Freiwilliges Engagement

In ländlichen Regionen droht vielen Vereinen das Aus

Eine neue Sonderauswertung des ZiviZ-Surveys 2017 – der einzig repräsentativen Befragung zivilgesellschaftlicher Organisationen in Deutschland – zeigt, dass sich zwischen 2006 und 2016 in ländlichen Regionen über 15.500 Vereine aufgelöst haben, jeder Neunte. Vereine in Dörfern, Gemeinden und Kleinstädten haben laut der Sonderauswertung zunehmend Schwierigkeiten, Engagierte zu gewinnen und zu binden. Die Digitalisierung kann helfen, die Probleme zu überwinden: Eine verstärkte Nutzung digitaler Technologien kann dem Vereinssterben auf dem Land entgegenwirken.

07.09.2018

Das Vereinsleben im ländlichen Raum aufrecht zu erhalten, wird durch den demografischen Wandel erschwert: Die Bevölkerung altert und Menschen wandern ab. Hinzu kommen Nachwuchsprobleme: „Gerade jüngere Menschen verbinden mit ehrenamtlichen Positionen nicht länger hohes Prestige, binden sich auch nicht mehr lebenslang an einzelne Organisationen“, sagt Holger Krimmer, Geschäftsführer der ZiviZ im Stifterverband. So verzeichnet mittlerweile nahezu jeder vierte Verein in ländlichen Regionen erhebliche Rückgänge bei den Engagierten-Zahlen (22 Prozent), weil Engagierte fehlen oder Vereine ihre Ehrenamtlichen nicht langfristig binden können. In den Städten fällt diese Zahl mit rund 14 Prozent weitaus geringer aus. Insbesondere in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind Vereine in Gefahr. Gut schneidet hingegen Baden-Württemberg ab.

Diese Entwicklung gefährde den gesellschaftlichen Zusammenhalt in dünn besiedelten Landkreisen: „Schon heute können Kommunen und Staat vielerorts nicht mehr dieselben Leistungen der Daseinsvorsorge wie in der Stadt bieten und sind auf das Engagement der Bürgerinnen und Bürger angewiesen“, sagt Holger Krimmer. „Damit droht immer mehr Menschen, von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben abgeschnitten zu werden.“

Digitalisierung als Chance für die Vereinsarbeit

Die Studie „Vereinssterben in ländlichen Regionen – Digitalisierung als Chance“ macht deutlich, dass die verstärkte Nutzung digitaler Technologien dem Vereinssterben auf dem Land entgegenwirken kann: Cloud-Lösungen und Video-Konferenzen beispielsweise ersparen lange Wege zur Vereinsarbeit. Optimierte Arbeitsprozesse durch moderne Kommunikationswege können es erleichtern, neue Engagierte zu gewinnen. Hier seien vor allem die Kommunen, Bund und Länder, aber auch Unternehmen gefordert.

Förderinitiative „digital.engagiert“ unterstützt bei Projektideen zur Digitalisierung der Zivilgesellschaft

„Digitaler Fortschritt erleichtert es Ehrenamtlichen, sich zu engagieren und Mitstreiter zu gewinnen. Es ist wichtig, dass Vereine die Chancen digitaler Technologien für gute Zwecke nutzen können – gerade auch um junge Menschen besser zu erreichen“, sagt Dorothee Bär, Staatsministerin im Bundeskanzleramt und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung. Als Schirmherrin begleitet sie fortan die Förderinitiative „digital.engagiert“ von Stifterverband und Amazon, in deren Kontext die aktuelle Studie veröffentlicht wurde. Ralf Kleber, Country Manager Amazon.de und Mitinitiator der Initiative, betont: „Digitalisierung soll nicht nur Unternehmen zu Gute kommen. Wir wollen, dass auch die Zivilgesellschaft davon profitiert. Dafür öffnen wir unsere Türen und stehen mit Technologie-Expertise sowie finanzieller Unterstützung bereit.“

Wie genau sich digitale Ansätze im Ehrenamt nutzen lassen, zeigt die Studie anhand von Fallbeispielen: So reagierte die Tafel Ginsheim-Gustavsburg e.V. in Hessen auf sinkende Engagierten-Zahlen zum Beispiel mit einer Online-Plattform, die Sachspenden vermittelt. Und der LandesSportBund Niedersachsen e.V. hat eine „digitale Geschäftsstelle“ ins Leben gerufen und nutzt Cloud-Lösungen für Aufgaben des Vorstandes. Mit den unterschiedlichen Ansätzen konnten beide Vereine den Verwaltungsaufwand deutlich reduzieren.

Weitere Informationen

Quelle: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. vom 05.09.2018

Back to Top