Berlin

Wahlalter 16 – Landesjugendring kritisiert Vorgehen der CDU

CDU und SPD brechen ihr Versprechen an die junge Generation. Das Wahlalter 16 sollte in Berlin noch vor der Sommerpause kommen. Dafür ist es jetzt zu spät. Die CDU will das Grundrecht darüberhinaus offenbar an eine Bedingung knüpfen, die im Koalitionsvertrag anders als bei der Vorgängerregierung gar keine Rolle mehr spielt: Politische Bildung. Der Landesjugendring Berlin kritisiert dieses Vorgehen und bezieht Stellung.

06.07.2023

Auf der Tagesordnung für die letzte Parlamentssitzung vor der zweimonatigen Sommerpause sucht man ein Thema vergeblich: Wahlalter 16. Dabei war es als das einzige Projekt von schwarz-rot angekündigt, das noch vor der Sommerpause umgesetzt werden sollte. Grüne und Linke hatten bereits signalisiert, dafür zu stimmen. Offenbar bekommt es die Regierung nicht auf die Reihe, ihre Ankündigungen zur Wahlalterabsenkung umzusetzen, kritisiert der LJR Berlin. Bis heute hat keine erste Lesung für die Gesetzesänderung stattgefunden. Dabei sollte die Gesetzesänderung „zügig“ auf den Weg gebracht werden, wie auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner Anfang Mai betont hatte.

Was jetzt irritiert: Die CDU möchte Wahlalter 16 offenbar an eine politische Bildungsoffensive knüpfen. Das sagte der stellvertretende CDU-Fraktionschef Danny Freymark gegenüber dem Neuen Deutschland. Für den LJR Berlin klingt dies absurd: Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD ging die „Offensive für politische Bildung“ verloren, die die Vorgängerregierung sich noch auf die Fahnen schrieb. 

Tilmann Weickmann, Geschäftsführer des Landesjugendring Berlin, sagt:

„Wir setzen uns seit langem für die Stärkung der außerschulischen politischen Bildung ein. Wir waren enttäuscht, dass das Thema im neuen Koalitionsvertrag gar keine Rolle mehr spielt. Nun soll es plötzlich eine Voraussetzung für Wahlalter 16 sein? Das riecht stark danach, dass die CDU die Absenkung des Wahlalters verzögern will.“

Politische Bildung ist wichtig, ohne Frage. Sie muss auch unbedingt gestärkt werden, betont der LJR Berlin. Jedoch sei das Wahlrecht ein Grundrecht und dürfe nicht an Bedingungen geknüpft werden. Der Aufschrei wäre sicherlich groß, wenn plötzlich auch Erwachsene vor Wahlen nachweisen müssten, dass sie politisch gebildet sind, postuliert der LJR. Zusätzlich belegen zahlreiche Studien, dass 16-Jährige das politische Wissen für Wahlen haben und nichts die Motivation zu politischer Bildung mehr steigert, als wählen zu dürfen. Der LJR sieht im Vorgehen der Landesregierung eine Gesetztesverletzung: Wer Bildung als Kriterium für das Wahlrecht betrachtet, argumentiert jedoch gegen das Grundgesetz und die Berliner Landesverfassung. Denn dort ist Bildung keine Voraussetzung für das Wahlrecht.

Jeder Berliner Jugendliche solle einmal im Abgeordnetenhaus gewesen sein und Jugendparlamente sollen gestärkt werden, verkündete der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner zudem in einer dpa-Meldung. Tilmann Weickmann findet ein solches Verständnis von politischer Bildung fragwürdig.

Weickmann sagt weiterhin:

„Das ist pure Institutionenkunde und hat mit politischer Bildung, die auch zu politischer Kompetenz und Engagement führt, wenig zu tun. Politische Bildung muss an der Lebensrealität von Jugendlichen anknüpfen, beispielsweise in Jugendverbänden oder Jugendfreizeiteinrichtungen.“

Jugendparlamente hingegen können immer nur ein Baustein für mehr Mitbestimmung junger Menschen sein. Sie sind kein Format, mit dem alle Jugendlichen erreicht werden. Es sind zumeist von Erwachsenen erdachte Beteiligungsformate, bei denen eine kleine Gruppe junger Menschen im Prinzip nichts Verbindliches entscheiden kann. Echte, direkte Beteiligung für alle jungen Menschen kann nur die Absenkung des Wahlalters ermöglichen. Und die sollte die schwarz-rote Regierung schnellstmöglich und zwar ohne Bedingungen einführen, so fordert es der LJR.

Quelle: Landesjugendring Berlin e.V. vom 27.06.2023

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