Bayern

Junge Menschen ernst nehmen, ihre Probleme angehen

Die Trendstudie „Jugend in Deutschland 2024“ zeigt, dass Zukunftsängste die gesellschaftliche Engagementbereitschaft junger Menschen mindern. Philipp Seitz, Präsident des Bayerischen Jugendrings, betont die Notwendigkeit echter Mitbestimmung und sicherer Räume in der Jugendarbeit, um Jugendlichen Halt und Orientierung zu geben.

22.05.2024

Philipp Seitz ist seit einem Jahr Präsident des Bayerischen Jugendrings. Die aktuelle Trendstudie „Jugend in Deutschland 2024“ bestätigt ihn und die Jugendarbeit darin, wie wichtig Beteiligung und Selbstwirksamkeit sind.

Belastungen und Zukunftsängste nehmen jungen Menschen zunehmend die Motivation, sich gesellschaftlich zu engagieren. Das ist ein Ergebnis der neuen Studie „Jugend in Deutschland“ 2024 der Jugendforscher Simon Schnetzer und Prof. Dr. Klaus Hurrelmann. Die Trendstudie mit dem Untertitel „Verantwortung für die Zukunft? Ja, aber“ greift eine Vielzahl von Themen auf, zu denen sich der Bayerische Jugendring (BJR) bereits positioniert hat, wie etwa Jugendarmut, Migrationsfragen, Mangel an Wohnraum und jugendgerechter Mobilität.

„Viele junge Menschen sind aktuell verunsichert oder psychisch belastet, in höherem Maße als vorhergehende Generationen. Sie leiden unter starkem Leistungsdruck, wirtschaftlichen Sorgen, vermissen Verbundenheit mit Anderen und fühlen sich angesichts multipler Krisen wie Kriegen, Migration und Klimawandel zunehmend hilflos und nicht wahrgenommen. Das geht bis hin zu einer wachsenden Skepsis gegenüber unserem politischen System. Die neue Trendstudie ,Jugend in Deutschland‘ zeigt das einmal mehr auf. Gerade jetzt ist es wichtig, jungen Menschen Gemeinschaftserlebnisse sowie Safer Spaces zu ermöglichen und ihnen in bewegten Zeiten Halt, Orientierung und glaubhaft echte Mitbestimmung zu ermöglichen.“

betont Philipp Seitz, BJR-Präsident

Mitbestimmung statt Frust: Neue Fach- und Servicestelle Jugendbeteiligung

Seit genau einem Jahr steht Seitz nun an der Spitze des BJR und hat seitdem Schwerpunkte auf die Förderung von Jugendbeteiligung und Demokratie-Bildung gelegt.

„Diese aktuellen Studienergebnisse sind ein erneutes Alarmzeichen. Wir müssen Kindern und Jugendlichen Wege aus dem Gefühl der Überforderung in die Verantwortung aufzeigen – und sie dann auch ernst nehmen. Sie wollen und brauchen ehrliche Angebote, sich einzubringen und in ihrem Sinne konkret etwas zu verändern. In der Jugendarbeit tun wir das jeden Tag: Hier erleben junge Menschen Selbstwirksamkeit und erfahren Gemeinschaft.“

sagt Seitz.

Wichtig sei, dass junge Menschen mitreden und mitbestimmen können – und erkennen, dass ihre Stimme gehört wird. Sie seien schließlich Expert*innen in eigener Sache, erklärt Seitz. Seit einigen Monaten unterstützt der BJR mit der neuen landesweiten Fach- und Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung gezielt Kommunen bei der Entwicklung von Beteiligungsstrategien und begleitet Prozesse von der ersten Stunde an. „Das ist gerade jetzt ein wichtiger Schritt für noch mehr Jugendbeteiligung in Bayern“, unterstreicht Seitz.

Wer denkt, nichts bewegen zu können wird anfällig für populistische Botschaften

„Im Jugendzentrum, in der Jugendbildungsstätte, im Jugendverband oder in der Gruppenstunde erleben junge Menschen ganz konkret, dass es sich lohnt, sich zu engagieren, dass sie etwas bewirken können, und das in einem Setting ohne Leistungsdruck.“ Das sei eine zentrale Erfahrung, so Seitz, auch mit Blick auf die steigenden Zustimmungswerte für rechtspopulistische Parteien in der Altersgruppe:

„Wer sich sorgt, den Lebensstandard der Eltern aus eigener Kraft nicht erreichen zu können, seine Probleme nicht ausreichend adressiert sieht und gleichzeitig nicht das Gefühl hat, selbst etwas bewegen zu können, wird empfänglich für einfache Antworten.“

Politik müsse gerade in Zeiten von multidimensionalen Krisen die Themen junger Menschen ernsthaft angehen, unterstreicht Seitz. Eine jugendgerechte Politik bedeute, den Blick auf die jungen Menschen zu richten und sie auf allen politischen Ebenen in den Fokus zu nehmen: Von der Weltpolitik bis ins kleinste Dorf. Die Jugendarbeit sei dabei ein Lern- und Erfolgsfeld gelebter Demokratie. „Eine starke Jugendarbeit ist zentrale Voraussetzung für umfassende Teilhabe und eine engagierte Zivilgesellschaft.“

Eine bedarfsgerechte Ausstattung benötige es trotz teilweise angespannten Haushaltslagen in allen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendarbeit, um auch weiterhin auf die wandelnden Bedürfnisse junger Menschen pädagogisch qualifiziert und zielgruppengerecht eingehen zu können. So sei beispielsweise die Gemeindejugendpflege in ihrer unmittelbar wirkenden Funktion in den Kommunen ein wichtiger Baustein der Demokratiebildung.

Die Jugendstudie zeigt außerdem, dass psychische Belastungen bei jungen Menschen nochmals deutlich zugenommen haben. Auch hier komme der Jugendarbeit eine besondere Bedeutung zu: „Sie setzt an den Stärken der Kinder und Jugendlichen an, überträgt ihnen Verantwortung und schafft essenzielle Räume der Selbstwirksamkeit. Das stärkt und unterstützt junge Menschen gerade in schwierigen Zeiten.“ Insbesondere die Ehrenamtlichen und Fachkräfte benötigen hierbei weitere Unterstützung.

Er werde weiterhin um gute Rahmenbedingungen für die Jugendarbeit ringen, so der BJR-Präsident, und sich mit den Partner*innen in der Landespolitik engagiert dafür einsetzen, dass sie auch auf lange Sicht nachhaltig finanziell und personell bedarfsgerecht ausgestattet wird. Klar sei dabei eines, unterstreicht Seitz: „Wer in die Jugendarbeit investiert, der stärkt unsere Demokratie!“

Quelle: Bayerischer Jugendring, 01.05.2024

Redaktion: Lukas Morre

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