Deutsches Schulbarometer

Massiver Personalmangel überlagert Probleme und Sorgen der Schulen

Eine Repräsentative Umfrage der Robert Bosch Stiftung zeigt Personalmangel als mit Abstand größte Herausforderung der Schulleitungen an deutschen Schulen, gefolgt von Themen wie Digitalisierung, Bürokratie und eigener Arbeitsbelastung.

27.01.2023

Deutschlands Schulen leiden unter einem massiven Fachkräftemangel, der alle anderen Sorgen und Probleme überlagert. Zwei Drittel (67 Prozent) der Schulleitungen sehen im fehlenden pädagogischen Personal die größte Herausforderung für ihre Schule. An sozial benachteiligten Standorten sagen dies sogar 80 Prozent. Erst mit großem Abstand nennen sie weitere Themen wie die schleppend vorankommende Digitalisierung, eine schlechte technische Ausstattung (22 Prozent), zu viel Bürokratie (21 Prozent) und die hohe eigene Arbeitsbelastung (20 Prozent). Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen beschäftigen hingegen nur noch jede zehnte Schule (9 Prozent). Das geht aus dem heute veröffentlichten Deutschen Schulbarometer der Robert Bosch Stiftung GmbH hervor. Für die repräsentative Umfrage, die die Stiftung seit 2019 unter Lehrkräften durchführen lässt, hat forsa erstmals ausschließlich Schulleitungen befragt.

Dr. Dagmar Wolf, Leiterin des Bereichs Bildung der Robert Bosch Stiftung:

„Für den Lehrkräftemangel gibt es keine schnelle und vor allem keine einfache Lösung. Weniger bürokratischer Aufwand könnte die aktuelle Personalnot an den Schulen aber zumindest lindern, indem beispielsweise die Anstellung von Unterstützungsfachkräften in der Verwaltung, von pädagogischen Assistenzkräften oder ausländischen Lehrkräften erleichtert wird. Gleichzeitig muss jetzt langfristig geplant werden. Eine Erhöhung der Kapazitäten in den Lehramtsstudiengängen reicht dazu nicht aus. Der Lehrerberuf muss attraktiver werden.“

Ziel verfehlt: Deutliche Lernrückstände trotz Corona-Aufholprogrammen

Wie in den letzten Befragungen des Deutschen Schulbarometers sehen die Schulen bei mehr als einem Drittel der Schüler:innen nach wie vor einen deutlichen Lernrückstand (Schulleitungen im November 2022: 35 Prozent, Lehrkräfte im April 2022: 41 Prozent). An Schulen in sozial benachteiligter Lage betrifft dies sogar zwei Drittel der Kinder (65 Prozent). Fast 80 Prozent der Schulen geben zudem an, dass sie nicht allen Kindern und Jugendlichen die benötigte Unterstützung beim Lernen bieten können. Dementsprechend verzeichnet lediglich ein Drittel (32 Prozent) eine Wirkung der Corona-Aufholprogramme. Während an Gymnasien das Urteil am positivsten ausfällt (42 Prozent), entfalten die Programme an sozial benachteiligten Standorten den geringsten Effekt (23 Prozent). Trotz der zwei Milliarden Euro schweren Unterstützung benötigt die große Mehrheit der Schulleitungen (70 Prozent) dringend weitere Fördermittel. „Das Ziel, insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche zu unterstützen, wurde weit verfehlt, weil alle Schulen über einen begrenzten Zeitraum Fördermittel nach dem sogenannten Gießkannenprinzip erhalten haben. Das zeigen die Ergebnisse des aktuellen Schulbarometers mehr als deutlich. Dabei wären die Bedingungen für eine bedarfsgerechte Verteilung günstig“, erläutert Wolf.

Drei Viertel der Schulen in sozial benachteiligter Lage (73 Prozent) erfassen die Lernstände ihrer Schüler:innen systematisch. „Für das geplante Startchancen-Programm der Bundesregierung müssen diese Daten besser genutzt und die bisherigen Programme evaluiert werden. Schon jetzt zeigt sich, wie wichtig eine langfristige Förderung ist, die den Beteiligten in den Schulen und Verwaltungen Planungssicherheit garantiert.“ Die Robert Bosch Stiftung hat aus diesem Grund gemeinsam mit dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung eine Expert:innenrunde Startchancenprogramm ins Leben gerufen.

Über die Hälfte der Schulen kann keine weiteren neu zugewanderten Schüler:innen aufnehmen

Seit März 2022 hat das deutsche Schulsystem eine sehr hohe Zahl an geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine aufgenommen. Den Anteil an der Gesamtzahl der Schüler:innen schätzen die Schulleitungen auf 2,7 Prozent (Median: sieben Schüler:innen je Schule). Laut Deutschem Schulbarometer sind im selben Zeitraum fast genauso viele neu zugewanderte Schüler:innen aus anderen Ländern an die Schulen gekommen (Anteil an der Gesamtzahl: 2,7 Prozent, Median: fünf Schüler:innen je Schule). Anders als bei den geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine veröffentlicht die Kultusministerkonferenz hierzu allerdings bislang keine Zahlen. Rund die Hälfte der Schulen sieht aktuell keine Kapazitäten mehr für die Aufnahme weiterer Schüler:innen. Insbesondere Schulen an sozial benachteiligten Standorten arbeiten bereits über ihrer Kapazitätsgrenze (45 Prozent). Hier wurden neu zugewanderte Schüler:innen überdurchschnittlich häufig aufgenommen (Ukraine: 3,7 Prozent, andere Länder: 5,3 Prozent/ Anteil an der Gesamtzahl der Schüler:innen).

Die detaillierten Ergebnisse des Schulbarometers zu den aktuellen Herausforderungen der Schulen aus Sicht der Schulleitungen zum Download

Quelle: Robert Bosch Stiftung vom 18. Januar 2023

Redaktion: Sofia Sandmann

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