Interviewreihe
„Schulabsentismus begegnen – aber wie?!“
Immer mehr Kinder und Jugendliche bleiben der Schule fern – aus vielfältigen Gründen. Die Interviewreihe „Schulabsentismus begegnen – aber wie?!“ stellt monatlich Praxisbeispiele aus der Jugendsozialarbeit vor. Fachkräfte geben Einblicke, berichten von Erfolgen, Herausforderungen und zeigen Wege, wie junge Menschen wieder Teilhabe im Bildungssystem finden können.
25.09.2025
Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die der Schule fernbleiben, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Aktuelle Studien zeigen, dass es sich bei Schulabsentismus um ein vielschichtiges Phänomen handelt, das durch eine Vielzahl unterschiedlicher, teils miteinander verknüpfter Faktoren bedingt und aufrechterhalten wird. Sowohl im Bildungsbereich als auch in der Sozialen Arbeit, vor allem in der schulbezogenen Jugendsozialarbeit und Schulsozialarbeit, existiert eine Vielzahl an bewährten Konzepten und Beispielen zum Umgang mit Schulabsentismus – jedoch nicht flächendeckend an allen Schulen. Allerdings fehlt ein Überblick an eben jenen guten Beispielen und Angeboten als Orientierung in der Prävention von und Intervention bei Schulabsentismus.
Die Interviewreihe „Schulabsentismus begegnen – aber wie?!“ möchte dem entgegenwirken: monatlich wird ein ausgewähltes Praxisbeispiel aus der Jugendsozialarbeit vorgestellt. Im Mittelpunkt stehen dabei Projekte und Maßnahmen, die junge Menschen individuell begleiten und sie darin unterstützen, ihren Weg zurück ins Bildungssystem oder ggf. einen alternativen Bildungsweg zu finden – mit dem Ziel, ihnen gesellschaftliche Teilhabe (wieder) zu ermöglichen. Fachkräfte der einzelnen Angebote geben Einblick in ihre Arbeit und zeigen Herausforderungen sowie die aus ihrer Sicht maßgeblichen Gelingensbedingungen auf. Die Gesprächspartner*innen sind Teilnehmende des Projektes „Schule – ohne mich!? Neue Entwicklungen und Handlungsanforderungen bei Schulabsentismus“ von IN VIA Deutschland im Netzwerk der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit.
Für diese Ausgabe der Interviewreihe sprach Anne Schentz vom Schulverein Wirbelwind e. V. aus Rostock mit den Jugendsozialarbeit News.
Wie zeigt sich das Phänomen Schulabsentismus in Ihrer Region?
„In Rostock beobachten wir Schulabsentismus in sehr unterschiedlichen Ausprägungen – von wiederholtem unentschuldigtem Fehlen über stark externalisierte oder internalisierte Verhaltensweisen bis hin zu längerfristigem Rückzug aus dem Schulsystem. Die Gründe sind vielfältig und reichen von familiären Belastungen, psychischen Herausforderungen, oder Schulangst bis hin zu strukturellen Problemen im Bildungssystem. Besonders auffällig ist, dass Schulabsentismus häufig ein schleichender Prozess ist, der frühzeitig erkannt und begleitet werden muss.“
Wo setzt Ihr Projekt bzw. Ihr Angebot an?
„Der Schulverein Wirbelwind e. V. verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Unsere Angebote setzen sowohl präventiv als auch intervenierend an. In enger Kooperation mit Schulen, Kinder- und Jugendhilfe und Familien bieten wir sozialpädagogische Begleitung, Einzelfallhilfe und Gruppenangebote an. Ziel ist es, tragfähige Beziehungen aufzubauen, individuelle Lösungen zu entwickeln und die schulische (Re-)Integration zu fördern. Dabei arbeiten wir eng mit allen Fachkräften im Schulsystem zusammen und gestalten gemeinsam passgenaue Unterstützungsangebote.“
Was gelingt aus Ihrer Sicht besonders gut?
„Besonders erfolgreich gelingen Prozesse, wenn eine enge, kooperative und interdisziplinäre Zusammenarbeit besteht. Durch die kontinuierliche Abstimmung aller am Fall Beteiligten können wir gemeinsam Handlungsperspektiven entwickeln. Unsere Beziehungsarbeit, die auf Vertrauen, Verlässlichkeit, Stärkenorientierung und individueller Förderung basiert, wird von den Schüler*innen und/oder Personensorgeberechtigten häufig als stabilisierend erlebt. Auch die Flexibilität unserer Angebote – von niedrigschwelligen Kontaktaufnahmen bis hin zu intensiver Begleitung – trägt wesentlich zum Gelingen bei.“
Welche Herausforderungen zeigen sich?
„Eine zentrale Herausforderung ist die Komplexität der Lebenslagen der betroffenen Schüler*innen. Oft sind mehrere Problemlagen gleichzeitig wirksam, was eine enge Vernetzung aller beteiligten Akteure erfordert. Zudem stoßen wir immer wieder an systemische Grenzen – etwa durch fehlende personelle, finanzielle und zum Teil auch materielle Ressourcen. Diese Engpässe erschweren eine kontinuierliche und bedarfsgerechte Begleitung. Auch lange Wartezeiten in therapeutischen Bereichen sowie begrenzte Handlungsspielräume stellen eine Belastung dar. Die nachhaltige Reintegration in den Schulalltag bleibt eine anspruchsvolle Aufgabe, die viel Geduld, Zeit und eine ressourcenorientierte Vorgehensweise erfordert.“
Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) e. V. vom 16.09.2025
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