2. Jahrestag des 7. Oktober 2023

Jüdische Lebensrealitäten in Deutschland

Jüdische Lebensrealitäten in Deutschland sind gefährdeter denn je – neue Studien und Umfragen zeigen das Ausmaß von Antisemitismus, Ausgrenzung und Unsicherheit. Darunter auch die Ergebnisse einer Umfrage unter jüdischen Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren. Die Beeinträchtigungen sind beträchtlich.

07.10.2025

Zwei Jahre nach dem terroristischen Anschlag auf Israel am 7. Oktober 2023 sind die Auswirkungen für Jüdinnen und Juden und Israelis auch in Deutschland weiterhin spürbar und ziehen sich durch alle Lebensbereiche. Eine Anerkennung der kollektiven traumatischen Wirkung des Massakers und der anhaltenden Geiselkrise sowie der Omnipräsenz antisemitischer Einstellungen in sämtlichen Sphären des Alltags (online und offline), bis hin zu offener Diskriminierung, Gewalt bleibt in weiten Teilen der Gesellschaft bis heute aus.

Der Zwischenbericht der bundesweiten Studie zu den Auswirkungen des terroristischen Anschlags am 7. Oktober 2023 (PDF: 2,93 MB) auf jüdische und israelische Communities in Deutschland des Kompetenzzentrums für antisemitismuskritische Bildung und Forschung (KOAS) und der Fachhochschule Potsdam, gefördert durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, zeigt: Jüdinnen und Juden in Deutschland berichten über massive Anfeindungen, Diskriminierungen und Ausgrenzungserfahrungen. Diese reichen von Isolation in Schulen, Hochschulen, am Arbeitsplatz oder in Arztpraxen bis hin zu Rückzugstendenzen, bei denen Betroffene ihre jüdische Identität verbergen, um sich zu schützen.

Die Befunde des Zwischenberichtes korrespondieren mit den Ergebnissen der auf den diesjährigen, durch die Deutsche Fernsehlotterie geförderten, bundesweiten Jugendbildungsaufenthalten der ZWST (Machanot) durchgeführten Umfrage zur “Wahrnehmung und Umgang von jüdischen Jugendlichen mit Antisemitismus Online” unter Teilnehmenden zwischen 12-18 Jahren:

  • 87 % haben in den letzten 12 Monaten antisemitische Inhalte online gesehen, fast die Hälfte davon sehr häufig.
  • 42 % berichten von Angst und Belastung, 44 % nehmen die Erlebnisse in ihr Offline-Leben mit, 13,5 % erleben körperliche oder psychische Folgen.
  • 28 % fühlen sich dadurch im Alltag stark beeinträchtigt, 41 % wissen nicht, wie sie reagieren sollen – weder online noch offline.

Die Wahrnehmung von Antisemitismus in Online-Räumen beeinflusst Sicherheitsgefühl und Wohlbefinden jüdischer Jugendlicher erheblich und verdeutlicht zugleich, wie sehr die digitale Lebensrealität jüdischer Jugendlicher durch Hass und Bedrohung geprägt ist. Die Ergebnisse der Umfrage unterstreichen die Notwendigkeit, in diesem Bereich weitere Evidenz zu schaffen.

Zwei Jahre nach dem 7. Oktober 2023 konstatiert die ZWST als sozialer Dachverband der Jüdischen Gemeinden in Deutschland: Jüdische Lebensrealitäten in Deutschland sind heute von Ausgrenzung, Bedrohung und Unsicherheit geprägt. Der Zustand der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland war seit Zerschlagung der nationalsozialistischen Terrorherrschaft nicht mehr so fragil und sollte alarmieren. Politik und Gesellschaft sind gefordert, Antisemitismus in all seinen Facetten und Ausprägungsformen zubenennen, ihm wirksam entgegenzutreten und jüdisches Leben in Deutschland nachhaltig zu schützen.

Quelle: Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V. vom 06.10.2025

Redaktion: Zola Kappauf