Kommission Kinderschutz

Verbesserung des Kinderschutzes im Familienverfahrensrecht

Der Bundesrat hat den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Kinderschutzes im Familienverfahrensrecht im Bundestag vorgelegt. Die Bundesregierung lehnt den Gesetzentwurf des Bundesrates ab.

27.10.2020

Im Herbst 2017 wurde bekannt, dass ein damals neunjähriger Junge aus Staufen nicht nur von seiner Mutter und ihrem Freund auf schwerste Weise sexuell missbraucht, sondern auch über das Darknet weiteren Männern gegen Geld zu diesem Zweck angeboten und von diesen missbraucht worden war.

Dieser sogenannte „Staufener Missbrauchsfall“ hat in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit gefunden und neben der Frage, ob von den beteiligten staatlichen Institutionen Fehler gemacht wurden, zu der Frage geführt, ob und gegebenenfalls wie die bestehenden Verfahren des Kinderschutzes verbessert werden können, um Kindern und Jugendlichen größtmöglichen Schutz zu bieten.

Gesetzentwurf zur Verbesserung des Kinderschutzes

Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat zu diesem Zweck eine „Kommission Kinderschutz“ eingesetzt, um die Verfahren des Kinderschutzes auf allen Ebenen zu analysieren und mögliche Handlungsbedarfe herauszuarbeiten. 

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf (PDF) sollen die Vorschläge zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) umgesetzt werden. Hierfür habe die „Kommission Kinderschutz“ über hundert Einzelempfehlungen zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes erarbeitet und der Öffentlichkeit am 17. Februar 2020 in einem Abschlussbericht vorgestellt.

Wesentlicher Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs

Den Vorschlägen der „Kommission Kinderschutz“ zur Änderung des FamFG liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Grundvoraussetzung einer tragfähigen Entscheidung des Familiengerichts neben der Einhaltung der Verfahrensregeln die umfassende Ermittlung des Sachverhalts und – bei Feststellung einer Gefährdung des Kindeswohls – die Anordnung geeigneter Maßnahmen sowie deren Wirksamkeitskontrolle ist.

Die Einbeziehung von und Befassung mit dem jeweils betroffenen Kind soll gestärkt werden, und zwar auch dann, wenn dieses sich altersbedingt noch nicht hinreichend verbal mitteilen kann.

Der Informationsaustausch zwischen Gericht und Jugendamt soll gestärkt werden.

Das Gericht soll ausdrücklich verpflichtet werden, mit dem Jugendamt auch die Umsetzbarkeit und die Umsetzung geplanter Maßnahmen zu erörtern.

Es soll klargestellt werden, dass das Gericht Anordnungen nach § 1666 Absatz 3 BGB in angemessenen Zeitabständen darauf zu überprüfen hat, ob diese umgesetzt wurden und sich als wirksam erweisen.

Zusätzlich sollen die Möglichkeiten des Familiengerichts, den Sachverhalt durch die Anhörung Dritter näher aufzuklären sowie sich sachverständig beraten und unterstützen zu lassen, stärker herausgestellt werden.

Weiter soll das Institut der Verfahrensbeistandschaft durch eine Streichung des Regelvorbehalts in § 158 FamFG gestärkt werden.

Stellungnahme der Bundesregierung

Der Bundesrat hat den Entwurf am 18. September 2020 beschlossen, sodass er nun zur Beschlussfassung im Deutschen Bundestag vorliegt. Die Auffassung der Bundesregierung zu dem Gesetzentwurf im Anhang des Gesetzentwurf (PDF) ebenfalls vor.

Die Bundesregierung begrüßt das Anliegen der Länder, angesichts der Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder Maßnahmen zur Verbesserung des Kinderschutzes vorzuschlagen. Das Land Baden-Württemberg habe mit der Einsetzung der Kommission Kinderschutz große Anstrengungen zur Aufarbeitung des Staufener Missbrauchsfalls unternommen. Der Gesetzentwurf des Bundesrates, der Empfehlungen dieser Kommission zur Änderung von verfahrensrechtlichen Vorschriften in Kindschaftssachen aufgreift, enthält aus Sicht der Bundesregierung einige wichtige Ansätze. Er gehe aber insgesamt in vielen Punkten nicht so weit wie der von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder, der insbesondere auch Vorschläge zu der Einführung von speziellen Qualifikationsanfordungen für Verfahrensbeistände sowie Familienrichterinnen und -richtern enthält. Im Ergebnis lehnt die Bundesregierung daher den Gesetzentwurf des Bundesrates ab.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib - heute im bundestag Nr. 1132 vom 23.10.2020

Redaktion: Kerstin Boller

Back to Top