Jugendpolitik

Jugend stärken und beteiligen: OECD legt Bestandsaufnahme vor

Etwa 77% der Mitgliedsländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben umfassende, mehrjährige nationale oder förderale Jugendstrategien entwickelt. Dies zeigt ein aktueller OECD-Bericht, der außerdem auf institutionelle Rahmenbedingungen, Jugendchecks bei der Gesetzgebung, Jugendbeteiligung im öffentlichen Leben sowie das Wahlalter eingeht.

19.06.2018

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat eine Bestandsaufnahme veröffentlicht, die die Ergebnisse von Maßnahmen des öffentlichen Sektors für erfolgreiche und inklusive Jugendbeteiligung und -stärkung in ihren Mitgliedstaaten sichtbar macht.

Der Bericht baut auf fünf verschiedenen Parametern auf:

  • gesamtheitlicher Regierungsansatz zu Jugendpolitik,
  • institutionelle Rahmenbedingungen und Koordination,
  • Steuerungsmechanismen, um Meinungen von Jugendlichen bei politischen Entscheidungen und Dienstleisungen einfließen zu lassen,
  • Jugendbeteiligung und -vertretung im öffentlichen Leben,
  • rechtlicher Rahmen und Regelungen zum Mindestalter.

Die Bestandsaufnahme wurde auf Basis von Informationen, die der OECD in Form von Berichten und anderen aussagekräftigen Dokumenten vorlagen, erstellt.

Gesamtheitlicher Regierungsansatz zu Jugendpolitik

Die Auswertung zeigte, dass etwa 77% der OECD-Staaten umfassende, mehrjährige nationale oder förderale Jugendstrategien entwickelt haben. Was die Umsetzung angeht, lag der Anteil im März 2018 bei nur 40% (unter anderem in Österreich, Tschechien, Deutschland, Spanien, Estland, Finnland, Ungarn, Irland, Luxemburg, Mexiko, Slowakei, Türkei). Zu den Ländern, in denen derzeit keine nationale Jugendstrategie vorliegt, gehören unter anderem Belgien, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Israel, Italien, Japan, Niederlande, Norwegen, Neuseeland, Polen, Schweden und die USA.

Institutionelle Rahmenbedingungen und Koordination

In den meisten OECD-Staaten liegt die formale Zuständigkeit für den Jugendbereich auf Regierungsebene bei oder in einem Ministerium. Jedoch gibt es große Unterschiede in den Ressourcen, die dieser Regierungsstelle zur Verfügung stehen, und der Verknüpfung zur Regierungszentrale (z.B. Generalsekretariat, Kabinettsbüro oder Kanzleramt).

Die Zuständigkeit lässt sich in vier Gruppen aufteilen:

  • Der Jugendbereich ist direkt in der Regierungszentrale angesiedelt (Japan: Generaldirektor für Politikplanung der Politik für eine kohärente Gesellschaft im Kabinettsbüro; Italien: Abteilung für Jugend und Nationalen Bürgerdienst beim Büro des Premierministers),
  • Es gibt ein Jugendministerium (Deutschland: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend;
  • Es gibt eine Abteilung in einem Ministerium mit einem anderen Schwerpunktbereich, vor allem Bildung (Estland, Finnland, Griechenland, Lettland, Niederlande, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowenien, Südkorea, Norwegen, USA). Chile, Mexiko und Spanien haben ein so genanntes Jugendinstitut (Instituto de la Juventud), das die institutionellen Maßnahmen und die nationale Jugendpolitik koordiniert und umsetzt. 
  • Die Zuständigkeit für den Jugendbereich ist auf mehrere Ministerien verteilt oder komplett dezentralisiert (Australien, Belgien, Island, Vereinigtes Königreich).

Meinungen von Jugendlichen einfließen lassen

Einige OECD-Staaten beziehungsweise Regionen haben Jugendchecks entwickelt und setzen diese ein, unter anderem Österreich, Belgien (Flämische Gemeinschaft), Deutschland, Frankreich, Irland, Neuseeland. Andere, wie Schweden, Schottland (Vereinigtes Königkreich), New Brunswick (Kanada) wenden ein System an, das die Folgen von Gesetzen für Kinder bis 18 Jahre abschätzt (Child Regulatory Impact Assessments, CRIA). Die Flämische Gemeinschaft in Belgien hat dieses System auf Jugendliche bis 25 Jahre erweitert.

Mehrere Staaten haben begonnen, ihre Informationen zu den Finanzhaushalten jugendgerechter aufzubereiten und öffentlich zu machen (zum Beispiel Australien, Slowenien, Irland, Hong Kong). Aussagen zu den Ausgaben im Jugendbereich zu treffen, ist nach Angaben der OECD relativ schwierig, da die Datenlage nicht immer eindeutig ist. Auch hier haben sich einige Länder auf den Weg gemacht. Zum Beispiel müssen in Mexiko alle Ministerien ihre Ausgaben, die in irgendeiner Form kindbezogen sind, an das Finanzministerium melden. Auch Wales (Vereinigtes Königreich) gibt einen eigenen Bericht zu Ausgaben für Kinder (Children’s Budgeting in Wales) heraus.

Verschiedene Initiativen in den USA und Europa (Portugal) bieten Jugendlichen die Möglichkeit, über die Aufteilung von Budgets und die Verteilung von Geldern mitzuentscheiden.

Jugendbeteiligung und -vertretung im öffentlichen Leben

Norwegen, Finnland und Schweden gehören zu den OECD-Ländern mit den höchsten Werten, wenn es um darum geht, wie politische Rechte und bürgerliche Freiheiten als Vorbedingungen für erfolgreiche und inklusive Jugendbeteiligung sichergestellt werden.

Mit Blick auf parteipolitisches Engagement stellen die für 14 OECD-Staaten verfügbaren Daten klar: Das Interesse und die Sympathie für eine bestimmte Partei gehen bei Jugendlichen außer in den USA (44%) und drei anderen OECD-Mitgliedstaaten (Mexiko: 18%; Neuseeland: 16%; Schweden: 12%) nicht über 10% hinaus. Jugendliche engagieren sich zunehmend in alternativen Formen der politischen Beteiligung, zum Beispiel in der weltweit aktiven Occupy-Bewegung oder in Frankreich in der Nuit debout-Bewegung.

Jugendorganisationen bieten jede Menge Möglichkeiten, sich zu engagieren, ob im kirchlichen Bereich oder im Sport, in der kulturellen Bildung, zu Menschenrechtsthemen oder in der Umwelt. Unterschiede in den OECD-Ländern bestehen in der Gewichtung der Bereiche, wo sich Jugendliche engagieren: in Australien, Japan, den Niederlanden, Neuseeland und Slowenien vor allem im Sportbereich, in Schweden eher in den Gewerkschaften. Jugendliche, zum Beispiel, in Chile, Spanien, Mexiko und den USA engagieren sich vor allem in kirchlichen Jugendorganisationen.

Junge Menschen in der Politik

Der Anteil Jugendlicher an Parlamentarier(inne)n ist OECD-weit niedrig. Der Anteil von unter-40-Jährigen in nationalen Parlamenten liegt bei 20,5%. Deutschland liegt darunter. Dänemarks Anteil ist doppelt so hoch. Der Anteil der USA und Südkoreas liegt unter 10%. Schweden hat eine Quote eingeführt: 25% der Kandidat(inn)en für das nationale Parlament müssen unter 35 sein.

Das Durchschnittsalter der Minister/-innen in Regierungskabinetts in OECD-Ländern liegt zwischen 45 und 62,4 Jahren. In 13 OECD-Ländern ist kein/-e Minister/-in oder Regierungschef unter 40 Jahre alt. Jüngst gab es eine Welle der Wahl von jüngeren politischen Führungskräften (unter 40 Jahre: Österreich, Neuseeland, Estland, Irland; unter 45 Jahre: Frankreich, Belgien, Griechenland, Island).

Rechtlicher Rahmen und Regelungen zum Mindestalter

Die OECD-Länder Estland, Finnland, Island, Lettland, Luxembourg, Slowenien, Südkorea und die Schweiz haben Jugendgesetze, die unterschiedliche Altersspannen abdecken: Finnland 0-29 Jahre, Luxemburg 12-30 Jahre, Slowenien 15-29 Jahre, Südkorea 9-24 Jahre.

Aktuelle Debatten in OECD-Ländern drehen sich unter anderem um die Absenkung des Wahlalters. Länder, in denen Unter-18-Jährige auch bei nationalen Wahlen wählen dürfen, sind Österreich (mit 16 Jahren) und Griechenland (mit 17 Jahren). Auch Malta hat kürzlich das allgemeine Wahlalter auf 16 Jahre herabgesenkt. Bei Kommunalwahlen dürfen auch in Estland, Israel, Deutschland oder Slowenien Jugendliche unter 18 an die Wahlurne treten.

Weitere Informationen und Ergebnisse der Bestandsaufnahme finden sich im englischsprachigen OECD-Bericht (PDF 1,7 MB).

Quelle: OECD

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