Kreativität und Kultur

Entwicklung kultureller und kreativer Kompetenzen

Erwerb kultureller und kreativer Kompetenzen durch Bildung und Fortbildung

Die Förderung kultureller und kreativer Kompetenzen ist ein Ziel jeder kulturellen Bildungsmaßnahme in Deutschland, gleich, ob es sich um formale oder nicht formale Maßnahmen handelt. Alle bisher geschilderten gesetzlichen Grundlagen, politischen Strategien und Förderprogramme zielen hierauf ab. Während in der Schule tendenziell eher die Wissensvermittlung im Vordergrund steht, bieten vor allem Kultureinrichtungen Möglichkeiten der Rezeption künstlerischer Werke oder kulturellen Erbes. Kulturelle Kinder- und Jugendbildung im nicht formalen Bereich betont vor allem die Förderung eigener Gestaltungsfähigkeiten von Kindern und Jugendlichen. Hier werden in allen Sparten inklusive (neue) Medien-Angebote gemacht, bei denen sich Kinder und Jugendliche selbst künstlerisch-kulturell betätigen können. Bei dieser Schilderung handelt es sich jedoch um eine grobe Unterscheidung, die nicht in jedem Einzelfall zutreffend sein muss.

Die Anerkennung des Stellenwerts kultureller Bildung in der Jugendarbeit oder in anderen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe, im Elementarbereich und in der Schule sowie anderen Bildungsbereichen hat sich in den vergangenen 20 Jahren deutlich erhöht. Seitdem wird (wieder) stärker von verschiedenen gesellschaftlichen und beruflichen Gruppen sowie in unterschiedlichen Politikbereichen diskutiert, was damit gemeint ist, welche Konzepte damit verbunden sein sollen und welche Wege als richtig gelten, mehr jungen Menschen eine Teilhabe zu ermöglichen. Besonders stark wird damit argumentiert, dass kulturelle Bildung Sekundär- und Transfereffekte hervorruft, die zur Entwicklung von Kompetenzen junger Menschen, zu ihren beruflichen Aussichten und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen. Auch der 15. Kinder- und Jugendbericht stellte fest: „Kulturelle Bildungsangebote bieten ein wichtiges Lernfeld für junge Menschen. Sie vermitteln künstlerische Fähigkeiten ebenso wie Kreativität, Ausdrucksfähigkeit, Toleranz und soziale Kompetenzen – wichtige Voraussetzungen für Partizipation und gesellschaftliche Integration.“ (BMFSFJ 2017, S. 18) (PDF 6,8 MB)

Vor allem auf Länderebene gibt es einzelne Programme, die die Talente junger Menschen fördern, (siehe Youth-Wiki-Kapitel „ Förderung von Jungunternehmertum im kulturellen und kreativen Bereich“).

Spezielle Fortbildungen für Fachkräfte aus Bildung, Kultur und dem Jugendbereich

Lehrerinnen und Lehrer benötigen als Voraussetzung, um an Schulen zu unterrichten, ein Fachstudium. Um ein Lehramtsstudium in den künstlerischen Schulfächern aufzunehmen, ist eine erfolgreiche künstlerische Eignungsprüfung die Vorrausetzung (vgl. Keuchel 2013) (PDF 17,5 MB).

Lehrer*innenfortbildung

Für bereits unterrichtende Lehrkräfte werden auf Bundesländerebene von verschiedenen Anbietern Lehrerfortbildungen für den Fachunterricht angeboten. Laut Koalitionsvertrag 2021 werden Bund und Länder zukünftig eine gemeinsame „Koordinierungsstelle Lehrkräftefortbildung“ einrichten, um die bundesweiten Fort- und Weiterbildungsangebote zu vernetzen (SPD/Bündnis 90 / Die Grünen/FDP 2021, S. 96) (PDF 2,11 MB). Zudem gibt es Fortbildungen im Rahmen von Sonderprogrammen. Einige betreffen auch die Förderung der Kooperation zwischen Schulen und außerschulischen Partnern kultureller Bildung.

  • Baden-Württemberg: Die Akademie für Schulkunst, Schul- und Amateurtheater Schloss Rotenfels ist die zentrale Aus- und Fortbildungseinrichtung des Landes für die Belange der künstlerischen Fächer. Sie versteht sich als eine praxisbezogene Begegnungsstätte für Pädagogen, Schülerinnen, Künstler und Fachleute aus allen Bereichen des schulischen und kulturellen Lebens. Sie unterstützt die Schulen bei der ästhetisch-kulturellen Projektentwicklung durch Fortbildungen und schulbezogene Veranstaltungen. Ihr Anliegen ist es, als Bindeglied zwischen Schulen und Kultureinrichtungen/Kulturpartnern vermittelnd und beratend tätig zu sein. Mit den Lehrerfortbildungsveranstaltungen, die sich neben den praktisch-bildnerischen auch mit den theoretisch-reflektierenden Aspekten des Fachs Bildende Kunst sowie mit den Inhalten des Theaters, des Tanzes und der angrenzenden Bereiche befassen, beteiligt sich die Landesakademie an der zentralen amtlichen Lehrerfortbildung in Baden-Württemberg.
  • Sachsen: Die KOST (Kooperation Schule und Theater in Sachsen) bietet in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Bildungsinstitut und der Sächsischen Bildungsagentur verschiedene Fortbildungen im Bereich des Darstellenden Spiels und des Schultheaters an.
  • Bayern: Fortbildungsangebote für kulturelle Bildung gibt es für die Bereiche „Musik“, „Kunst, Tanz, Theater und Film“, „Museumspädagogik und Denkmal“ sowie „Neue Medien“. Die Angebote werden gebündelt durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus.
  • Hessen: Das Projektbüro Kulturelle Bildung, angesiedelt beim Hessischen Kultusministerium, bietet Fortbildungen zu Themen wie „Kreative Unterrichtspraxis“, „Musik und Darstellendes Spiel“.

Außerschulische kulturelle Kinder- und Jugendbildung

In der außerschulischen kulturellen Kinder- und Jugendbildung werden Fortbildungen von fast allen Fachverbänden und Landesvereinigungen Kulturelle Kinder- und Jugendbildung angeboten. Auf Bundesländerebene gibt es außerdem Fortbildungsakademien für kulturelle Bildung bzw. spezielle Kunstsparten, beispielsweise die 23 Bundes- und Landesmusikakademien oder die theaterpädagogischen Zentren. Außerdem gibt es drei bundesweit arbeitende

Fortbildungsakademien:

  1. Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW in Remscheid,
  2. Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel,
  3. Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen.

Alle drei Akademien bieten Fortbildungsprogramme für verschiedene Professionen in Schule, Kindergarten/Kita, Jugendarbeit und Kultur.

Schaffung eines qualitätsvollen Zugangs zu kreativen Räumen

Kulturelle Bildung in der Jugendarbeit

Laut SGB VIII Artikel 11 Absatz 3 (Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe, SGB VIII) ist die kulturelle Jugendbildung ein Schwerpunkt der Jugendarbeit und eine besondere Leistung, die von den Kinder- und Jugenddiensten zu erbringen ist.

Kulturelle Jugendbildung kann daher Bestandteil jeder Art von Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit sein. Innerhalb der Jugendarbeit gibt es Organisationen und Einrichtungen, die auf kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche spezialisiert sind. Sie sind in 57 bundesweiten Dachorganisationen sowie über 900 Landesorganisationen zusammengeschlossen und umfassen circa 70 000 Einzelorganisationen und -einrichtungen auf lokaler Ebene. Sie reichen von Literatur, Musik, Theater, Tanz und Rhythmik oder bildnerisches Gestalten bis hin zu Fotografie, Medien, Spiel und Zirkus. Diese Träger sind Einrichtungen mit eigenen Häusern, beispielsweise Jugendmusikschulen, Jugendkunstschulen, Literaturhäusern oder Kinder- und Jugendtheatern und mobilen Einrichtungen (Spielmobile) sowie Organisationen ohne eigene Veranstaltungshäuser (in der Regel Vereine und Verbände).

Kulturelle Bildung als Teil der Schulbildung

In allen Zielparagrafen der Schulgesetze der Länder wird das Recht auf Bildung, Erziehung und individuelle Förderung sowie auf kulturelle Teilhabe festgeschrieben, hier gezeigt am Beispiel des Schulgesetzes Nordrhein-Westfalen. In §1 (1) heißt es, dass jeder junge Mensch ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung hat und dieses Recht nach Maßgabe dieses Gesetzes gewährleistet wird. §2 (4) umfasst den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule, der besagt, dass die Schule die zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen vermittelt. Dabei berücksichtigt sie die individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler. Sie befähigt sie dazu, verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, kulturellen und politischen Leben teilzunehmen und ihr eigenes Leben zu gestalten.

Kulturelle Teilhabe bzw. kulturelle Bildung wird in der Schule über curriculare Festlegungen vor allem im Fächerkanon sichergestellt. Die jeweiligen Schulfächer sind in der Regel: Musikunterricht, Kunstunterricht (Schwerpunkt Bildende Kunst), Deutschunterricht (Literatur), in einigen Bundesländern und ausgewählten Schulformen auch Darstellendes Spiel (Theater), Tanz oder Darstellen und Gestalten. Darüber hinaus finden im Zuge der Ganztagsbildung AGs in sämtlichen Kunstsparten am Nachmittag statt – ob Theater-, Zirkus-, Fotografie- oder Mal-AG u. v. m. – oder auch Projekttage und -wochen.

Schulen können im Rahmen ihrer gesetzlich geregelten Gestaltungsmöglichkeiten ihr Angebot erweitern oder sich ein kulturelles Schulprofil geben. Im Rahmen der kulturellen Schulentwicklung können beispielsweise die künstlerisch-kulturellen Schulfächer einen besonderen Stellenwert erhalten (beispielsweise einen größeren Stundenanteil) oder es können künstlerisch-kulturelle Wahlfächer und extracurriculare Arbeitsgemeinschaften angeboten werden. Verbreitet gibt es auch, z. T. regelmäßige, extracurriculare und außerunterrichtliche Angebote in Kooperation mit außerschulischen Partnern wie Einrichtungen und Organisationen der kulturellen Kinder- und Jugendbildung oder Kultureinrichtungen sowie einzelnen Künstlerinnen und Künstlern. Schulentwicklung ist Teil der Unterrichts-, Organisations- und Personalentwicklung.

Kulturelle Bildung im Kulturbereich

Kulturelle Bildung gilt – neben anderen Aufgaben – auch als (gesellschaftlicher) Auftrag der öffentlichen Kultureinrichtungen in Deutschland. Es gibt jedoch keine rechtliche Verankerung dafür, ebenso wenig wie für eine flächendeckende Verbreitung. Im Grundgesetz wird die Förderung von Kunst und Kultur als freiwillige Aufgabe der Bundesländer festgelegt („Kulturhoheit“), die, zum Teil gestützt durch die jeweiligen Landesverfassungen, auch weitere rechtliche Grundlagen und öffentliche Finanzierungsmöglichkeiten schaffen.

Den Bereich Kunst und Kultur decken in Deutschland eine große Bandbreite von Akteuren und Kultureinrichtungen ab. Dazu zählen Bibliotheken, Theater, Museen, Orchester, Chöre, Verlage, die Filmindustrie, Fernsehen, Radio und digitale Medien, auch die Musik- oder Volkshochschule, jeweils in öffentlicher oder privater Trägerschaft, sowie Künstlerinnen und Künstler aller Sparten. Der Bildungsauftrag wird jeweils sehr unterschiedlich verstanden und umgesetzt. Das Verständnis reicht von einer konsequenten Besucherorientierung, um möglichst viele Menschen zu erreichen, bis hin zu pädagogisch gestalteten Bildungsangeboten. In den vergangenen Jahren hat sich die Kunstvermittlung in Kulturhäusern stark weiterentwickelt. Insbesondere in großen Museen, Theatern und Konzerthäusern gibt es eigene Abteilungen und Education-Programme, in denen professionelle Fachkräfte kulturpädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche unterbreiten.

Die Tatsache, dass die Förderung von Kunst und Kultur eine freiwillige Aufgabe der öffentlichen Hand ist, ist in Deutschland nicht unumstritten. Es wird immer wieder eine Verankerung im Grundgesetz verlangt: „Auch wenn dies bislang noch keinen ausdrücklichen Eingang ins Grundgesetz gefunden hat (…), so definieren doch mehrere höchstrichterliche Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts und der Artikel 35 des Einigungsvertrages Deutschland explizit als ‚Kulturstaat‘. Hieraus leitet sich der kulturelle Bildungsauftrag ab.“ (BPB 2010) Deshalb fördert die öffentliche Hand in Deutschland Kunst und Kultur im Bund, in den einzelnen Bundesländern und in den Kommunen jedes Jahr mit rund zwei Milliarden Euro und übernimmt damit rund 17 Prozent der Gesamtausgaben.

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Dieser Artikel wurde auf www.youthwiki.eu in englischer Sprache erstveröffentlicht. Wir danken für die freundliche Genehmigung der Übernahme.

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