Homeschooling
Benachteiligung für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung
Die Teilnehmenden des Bund-Länder-Gipfels haben einen Stufenplan zur Öffnung der Schulen beschlossen. Die konkrete Umsetzung bleibt den Bundesländern überlassen. Doch auch eine schrittweise Öffnung der Schulen wird vielen Familien zunächst nicht die erhoffte Entlastung bringen. Bis zur Rückkehr in den normalen Schulbetrieb stehen sie weiterhin vor der großen Herausforderung, Beruf und Distanzunterricht von zuhause aus zu organisieren. Eltern von Kindern mit Behinderung haben es dabei in der aktuellen Situation besonders schwer. Denn es fehlt die Struktur und ein Plan, wie das Homeschooling ihrer Kinder erfolgreich umgesetzt werden kann.
12.03.2021
Konkret bedeutet das:
- Es gibt in der Regel keine Differenzierungsmaterialen und keine differenzierte Unterstützung für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung – die sonderpädagogische Förderung wird komplett den Eltern überlassen oder hängt vom individuellen Engagement einzelner Lehrer ab.
- Die für viele Kinder mit Behinderung so wichtige Schulbegleitung bzw. Assistenz fehlt. Zwar wird sie im Sonderfall auch während des Lockdowns gewährt, muss für diesen Zeitraum aber komplett neu beantragt werden.
- Notwendige Therapien, die vor dem Lockdown in der Schule organisiert wurden, finden nicht statt.
Fehlende Chancengleichheit
„Kinder mit Behinderung werden in der Pandemie nicht mitgedacht, es fehlen inklusive Konzepte – angefangen von barrierefreien Lernmitteln bis hin zur notwendigen Assistenz“, sagt auch Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. „Chancengleichheit ist durch diese Umstände kaum noch gegeben.“ Dennoch kommen Schülerinnen und Schüler mit Behinderung in der aktuellen Debatte um das Lernen zuhause bisher kaum vor. Deshalb appelliert die Aktion Mensch, dass Kinder mit Behinderung in der Pandemie nicht abgehängt werden dürfen.
Familien berichten aus ihrem Alltag
Wie unterschiedlich sich die Situation für Eltern und Kinder mit Behinderung aktuell gestaltet, erleben die Familien Stenzel und An Do aus Bonn.
Lily (7) ist die jüngste von drei Kindern und hat das Down-Syndrom. Sie besucht die zweite Klasse einer Grundschule in Bonn und wird seit der Schulschließung im Dezember von ihren Eltern zuhause unterrichtet. „Die Schule hat uns angeboten, Lily vor Ort zu unterrichten. Dann hätte ihr auch eine Schulbegleiterin zur Seite gestanden. Aber sie hat ein schwaches Immunsystem. Wir haben Angst, dass sie sich mit COVID-19 ansteckt“, sagt Lilys Mutter Gudelia Stenzel. „Für uns ist es jedoch eine große Herausforderung, Lily zuhause zu unterrichten. Es fehlt einfach an geeigneten Lösungen. Wir fühlen uns von der Politik allein gelassen.“
Familie An Do hat mit der Schule ihres Sohnes eine andere Lösung für sich gefunden. David (11) hat ebenfalls das Down-Syndrom und geht in die fünfte Klasse einer Gesamtschule in Bonn. Während des ersten Lockdowns fiel er beim Distanzlernen zurück. Deshalb setzte sich seine Sonderpädagogin dafür ein, dass er während des jetzigen Lockdowns alleine in einem extra Klassenraum von seiner Schulbegleitung beim Online-Unterricht unterstützt wird. "David braucht diese Lernumgebung. Außerdem können sich seine Sonderpädagogin und seine Schulbegleiterin so besser über seine Leistungen austauschen", sagt seine Mutter Diep An Do. "Und es erleichtert uns den Alltag in dieser schwierigen Zeit."
Quelle: Aktion Mensch vom 11.02.2021
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