Bayern

Antidiskriminierungsberatung bedroht: Jetzt Demokratie, Rechtsstaat und Wirtschaft stärken

Die Zukunft der Antidiskriminierungsarbeit in Bayern steht auf dem Spiel, da die Finanzierung bestehender Beratungsstellen Mitte 2025 ausläuft. Auf der Konferenz in Nürnberg forderten Träger und Expert*innen eine Landesantidiskriminierungsstelle, langfristige Finanzierung und die Einbindung Betroffener, um Demokratie und Wirtschaft zu stärken.

28.11.2024

Träger der Antidiskriminierungsberatung in Bayern fordern auf ihrer Konferenz in Nürnberg langfristige Finanzierung und arbeitsfähige Beratungsstrukturen

Die Zukunft der Antidiskriminierungsarbeit in Bayern war die zentrale Fragestellung auf der gleichnamigen Konferenz in Nürnberg, zu der ihre fünf Träger gemeinsam eingeladen hatten. In Bayern gibt es seit 2023 vier Antidiskriminierungsberatungen, die bisher durch Fördermittel der Antidiskriminierungsstelle des Bundes über das Projekt respekt*land finanziert werden: AGABY, der Dachverband der kommunalen Integrationsbeiräte, der gemeinsam mit dem Bayerischen Jugendring (BJR) die mobile Beratung für Ober- und Niederbayern, Schwaben und die Oberpfalz koordiniert, „M.U.T.“ für Mittel- und Unterfranken, „Füreinander in Oberfranken“ (FiO) und die „Antidiskriminierungsberatung (ADB) im Kontext Antiziganismus“ des Verbands Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Bayern, die bei antiziganistischer Diskriminierung weiterhilft. Deren Finanzierung läuft aber spätestens im Juni 2025 ohne Anschlussförderung aus, sodass ein kompletter Rückbau der Beratungsangebote droht und damit eine drastische Unterversorgung in Bayern.

Gemeinsam fordern die vier akut gefährdeten respekt*land-Projekte eine langfristige Finanzierung und arbeitsfähige Beratungsstrukturen in Bayern. Dafür haben sie ein Konzept entworfen, das auf der Konferenz mit hochkarätigen Gästen diskutiert wurde, darunter Karl Straub, Integrationsbeauftragter, und Holger Kiesel, Behindertenbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung. Die zentralen Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Antidiskriminierungsberatung sind demnach

  • die Einrichtung einer Landesantidiskriminierungsstelle mit ausreichenden Ressourcen für die Finanzierung der Träger der Beratungsangebote,
  • Antidiskriminierungsberatung durch eine unabhängige und plurale Trägergemeinschaft mit unterschiedlichen Beratungsansätzen, die sich in einer Landesarbeitsgemeinschaft selbst organisieren und vertreten und
  • die Einbeziehung betroffener Communities und ihrer Vertreter*innen in einem Beirat.

Gute Antidiskriminierungsarbeit stärkt Wirtschaftsstandort und Demokratie

Auch die Bedeutung der Antidiskriminierungsarbeit für die Gewinnung von Fachkräften und deren Bindung an den bayerischen Wirtschaftsstandort war Thema auf der Konferenz, im Austausch mit Spitzenvertreter*innen bayerischer Landtagsfraktionen und mit dem Vorsitzenden des DGB Bayern, Bernhard Stiedl, und dem Geschäftsführer des vbw Mittelfranken, Friedbert Warnecke.

„Antidiskriminierungsberatung ist ein Beitrag zur Durchsetzung des Rechtsstaates, zur Sicherung der Demokratie und unseres Wirtschaftsstandorts. Der Freistaat Bayern sollte hierzu eine klare Position einnehmen und die Fortsetzung der erfolgreichen und etablierten Beratungsangebote ermöglichen“, 

unterstrich Philipp Seitz, Präsident des Bayerischen Jugendrings, auf der Konferenz.

„Wir dürfen Menschen mit ihren Verletzungen nicht alleine lassen, die sie durch Rassismus und Diskriminierung erleiden. Es stärkt die Täter*innen und schadet uns allen, wenn die Teilhabe der Opfer verhindert wird und sie ihre Potenziale in der Gesellschaft nicht frei entfalten können. Wir brauchen in Bayern im gesamtgesellschaftlichen Interesse eine flächendeckende und professionelle Antidiskriminierungsberatung“, 

so Mitra Sharifi Neystanak, Vorsitzende der AGABY.

In der Diskussion mit den Beauftragten der Staatsregierung Karl Straub und Holger Kiesel stellten Vertreter:innen von Diskriminierung betroffener Communities ihre Sicht auf den derzeitigen Umgang mit Diskriminierung in Bayern dar.

 „Direkt mit den Betroffenen zu sprechen, ihre Anliegen ernst zu nehmen und sie auch beim Aufbau einer bayerischen Antidiskriminierungsberatung explizit einzubeziehen, ist wesentlich, um zielgerichtete Angebote entwickeln zu können. Nicht über Betroffene, sondern mit Betroffenen zu sprechen, muss die Devise sein“, 

erläuterte Erich Schneeberger, Vorsitzender des bayerischen Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma.

Weitere Aufhellung des Dunkelfeldes notwendig

„Es braucht jetzt mutige Entscheidungen der Staatsregierung zur Weiterfinanzierung, damit die erfolgreich aufgebaute Antidiskriminierungsberatung in Bayern weitergehen kann“, stellte Sindy Winkler, Leiterin des Projekts „Füreinander in Oberfranken“, klar.

„Die Antidiskriminierungsberatung unterstützt Menschen dabei, sich gegen Diskriminierung zu wehren und, falls sie das möchten, rechtliche Schritte zu gehen. Damit trägt sie auch dazu bei, das bisher bestehende Dunkelfeld aufzuhellen“, so Dr. Nadja Kutscher, Leiterin des Projekts M.U.T. Wie das aktuelle Dunkelfeld weiter reduziert werden kann, war auch Thema eines Workshops mit dem Beauftragten gegen Hasskriminalität der bayerischen Polizei, Michael Weinzierl.

Quelle: Bayerischer Jugendring vom 22.11.2024

Redaktion: Lukas Morre

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