DJI-Survey AID:A

Zwei Drittel der jungen Frauen fühlen sich diskriminiert

Sexistisch am Ausbildungsplatz, rassistisch bei der Wohnungssuche, ausgegrenzt beim Sport: Junge Menschen in Deutschland erleben Diskriminierung in vielen Lebensbereichen. Der DJI-Survey AID:A zeigt erstmals repräsentativ, wie verbreitet solche Erfahrungen sind – und welche tiefgreifenden Folgen sie haben können.

06.06.2025

Am Ausbildungsplatz sexuell belästigt, bei der Wohnungssuche rassistisch beleidigt, wegen der sexuellen Orientierung beim Sport ausgegrenzt: Zwar soll das deutsche Antidiskriminierungsrecht davor schützen, dennoch werden viele Menschen diskriminiert. Während bislang ausschließlich für Erwachsene Forschungsdaten vorlagen, gibt der Survey des Deutschen Jugendinstituts (DJI) „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“, kurz AID:A, nun erstmals repräsentative Einblicke in das Ausmaß und die Folgen von Diskriminierungserfahrungen bei jungen Menschen. 

„Die Ergebnisse sind besorgniserregend“, 

fassen Jugendforscherin Dr. Lisa Hasenbein und DJI-Forschungsdirektorin Prof. Dr. Susanne Kuger und zusammen. Ein erheblicher Anteil Jugendlicher und junger Erwachsener berichtet demnach von Diskriminierungserfahrungen – beispielsweise aufgrund des Geschlechts, der nicht-deutschen Herkunft oder der sexuellen Orientierung. 

„Solche Erlebnisse gehen nicht spurlos an Menschen vorbei: Diskriminierungserfahrungen können langfristige Folgen für das Leben und Wohlbefinden junger Menschen haben“,

betont DJI-Sozialepidemiologin Dr. Katrina Blindow.

Unter allen 12- bis 32-Jährigen in Deutschland betrifft Diskriminierung besonders häufig Jugendliche und junge Erwachsene, die in unserer Gesellschaft strukturell benachteiligt sind: Jene, die selbst oder deren Elternteile beide im Ausland geboren sind (27 Prozent mit häufigen Diskriminierungserfahrungen), die in materieller Deprivation leben, was bedeutet, dass sie aus Haushalten stammen, die sich notwendige und für den üblichen Lebensstandard charakteristische Ausgaben nicht leisten können (30 Prozent mit häufigen Diskriminierungserfahrungen), die eine Behinderung oder Beeinträchtigung haben, bei denen also lang andauernde körperliche, kognitive, psychische, emotionale oder gesundheitliche Umstände zu Einschränkungen im Alltagsleben führen (41 Prozent mit häufigen Diskriminierungserfahren) oder die eine nicht-heterosexuelle Orientierung angeben, also zum Beispiel queere, a- oder bisexuelle junge Menschen (43 Prozent mit häufigen Diskriminierungserfahrungen).

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder der nicht-deutschen Herkunft: deutliche Geschlechterunterschiede

In den neu vorliegenden differenzierten Analysen der AID:A-Daten wird außerdem deutlich, dass sich Diskriminierungserfahrungen bei Mädchen beziehungsweise jungen Frauen und Jungen beziehungsweise jungen Männern unterschiedlich darstellen. So zeigen die Daten, dass Diskriminierung aufgrund des Geschlechts insbesondere für junge Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren eine weit verbreitete Erfahrung ist: Gut zwei Drittel geben an, manchmal, oft oder sehr oft davon betroffen gewesen zu sein. Zugleich gibt etwa die Hälfte der 12- bis 17-jährigen Mädchen an, dass sie sich bereits aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt gefühlt haben. Auch aufgrund ihrer sexuellen Orientierung werden insbesondere Mädchen häufig diskriminiert – jede Fünfte berichtet davon.

Die Hälfte der 12- bis 17-jährigen Mädchen mit Migrationsgeschichte in der Familie berichtet, bereits Diskriminierung aufgrund ihrer nicht-deutschen Herkunft erfahren zu haben. Bei herkunftsbezogener Benachteiligung ist zudem auffällig, dass diese Art der Diskriminierung vom Jugend- ins junge Erwachsenenalter insbesondere bei jungen Männern stark ansteigt, während sie bei jungen Frauen auf hohem Niveau stabil bleibt. „Eine Stigmatisierung als potenziell gefährlich oder kriminell, von der besonders junge Männer mit Migrationsgeschichte betroffen sind, kann hierfür ein Grund sein“, erklärt Lisa Hasenbein.

Geschlechterunterschiede zeigen sich über alle Diskriminierungsgründe hinweg: Insgesamt geben mehr Mädchen und junge Frauen an, bereits Diskriminierungserfahrungen gemacht zu haben als gleichaltrige Jungen und junge Männer. Besonders auffällig sind die Unterschiede bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung und auch aufgrund des Gewichts. Im Unterschied zu anderen Diskriminierungsgründen ist Gewicht kein gesetzlich geschütztes Merkmal im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), die AID:A-Daten machen jedoch deutlich, dass Diskriminierung aufgrund des Gewichts bereits im Jugendalter ein bedeutendes Thema ist, insbesondere für Mädchen. 31 Prozent der 12- bis 17-jährigen Mädchen geben an, davon schon einmal betroffen gewesen zu sein (im Vergleich zu 23 Prozent der gleichaltrigen Jungen).

Weitere differenzierte Auswertungen zu den AID:A-Daten, etwa zu den Folgen von Diskriminierung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, zur Zunahme der Diskriminierung im jungen Erwachsenenalter sowie zu Zusammenhängen mit Mobbing, Gewalt und Ausgrenzung erscheinen voraussichtlich im Juli in der Ausgabe 2/2025 (Nr. 140) des Forschungsmagazins DJI Impulse.

Weitere Informationen

Quelle: Deutsches Jugendinstitut e.V. vom 13.05.2025