federation of Social Work vom 24. Februar 2022 sowie der International Association of Schools of Social Work vom 26. Februar 2022 bekräftigen. Wir stehen entschieden auf Seiten der Menschen in der Ukraine und gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der russischen Regierung auf deren Staatsgebiet. Mit Entsetzen beobachten wir die Bombardierung ziviler Infrastruktur und die extrem gefährlichen Kampfhandlungen um die Atomruine in Tschernobyl. Wir verurteilen jede Form von Imperialismus, Stellvertreterkriegen und Nationalismus, die ein friedliches Zusammenleben in einer diversen globalisierten Welt verunmöglichen.

Als Sozialarbeitende in der Praxis, sowie als Angehörige der sozialarbeiterischen Wissenschaftscommunity wissen wir, wie schnell Beziehungen zerstört werden können und wie lange und schmerzvoll Prozesse der Regeneration und des Heilens sein können. Wir rufen alle russischen Amtsträger:innen auf, die militärischen Aktivitäten zu beenden und alle Mittel in Bewegung zu setzen, die nötig sind, um den Frieden in der Ukraine wieder herzustellen und die Sicherheit aller Menschen in der Ukraine zu gewährleisten. Wir erklären unsere Solidarität mit Sozialarbeitenden und anderen Unterstützer:innen in der Ukraine und angrenzenden Ländern, die Notfallhilfe für alle Menschen bereitstellen, die von Gewalt und Zwangsvertreibung betroffen sind. Aus der Erfahrung mit anderen Krisen rufen wir alle Akteur:innen dringend dazu auf, Bedingungen zu schaffen, in denen lokale Sozialarbeitende, Forschende und Wissenschaftler:innen sowie andere Expert:innen vor Ort die Vorgehensweise selbst bestimmen können, da sie die Umstände vor Ort am besten kennen.

Die EU muss politische Praktiken und Ressourcen bereitstellen, um die Schutzsuchenden mit offener Haltung willkommen heißen zu können. Menschen, die aus der Ukraine fliehen, müssen das Zielland ihrer Flucht selbst bestimmen dürfen. Die deutsche Regierung muss sich für Bewegungsfreiheit innerhalb der EU stark machen. Als Sozialarbeitende aus Praxis und Forschung in Deutschland rufen wir die deutsche Regierung dazu auf, adäquate finanzielle Mittel bereitzustellen, um Schutzsuchende in Deutschland aufzunehmen. Wir fordern die deutsche Regierung auf, sichere Fluchtwege offen zu halten, um die Flucht aus der Ukraine möglich zu machen und eine unbürokratische Einreise nach Deutschland mit sicherer Bleibeperspektive hier zu ermöglichen. Handlungsspielräume müssen gänzlich ausgeschöpft werden, um den Menschen unbürokratischen Aufenthalt in Deutschland zu gewähren (z.B. durch Verlängerung des visumfreien Aufenthalts, über ein Studium oder Familienzusammenführung). Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass eine enge Zusammenarbeit mit den Communities und die Dezentralisierung der Unterbringung von geflohenen Menschen am besten funktionieren, um die Menschen in ihrem Bedürfnis nach Sicherheit zu unterstützen und ihnen Kontrolle über ihr Leben zurückzugeben. Wir rufen die Regierung auf sicherzustellen, dass die aus der Ukraine fliehenden Menschen unmittelbar Zugang zu Bildung, zum Gesundheitssystem, adäquatem Wohnraum und zum Arbeitsmarkt erhalten. Die in den letzten Jahren implementierte restriktive Flüchtlingspolitik muss zurückgenommen werden – nicht alleine für ukrainische Geflüchtete, sondern für alle Menschen, die in Deutschland Schutz suchen.

Wir rufen unsere Netzwerke und Communities auf, alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Sexualität, Religion, die Zuflucht suchen, willkommen zu heißen und zu unterstützen. Am besten funktioniert das in einem gemeinsamen Dialog und mit einer partnerschaftlichen und solidarischen Haltung. Gleichzeitig weisen wir alle verallgemeinernden Ressentiments, Hass oder Diskriminierung gegenüber Menschen zurück, die sich als Russ:innen wahrnehmen oder von anderen Menschen als Russ:innen wahrgenommen werden. Wir stehen ausdrücklich hinter all den mutigen Menschen, die in Russland und überall in der Welt Proteste initiieren und zivilen Ungehorsam zeigen, um deutlich zu machen, dass sie für Frieden aufstehen und gegen die Militäraktion russischen Regierung sind.

Wir stehen vereint mit allen Unterstützer:innen und Menschen, die sich für Frieden und Gerechtigkeit jenseits nationaler Grenzen einsetzen. In Zeiten, in denen viele Kräfte weltweit versuchen zu spalten und zu polarisieren, streben wir als Sozialarbeitende eine gemeinsame Basis für den Kampf um Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität an. Wir erinnern an die pazifistische Tradition und die Rolle, die unser Berufsstand in der internationalen Friedensbewegung und in der Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten gespielt hat, während wir in der Vergangenheit Kriege in Europa und darüber hinaus erlebt haben. Besonders wichtig ist uns die Solidarität mit all jenen, die mit der Gewalt konfrontiert werden, welche Grenzen innewohnt– in der Ukraine und über die Ukraine hinaus. Wir appellieren an die
Verantwortlichen, alles Menschenmögliche dafür zu tun, Kriege und bewaffnete Konflikte überflüssig werden zu lassen.

27. Februar 2022

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA)

Redaktion: Kerstin Boller

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