Zwischenruf der AGJ

Schon wieder diese Jugend!? – Pauschalen Jugendbildern entgegenwirken

Aufgrund des sich wiederholenden Phänomens, dass öffentliche Debatten zu aktuellen Ereignissen aufgrund pauschaler Jugendbilder und auf diesen begründeten allgemeinen Verurteilungen von jungen Menschen angeheizt werden, tritt die AGJ in ihrem aktuellen Zwischenruf für einen differenzierten Blick auf junge Menschen ein.

22.02.2023

Die AGJ spricht sich in einem neuen Zwischenruf „Schon wieder diese Jugend!? Pauschalen Jugendbildern in Politik und Medien entgegenwirken.“ klar für Teilhabe und Zusammenhalt anstatt Ressentiments aus und fordert das stärkere ressortübergreifende Handeln für die junge Generation, bessere Zusammenarbeit verschiedener Rechtskreise, eine verlässliche und auskömmliche soziale Infrastruktur sowie mehr Freiräume für Jugend.

Der Zwischenruf steht als PDF (249 KB) zum Download auf der Webseite der AGJ zur Verfügung.

Schon wieder diese Jugend!?

Es scheint ein sich wiederholendes Phänomen: Junge Menschen geraten in die öffentliche Debatte, sei es, weil sie sich in größeren Gruppen während der Corona-Zeit im öffentlichen Raum treffen oder mit vermeintlichen Alkoholexzessen auffallen oder weil sie – wie zuletzt viel diskutiert – an Silvester mit Feuerwerkskörpern Gewalt gegen Rettungskräfte und die Polizei ausübten. Anschließend folgt ein politischer Aufschrei, eine breite, aber nicht differenzierte mediale Berichterstattung, in denen ein pauschales Bild von „Jugend“ gezeichnet wird. Mit der Beschreibung von Jugendgewalt nimmt eine oft rassistische Vorverurteilung ihren Lauf. Schnell werden zudem verschiedene Akteur*innen adressiert, die hier für eine Beruhigung der Lage sorgen sollen – unter anderem die Kinder- und Jugendhilfe.

Die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ teilt die Ablehnung von Übergriffen auf Polizei und Rettungskräfte ohne Wenn und Aber. Die Sicherheit von Helfer*innen ist unverzichtbar für die Versorgung der Bevölkerung, muss selbstverständlich sein und ist essentielle Grundlage für die Abwehr von Gefahren und Beistand bei Notlagen.

Der Zwischenruf nimmt eine jugendpolitische Einordnung zum Thema vor und fordert von Politik, Medien und Gesellschaft einen differenzierteren Blick auf junge Menschen. Zudem wird die Rolle der Kinder- und Jugendhilfe, von der sowohl präventive wie reaktive Maßnahmen gefordert werden, beleuchtet. 

Der vollständige Zwischenruf „Schon wieder diese Jugend!? Pauschalen Jugendbildern in Politik und Medien entgegenwirken.“ steht als PDF (249 KB) zum Download auf der Webseite der AGJ zur Verfügung. Im Folgenden werden die darin enthaltenen Rückschlüsse und Forderungen benannt.

Forderungen der AGJ

In Hinblick auf die aktuellen Geschehnisse und die Diskussion in diesem Kontext zieht die AGJ folgende Schlüsse und Forderungen: 

  • Jugendpolitik ist wichtig. Die Bedarfe und Bedürfnisse junger Menschen sind in die Entscheidungen aller Politikfelder einzubeziehen. Die relevanten Entwicklungen in der Kindheits- und Jugendphase dürfen dabei nicht auf die der formalen Bildung (Schule, Ausbildung, Studium) verengt werden.
  • Junge Menschen brauchen mehr Freiräume für ihre Persönlichkeitsbildung. Die Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe ist es, diese zu schaffen und zu verteidigen, um junge Menschen dabei vor Übergriffen und Fehlbeurteilungen zu schützen. Dies muss durch stadtplanerische Weitsicht und eine Jugendhilfeplanung der Kommunen ermöglicht werden. 
  • Um Segregation entgegenzuwirken und jungen Menschen in jedem Quartier das Erleben von sozialer Teilhabe und Mitwirkung als selbstverständlich geschätztes Mitglied der Gesellschaft zu ermöglichen, braucht eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung und Sensibilisierung aller Politikfelder und die konsequente Beteiligung junger Menschen.
  • Soziale Mobilität, der Abbau von Armut und die Ermöglichung von Teilhabe müssen wesentliche sozialpolitische Ziele auf allen Ebenen sein. Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene steht in der Verantwortung, diese Ziele aktiv und mit höchster Priorität zu verfolgen. 
  • Die soziale Infrastruktur, die der Teilhabe und dem Ausgleich von Benachteiligungen dient (wie u.a. die Kinder- und Jugendhilfe), braucht eine verlässliche finanzielle Förderung, die hilft bei steigenden Bedarfen sowie steigenden Kosten die bisherige Quantität und Qualität der Angebote zu halten. Infrastrukturförderung ist dabei mehr als „Projektitis"! Mit Blick auf das Auseinandergehen der sozialen Schere ist unverständlich, wieso statt des Ausbaus und der fachlichen Weiterentwicklung der Infrastruktur offenbar immer wieder Kürzungen angestrebt werden.
  • Konkret bedeutet dies, mit mehr finanziellen Mitteln mehr und bessere Kitas, Schulen, Sportangebote und Sportplätze sowie mehr Orte der außerschulischen Jugendbildung in Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit gerade in problembelasteten Quartieren zu schaffen. Es braucht mehr Angebote der sozialen und auch therapeutischen Begleitung junger Menschen, die mit diesen individuelle Perspektiven erarbeiten können. Zu diesen Notwendigkeiten zählen auch stabile und gute Arbeitsbedingungen für Fachkräfte und deren Anerkennung. 
  • Bei strafrechtlich relevantem Verhalten junger Menschen sind verschiedene Rechtskreise involviert – auch die Jugendhilfe. Bezüglich der primären und sekundären Prävention sowie im Strafverfahren bedarf es dringend einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Polizei, Jugendhilfe und Justiz. Dazu zählen auf Jugendbelange spezialisierte Polizeibeamt*innen und spezialisierte Jugendstaatsanwält*innen und Jugendrichter*innen.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ

Redaktion: Kerstin Boller

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