Gender
Mobile Ausstellung zur Erinnerung an die Verfolgung homosexueller Menschen in Rheinland-Pfalz
Unter dem Titel „Verschweigen – Verurteilen“ wurde in Mainz die neue Ausstellung zur Erinnerung an die Verfolgung homosexueller Menschen in Rheinland-Pfalz eröffnet. Die Ausstellung basiert auf einem Forschungsbericht des Familienministeriums und kann kostenfrei verliehen werden. Ziel ist es, das begangene Unrecht aufzuarbeiten und die Erinnerung daran wach zu halten.
22.02.2018
Familienministerin Anne Spiegel hat gemeinsam mit Oberbürgermeister Michael Ebling die mobile Ausstellung „Verschweigen – Verurteilen“ im Rathaus der Stadt Mainz eröffnet. Die Ausstellung thematisiert die Verfolgung homosexueller Menschen in Rheinland-Pfalz basierend auf einem in 2017 veröffentlichten Forschungsbericht des Familienministeriums.
Strafrechtliche Verfolgung erst 1994 abgeschafft
„Vielen Menschen ist gar nicht bewusst und bekannt, dass es die strafrechtliche Verfolgung von homosexuellen Menschen in Deutschland erst seit 24 Jahren nicht mehr gibt. Der Strafrechtsparagraph 175 wurde erst 1994 endgültig abgeschafft. Vor dieser Zeit mussten homosexuelle Männer und Frauen unerträgliche Schikane und Ausgrenzung erfahren, was in der Ausstellung dargestellt wird“, sagte Ministerin Spiegel.
Mit der Ausstellung setzt die Landesregierung einen Landtagsbeschluss von Dezember 2012 um, in der der Landtag Rheinland-Pfalz die Landesregierung aufgefordert hatte, das begangene Unrecht aufzuarbeiten und die Erinnerung daran wach zu halten.
Konzept der Ausstellung setzt auf Alltäglichkeit
Die von chezweitz GmbH – museale und urbane Szenografie, Berlin, erstellte Schau greift die Ergebnisse des Berichts auf und informiert mit den Schwerpunkten „Strafverfolgung und Gebote“, „Moral und Gebote“ und „Bewegungsräume“ über die damalige Lebenssituation homosexueller Menschen: Zwischen 1948 und der ersten Strafrechtsreform 1969 wurden in Rheinland-Pfalz 2.880 Männer und Jugendliche nach den §§ 175 und 175a StGB wegen „widernatürlicher Unzucht“ verurteilt. Auch lesbische Liebe war nicht akzeptiert: Frauen wurden zwar nicht strafrechtlich verfolgt, doch wurden sie geächtet und mussten um den Entzug des Sorgerechts für ihre Kinder fürchten. Bewusst folgt die Ausstellung einem Konzept, das auf Alltäglichkeit setzt: Bilder, Briefe, Fotos, Statistiken, Bücher und audiovisuelle Elemente machen das Schicksal der Menschen sichtbar, begehbar, begreifbar und damit auf eine sehr intensive Weise erlebbar. Die mit rund 76.000 Euro finanzierte Ausstellung des Landes ist daher besonders für die pädagogische Bildungsarbeit geeignet. Sie kann zukünftig kostenfrei beim Institut für Medien und Pädagogik e.V. ausgeliehen werden.
Gesellschaftliche Diskriminierung
Die Landeshauptstadt Mainz hat das angestoßene Forschungsvorhaben begrüßt und ihre Unterstützung insbesondere durch das Stadtarchiv und die Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen angeboten. „Besonders eindrücklich empfand ich dabei die Schilderungen von Betroffenen. Die Einzelschicksale zeigen, welche gesellschaftliche Diskriminierung Homosexuelle bis vor 45 Jahren erfahren haben. Daher erachte ich es als besonders wichtig, die Ausstellung ,Verschweigen/Verurteilen‘ im Mainzer Rathaus eröffnen zu können“, betonte Oberbürgermeister Michael Ebling.
Zum Dialog anregen und zur Rehabilitation beitragen
Ministerin Spiegel dankte allen, die an der Erarbeitung der Ausstellung beteiligt waren, wie u.a. QueerNet Rheinland-Pfalz e.V. für Anregungen, Recherchearbeit und Zeitzeugensuche. „Mit der Ausstellung wollen wir informieren, aufklären, zum Dialog anregen und einen Beitrag zur Rehabilitation homosexueller Menschen in Rheinland-Pfalz leisten“, sagte Ministerin Spiegel. Die Landesbeauftragte für gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Geschlechtsidentität, Staatssekretärin Dr. Christiane Rohleder, betonte: „Die Ausstellung ist Teil der Demokratie- und Menschenrechtsarbeit des Landes und ein wichtiger Schritt, das geschehene Unrecht sichtbar zu machen. Sie soll dazu beitragen, die Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transidenten und Intersexuellen zu fördern und für eine demokratische, vielfältige und solidarische Gesellschaft zu werben.“
Information zum kostenfreien Verleih der Ausstellung und der Forschungsbericht sind auf der Webseite des Ministeriums abzurufen.
Quelle: Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz vom 19.02.2018
Termine zum Thema
-
05.09.2024
Was muss passieren, damit nix passiert? - Schutzkonzepte in pädagogischen Einrichtungen - Online
-
18.09.2024
„Wege in die Praxis - Innovative Konzepte zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“
-
27.09.2024
BundesNetzwerktreffen Kinder- und Jugenbeteiligung 2024
-
30.09.2024
Online-Workshop „Sexuelle Bildung mit der Zielgruppe Jungen*“
-
24.10.2024
Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen – wie kann Gewaltschutz gelingen?
Materialien zum Thema
-
Broschüre
„An alle gedacht?! – Medienpädagogik intersektional gestalten und Beteiligung aller ermöglichen“
-
Zeitschrift / Periodikum
Sexting & Co. im Sexualstrafrecht - KJug 2/2024
-
Broschüre
Mitsprechen, mitbestimmen, mitgestalten – Praxiswissen zu Beteiligung in der Heimerziehung (SOS kompakt, Ausgabe 8)
-
Zeitschrift / Periodikum
Außerschulische Bildung 1/2024: Meinungsfreiheit und Protest
-
Zeitschrift / Periodikum
Schuldistanz - die Rolle der Jugendsozialarbeit
Projekte zum Thema
-
„Sichtbar Handeln! Gegen Antisemitismus.“: Angebote schaffen Lernräume
-
Künstler-Advokat-Innen e.V.
Af Al Pi Chen – Trotz Alledem
-
Agentur für Soziale Perspektiven e.V.
Queere-Jugend-Berlin.de
-
AWO Kreisverband Pinneberg e.V. Jugendwerk Unterelbe
Ferienfreizeiten und Sprachreisen mit dem AWO Jugendwerk Unterelbe
-
Informationsstelle Bildungsauftrag Nord-Süd
Bildungsauftrag Nord-Süd – Rundbrief 111