Flucht und Migration
Institut für Menschenrechte: Schutzbedürftigkeit systematisch ausgeblendet
Das Deutsche Institut für Menschenrechte unterbreitet Vorschläge, wie Deutschland sein Bekenntnis zu den Menschenrechten in konkrete Maßnahmen umsetzen würde und kritisiert die vorgestellten Maßnahmen des "Masterplan Migration". Die Menschenrechte seien in diesem kaum zu finden und wesentliche Rechtspositionen würden eingeschränkt.
11.07.2018
Anlässlich der Veröffentlichung des "Masterplans Migration" erklärt Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte:
"Die Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag klar zum Flüchtlingsschutz und zu den Menschenrechten von Flüchtlingen bekannt. Menschenrechte sind in dem heute veröffentlichten 'Masterplan Migration' des Bundesinnenministeriums allerdings kaum zu finden. Beharrlich wird die Schutzbedürftigkeit von Geflüchteten ausgeblendet, und werden Flucht und Migration, die unterschiedliche Ursachen haben, miteinander vermischt. Damit geraten die verbindlichen Menschenrechte der Betroffenen aus dem Blick.
Menschenrechte in konkrete Maßnahmen übersetzen
Ein 'Masterplan Migration', der das Bekenntnis Deutschlands zu den Menschenrechten in konkrete Maßnahmen übersetzt, würde darauf setzen, dass Asylverfahren nicht nur schnell, sondern auch gut sind. Dafür würde er unabhängige Verfahrensberatung von Anfang an sicherstellen. Er würde zudem Verfahren schaffen, in denen besonders Schutzbedürftige, wie zum Beispiel Schwangere, Behinderte oder traumatisierte Menschen, vor dem Beginn des Asylverfahrens identifiziert werden und die notwendige Unterstützung erhalten. Er würde die Integration der anerkannt Schutzberechtigten in den Mittelpunkt stellen, damit diese Menschen sich ein neues Leben aufbauen können.
Unter Integrationsmaßnahmen versteht der 'Masterplan Migration' jedoch nur die Verschärfung von Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten im Kontext von Integrationskursen. Investitionen in schulische und berufliche Bildung sowie in die Arbeitsmarktintegration fordert der 'Masterplan' mit Bezug auf die Herkunftsländer, sieht aber keine für das Inland vor.
Eröffnung legaler Zuwanderungswege
Zum Schutz der Menschenrechte von Arbeitsmigranten würde ein 'Masterplan Migration' einen Schwerpunkt auf die Eröffnung legaler Zuwanderungswege für hier dringend benötigte Arbeitskräfte legen, um zu verhindern, dass Menschen ihr Leben in die Hand von Schleppern legen müssen.
Stattdessen sind die angekündigten Maßnahmen geprägt von dem pauschalen Verdacht des Missbrauchs von Rechten und von der Einschränkung wesentlicher Rechtspositionen. So soll der Rechtsschutz in Asylverfahren abgebaut werden für die Menschen, die ohne Ausweispapiere in Deutschland ankommen. Beschleunigte Verfahren und verkürzte Rechtsmittelfristen machen es vielen unmöglich, ihr Recht auf unabhängige Verfahrens- und Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, obwohl dies im Koalitionsvertrag vorgesehen ist.
Migrationspolitische Ziele dürfen die Menschenrechte nicht unterlaufen
Weiterhin sollen Schutzsuchende statt wie bisher 15 Monate nun drei Jahre lang die (medizinische) Notversorgung des Asylbewerberleistungsgesetzes erhalten, was zu schweren und irreversiblen Schäden führen kann. Geplant sind auch vermehrt Sachleistungen statt Geldleistungen. Sich über lange Zeit nicht selbst versorgen zu dürfen, bedeutet für viele Personen den Verlust von Autonomie in einem wichtigen Lebensbereich. Bereits 2012 hat das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass migrationspolitische Ziele die Menschenwürde nicht unterlaufen dürfen."
Quelle: Deutsches Institut für Menschenrechte vom 10.07.2018
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