Sozilapolitik

Fast jedes fünfte Kind ist armutsgefährdet

2022 lebten 18,8 % der Kinder in Deutschland in Haushalten unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze, besonders häufig in Alleinerziehenden-Haushalten, mit Migrationshintergrund oder mehreren Geschwistern. Diese Kinder erleben oft Einschränkungen beim Zugang sozialer Teilhabe und Bildung sowie zu Konsumgütern, wie eine IAB-Studie zeigt.

14.09.2024

2022 lebten in Deutschland 18,8 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren in Haushalten, die über ein Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze verfügten. Die Mehrzahl der armutsgefährdeten Kinder erlebt Einschränkungen hinsichtlich ihres materiellen Lebensstandards. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Insbesondere Kinder in Alleinerziehenden-Haushalten, mit Migrationshintergrund, mit drei oder mehr Geschwistern und aus Ostdeutschland haben ein höheres Armutsrisiko als andere Kinder. Dagegen schützen eine höhere Bildung und eine Erwerbstätigkeit der Eltern in vielen Fällen vor der Armutsgefährdung.

Das Aufwachsen in einem armutsgefährdeten Haushalt ist mit einer Vielzahl von Einschränkungen des materiellen Lebensstandards verbunden. Unterversorgung zeigt sich insbesondere bei höherwertigen Konsumgütern sowie im Bereich Finanzen und bei der sozialen und kulturellen Teilhabe. Beispielsweise leben mehr als die Hälfte der armutsgefährdeten Kinder in Haushalten, denen es aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, abgenutzte Möbel zu ersetzen, einen festen Betrag zu sparen oder eine Woche in den Urlaub zu fahren.

Auch bei den kinderspezifischen Bedarfen wie regelmäßigem Taschengeld oder einem Platz zum Lernen ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen Kindern in Haushalten mit und ohne Armutsgefährdung. 

„Es bleibt abzuwarten, wie sich der Inflationsschub aus dem Jahr 2022 auf die Lebenslagen von Kindern und ihren Familien ausgewirkt hat“, 

so IAB-Forscher Torsten Lietzmann. „Um die Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen zu verringern, bleiben die Höhe der materiellen Absicherung, die Förderung der Erwerbsbeteiligung der Eltern sowie ein einfacher Zugang zu Leistungen sinnvolle Ansatzpunkte“, führt IAB-Forscherin Claudia Wenzig fort.

Die Studie beruht auf Daten des Panels „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ (PASS). Sie ist hier abrufbar

Datenbasis

Das PASS ist eine jährliche Haushaltsbefragung mit den Schwerpunktthemen Arbeitsmarkt, Armut und soziale Sicherung. Neben seinem Längsschnittcharakter zeichnet sich das Haushaltspanel dadurch aus, dass es mit rund 5.000 Haushalten mit SGB-II-Bezug sowohl eine hohe Fallzahl von Haushalten im Niedrigeinkommensbereich umfasst als auch repräsentativ für die Wohnbevölkerung in Deutschland ist.

Armutsdefinition

Die Armutsgefährdungsquote gibt den Anteil der Personen an, die in ihren Haushalten über weniger als 60 Prozent des Medians aller Haushaltsnettoeinkommen in Deutschland verfügen. Um unterschiedliche Haushaltgrößen miteinander vergleichen zu können, werden alle Haushalte nach der modifizierten OECD-Skala gewichtet. Auf Basis des Panels „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ liegt die Armutsgefährdungsschwelle 2022 für einen Ein-Personen-Haushalt in Deutschland bei insgesamt 1.153 Euro und für einen Vier-Personen-Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren entsprechend 2,1 Mal höher, also bei 2.421 Euro. Die amtliche Statistik auf Basis des Mikrozensus ermittelt für 2022 eine geringfügig höhere Schwelle von 1.186 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt.

Quelle: idw-Informationsdienst Wissenschaft vom 12.09.2024

Redaktion: Lukas Morre

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